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Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Titel: Karlas Umweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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eingerichtete Junggesellenwohnung erst mal in Ruhe besichtigen. Auf dem Fußboden stapelten sich etwa tausend alte Illustrierte, und zwar lückenlos sämtliche Nummern vom »Kicker« seit 1965 und fast vollständig die letzten zweihundert Exemplare des »Playboy«. Es gab aber auch eine reiche Auswahl alter eselsohriger Telefonbücher, vierundzwanzig Bände Karl May und alle Jahrgänge »Das Beste« von 1958 bis 1972. Die jeweils oben aufliegende Ausgabe wies eine so beachtliche Staubschicht auf, dass man nur noch mühsam das Titelblatt erkennen konnte. Hinter den Zeitschriftenbergen stand das Bett. Es war beladen mit Kabeln, Schnüren, alten Werkzeugen, kaputten Haushaltsgeräten und einigen zerschlissenen Stofftieren. Der guten Ordnung halber waren die zerbrochenen Schallplatten und kaputten Tonbänder, aus denen die meterlangen, verhedderten Schnüre hingen, in einem Pappkarton mit der Aufschrift »Rama macht das Frühstück gut« untergebracht, der auf dem Kopfkissen stand. Selbiges mag nicht mehr ganz frisch gewesen sein; zirka zwei bis zweieinhalb Jahre alt war der Bezug sicherlich, das war an der tiefgrauen Färbung deutlich zu erkennen. Weiter unten auf dem Bett war ein Wäschedepot eingerichtet und dem Geruch nach war es vermutlich gebrauchte Wäsche. Auf den Socken lag ein kaputtes Bügeleisen, was ich für unzweckmäßig hielt. Soviel ich weiß, hören Socken nicht auf zu stinken, wenn man sie bügelt. Rechts unter dem anderen Taubenklo stand der Schreibtisch. Er war vermutlich gleichzeitig als Hobelbank benutzt worden, denn er wies tiefe Kerben auf und wirkte irgendwie angefault. Die Dinge, die auf ihm standen, ließen ihn tief in die wackeligen Knie sinken. Ein Synthesizer, leicht verstaubt, ein Computer, kaum verstaubt, ein Brotkasten, offen, mit Besteck darin. Ein Werkzeugkasten, sehr verstaubt, ein Kofferradio, ein tragbarer Fernseher mit abgebrochener Antenne und ein Vogelbauer mit zwei Plastikattrappen. Die Attrappen waren am verstaubtesten. Wahrscheinlich fütterte Matthäus sie zu selten und ließ sie nie fliegen. Auf dem Boden links neben dem Schreibtisch stand ein sehr großes, sehr vermodertes Aquarium. Inhalt: vier Liter grüne Brühe mit Taubenklecksen drin. Ein Laufrad für einen Hamster, kaputt, schwamm obenauf. Ich spähte vorsichtig nach Überlebenden, ob Hamster oder Goldfisch, aber ich konnte keine entdecken. In der Küche gab es einen Kühlschrank, der mit Bildern von nackten Frauen beklebt war. Obwohl der Griff des Kühlschranks sehr verklebt war, gelang es mir, ihn zu öffnen. Eine ziemlich unerfreuliche Wolke von saurer Milch, verwestem Hackfleisch und verschimmelter Leberwurst mischte sich mit dem Duft der Marmelade, in der einige hundert Ameisen ihr Domizil errichtet hatten. Es muss sich um eine ganz besondere kälteresistente Ameisensorte gehandelt haben, denn obwohl der Kühlschrank kaputt war, mochte die Marmelade kaum zehn Grad Celsius gehabt haben. Das lag daran, dass die ganz Wohnung von Matthäus eher kühl war; die Heizung, auf der ein zerschlissener Wolldeckenfetzen und zwei Unterhosen lagen, war nämlich defekt. Der Herd war mit einer Spanplatte abgedeckt, auf der eine schimmelige Kaffeemaschine stand. In der Kanne war eine schwarze Brühe, auf der weißgrüne Kreise schwammen. Wahrscheinlich war der Kaffee schon einige Jahre alt. Die Bierdosen unter dem Spülstein und auf dem Radio waren weder verstaubt noch schimmelig. Sie machten einen astreinen Eindruck und Matthäus bot mir sofort eine an. »Trinken wa vorhea noch wat?«
    Es war richtig rührend, wie er mir die Dose öffnete, so als kleinen Anregungs-Trunk. Wie nett und wohl erzogen er doch sein konnte!
    Meine Inspektion führte mich noch ins Bad, wo außer einem bestialisch stinkenden Klo auch noch ein großes Sortiment an Wäscheklammern, leeren Bierflaschen, Pornoheften und Unterhosen anzutreffen war. Letztere lagen etwas verwahrlost in der braun verkrusteten Badewanne, wo sie sicherlich vor geraumer Zeit einmal gewaschen werden sollten. Die Dusche war defekt, dafür baumelte wieder ein Totenkopf an einem Strick von der Klospülung. Der Spülstein war leider belegt mit einem angebissenen Osterhasen, einer verklebten Zahnbürste mit nur noch wenigen Borsten, einem zinkenlosen Kamm und zwei Paar Turnschuhen ohne Schnürbänder. Auf der Konsole lag ein halb verzehrter Hamburger, der einen relativ frischen Eindruck machte, da er nicht außergewöhnlich stank. Auf der Klobrille lag eine Fernsehzeitschrift neben seiner

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