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Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Titel: Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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eiskalt war und sie es eilig hatten.
    »Kennen Sie jemanden aus ihrer Familie?«, fragte mich Vargas.
    »Ihre Familie – Mutter, Tochter und Bruder – lebt in Indien.«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Na, auf das Gespräch freue ich mich schon. Sprechen die Englisch?«
    »Ihre Tochter schon. Ob der Rest der Familie unsere Sprache beherrscht – keine Ahnung.«
    Im Grunde wusste ich nur, dass der Besuch von Dathi bevorstand. Als ich an sie dachte, wurde mir ganz schwer ums Herz. Schon seit Wochen hatte Chali sich auf das Wiedersehen gefreut, und ihrer Tochter ging es gewiss nicht anders. Immerhin war es Ewigkeiten her, dass sie einander gesehen hatten. Was hätte ich darum gegeben, Dathi und der Großmutter die schlechte Nachricht zu verheimlichen, aber das kam selbstverständlich nicht in Frage. Und es ging auch nicht an, dass ein wildfremder Polizist aus New York ihnen am Telefon die Todesnachricht überbrachte.
    »Ich werde sie verständigen«, bot ich an. »Nur brauche ich dazu die Telefonnummer der Großmutter. Oben auf dem Schreibtisch liegt Chalis Adressbuch. Mit Nachnamen heißt sie Das und ihre Tochter Dathi, eine Kurzform von Arundathi. Arundathi Das. Chalis vollständiger Name ist Panchali Das. Und die Großmutter heißt Edha ... Ihren Nachnamen kenne ich allerdings nicht, doch Das wird er gewiss nicht lauten.«
    Billys warme Hand auf meiner Schulter ermahnte mich, dass ich mich beruhigen sollte. Ich redete viel zu schnell, plapperte das wenige, das mir bekannt war, einfach heraus, als könnte ich, wenn ich mich nur beeilte, das Geschehene rückgängig machen und Chali von den Toten auferstehen lassen. Mir kamen die Tränen, die ich mit einem kalten Lederhandschuh wegwischte.
    Vargas nickte. »Gut. Danke. Ich schaue mal, ob ich die Nummer finde.«
    * * *
    Als ich später mit Ben nach Hause kam, lag Mac im Dunkeln auf der Couch und schlief fest. Bei jedem Atemzug meinte man, jemand würde Holz sägen. Er war angezogen und trug sogar seine Winterschuhe.
    Meine Mutter saß im Sessel direkt neben ihm. Auf ihrem Schoß lag ein aufgeschlagenes Buch. Im kalten Licht der Leselampe wirkte ihr Gesicht aufgedunsen, die Augen vom Weinen stark gerötet. Also wusste sie Bescheid.
    »Er war nicht imstande, das Haus zu verlassen«, flüsterte sie.
    Dass er es dennoch versucht hatte, verriet seine Kleidung.
    Ich beugte mich nach unten, drückte die eisigen Lippen auf Macs Stirn und spürte, wie meine Mutter ihre Hand auf meinen Rücken legte. In dem Moment begann ich zu weinen. Meine Mutter hielt den Atem an, wie sie das immer tat, wenn sie versuchte, standhaft zu sein.

KAPITEL 8
    Um Viertel vor sechs am nächsten Morgen kroch ich so leise wie nur irgend möglich aus dem Bett, damit ich Mac nicht im Schlaf störte. Die Vorsicht hätte ich mir jedoch sparen können, denn er war schon wach und stöhnte leise. Wie es aussah, hatte sich sein Zustand noch nicht gebessert. Ich legte die Hand auf seine fiebrige Stirn.
    »Ist diesmal ganz schön hartnäckig«, flüsterte ich, denn Ben, der noch schlief, sollte mich nicht hören.
    »Fünfter Tag.«
    »Zumindest dein Verstand funktioniert noch.«
    »So würde ich das nicht formulieren. Ich liege hier nur so rum.«
    »Immerhin kannst du bis fünf zählen.«
    Er lachte leise, was den nächsten Hustenanfall auslöste.
    »Meiner Meinung nach solltest du zu Dr. Velasquez gehen und deine Brust von ihr abhören lassen.«
    »Karin, ich habe Grippe, und die geht wieder vorbei.« Sein Körper wurde von dem rasselnden Husten richtig durchgeschüttelt.
    Um einen Streit zu vermeiden, hielt ich den Mund und beschloss, einfach einen Termin für ihn zu machen. Überzeugen konnte ich ihn später.
    »Möchtest du Tee und Toast oder lieber versuchen, noch einmal einzuschlafen?«
    »Tee und Toast wären super.«
    »Bin gleich wieder da.«
    Zu dieser frühen Stunde war das Haus ziemlich ausgekühlt, denn wir hatten das Thermostat so eingestellt, dass die Heizung erst in fünfzehn Minuten anging. In Bademantel und Hausschuhen stieg ich leise die Treppe hoch. Draußen war es noch dunkel, und als ich die Deckenlampe in der Küche einschaltete, empfand ich das Licht als viel zu grell. Ich stellte den Wasserkessel auf, schaltete die Kaffeemaschine ein und deckte den Tisch.
    Der Zettel mit Edha Senguptas Namen und ihrer Telefonnummer in Indien lag noch dort, wo ich ihn gestern Abend hingelegt hatte, nachdem George Vargas mir telefonisch die Information durchgegeben hatte. Edha und Dathi lebten in einem

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