Karlo und der grüne Drache - Kriminalroman
hindurch und erklomm die schmale Treppe nach oben. Ein kurzer Stau war auf der Straße entstanden. Hinter der Brücke, auf der Offenbacher Seite, befand sich schon länger eine unübersichtliche Baustelle, und so stockte der Verkehr zuweilen auch schon mal während der Mittagsstunden.
Karlo schaute nach rechts an einem Lkw vorbei Richtung Offenbach und zuckte zusammen. Drei Fahrzeuge weiter vorne rollte ein schwarzer Hummer langsam im Stau über die Brücke. Wegener. Er beschloss, ihm zu folgen.
Karlo betrat die Straße und lief hinter dem Lastwagen her. Jedesmal wenn der Stau zum Stillstand kam, wartete er hinter dem Transporter und ertrug geduldig die argwöhnischen Blicke der nachfolgenden Fahrer.
Direkt hinter der Brücke verlor er Wegener aus den Augen. Der war als Letzter noch bei Gelb über die Ampel gefahren und rechts in die Bettinastraße abgebogen.
Kölner verließ die Deckung des Lastwagens und fiel in einen leichten Trab. An der Einmündung zur Bettinastraße hielt er an und spähte vorsichtig um die Ecke.
Er sah, wie Wegener das gewaltige Fahrzeug in eine freie Parkbucht auf der linken Straßenseite manövrierte. Die Bremsleuchten blitzten noch einmal auf, dann erstarb der Motor und Joe stieg aus.
Karlo zuckte zurück, als Wegener genau in seine Richtung schaute. Kölner presste sich steif an die Hauswand und hielt die Luft an. Hoffentlich hatte Joe ihn nicht bemerkt. Einen Moment wartete er noch, bevor er erneut um die Ecke schaute.
Wegener ging die Straße entlang und bog nach ein paar Schritten zu einer Reihe schmuckloser Wohnblocks ab.
Offenbar war ihm nicht aufgefallen, dass er beobachtet wurde.
Ein paar Sekunden ließ Karlo noch verstreichen, dann huschte er die Straße entlang. Warum er das hier tat, konnte er selbst nicht genau sagen. Doch vielleicht ergab sich zufällig etwas, das ihm weiterhelfen konnte. Er erreichte die Stelle, an der Wegener zu den Wohnblocks abgebogen war. Als er an der langen Reihe der Wohnanlage entlangsah, die sich in einem schmutzigen Braun-Orange präsentierte, bemerkte er gerade noch, wie sich die dritte Eingangstür wieder schloss.
Nur einen Moment später stand Karlo an der Tür und studierte die Namen neben den Klingelknöpfen. In der dritten Reihe bemerkte er ein bekanntes Wort.
Atelier
. Aha, wie in Fechenheim. Da lief wohl noch einiges mehr …
Doch was sollte er mit dieser Erkenntnis anfangen? Das hieß lediglich, dass Joe noch mehr Geschäfte dieser Art machte. Dass Wegener etwas mit dem Tod von Moni zu tun haben sollte, konnte er nicht glauben. Zumindest nach dem aktuellen Stand der Dinge. Warum auch? Sie war es doch, die dafür sorgte, dass Geld hereinkam. Also irgendein durchgeknallter Freier? Karlo überlegte hin und her, kam aber zu keinem einleuchtenden Ergebnis.
Er drehte sich um, lief wieder in Richtung Straße und überlegte angestrengt, was er nun machen sollte, als das Handy klingelte. Er meldete sich knapp und unpersönlich.
„Ja?“
„Hallo Karlo, hier ist Paul. Paul Perlig. Wie geht es dir? Alles in Ordnung in Frankfurt?“
Karlo holte tief Luft und war selbst überrascht über den unbekümmerten Ton seiner Stimme.
„Paul, wie schön dich zu hören. Ja, alles klar hier bei mir. Und deine Leberwurst, die war absolute Spitze. Vielen Dank noch mal.“
Karlo fühlte augenblicklich den säuerlichen Geschmack des Erbrochenen auf der Zunge. Einen näheren Bericht über den Verzehr der Leberwurst und die unangenehmen Folgen würde er dem lieben Freund aus der Rhön jedoch gnädig ersparen.
„Gern geschehen. Aber mal was ganz anderes, Karlo. Du brauchst doch immer mal ein bisschen Geld, stimmts? Ich hätte eine Menge zu tun für dich. Hier im Garten. Ich komme dieses Jahr einfach nicht selbst dazu. Ich erinnere mich, dass du dich mit dem Schneiden von Obstbäumen auskennst. Und auch der Vorgarten wäre vor dem Winter noch ein wenig zurechtzustutzen. Außerdem habe ich im Keller noch ein Regal aufzubauen – hättest du vielleicht zwei, drei Tage Zeit?“
Na, das war doch ein Wink des Schicksals. Weg aus Frankfurt, und das ganz ohne etwas erfinden zu müssen. Und noch Geld dabei verdienen. Ein Dach überm Kopf und, vor allem: Pauls gute Küche!
Karlo gab sich aber bewusst verhalten.
„Eigentlich gerne, Paul. Aber ich muss erst noch mit Herbert Reinfeld reden, ob er mich die nächsten Tage braucht. Ich rufe dich gleich zurück.“
„Alles klar, Karlo. Wäre wirklich schön, wenn es klappt. Bis dann!“
Karlo legte auf und dachte
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