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Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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diese Monster. Sie wusste, was sie erwartete. Uta zog ihr Knie an und rammte ihre Hacke in Tois rotes rechtes Auge. Jetzt ließ er sie los. Er brüllte und jammerte und spuckte giftigen Schleim aus, der zischend das Eis schmelzen ließ.
    «Josch!», schrie Uta.
    Sie presste die Augen fest zusammen, um nicht zu sehen, was nun geschah. Toi stürzte sich auf sie und wollte seine Eier in sie pressen. Sie strampelte und brüllte immer weiter: «Josch! Joosch! Jooosch!»
    Da hörte sie seine Stimme: «Uta? Kannst du mich hören? Uta? Ich bin hier. Uta? Du bist nicht allein. Uta, kannst du mich hören?»
    «Ja, Josch. Wo bist du?»
    «Ich bin bei dir. Ich bin es. Professor Ullrich.»
    «Er will mich als Nest! Er will mich wie meine Mama!»
    Sie starrte mit aufgerissenen Augen ins Nichts. Sie nahm die sie real umgebende Welt der Klinik nicht wahr. Doch Professor Ullrichs Stimme erreichte ihr Bewusstsein.
    «Wehr dich nicht, Uta.»
    «Aber ich will nicht!»
    «Uta, du musst das nicht erleiden. Erlaube deiner Seele, deinen Körper zu verlassen. Halt sie nicht fest in dieser Qual. Lass sie los.»
    Marga Vollmers hatte schon viel in der Psychiatrie erlebt. Dies hier erschütterte sie in der Tiefe ihrer Seele. Sie spürte, dass Professor Ullrich Kontakt zu etwas hatte, das alt war und böse. Er hatte Macht darüber. Jeder andere hätte in dieser Situation Tabletten benutzt, eine Spritze. Nie hatte sie jemanden solche Worte sagen hören. So klar und ruhig, mit solcher Selbstverständlichkeit und mit so einer unglaublichen Wirkung.
    Viviens Gesichtszüge entspannten sich. Sie atmete aus. Ihr Brustkorb bebte nicht mehr so sehr, ihre Füße zappelten nicht mehr. Die Worte des Professors hatten die Wirkung einer starken Beruhigungsspritze.
    Marga hatte ein einfaches Gemüt. Das hier war für sie schlicht Zauberei. Nie wieder würde sie behaupten, Ullrich sei durchgeknallt und gehöre selbst in eine Zwangsjacke. Sie sah ihn voller Ehrfurcht an.
    «Betrachte alles von oben, Uta. Was siehst du?»
    Vivien schluckte. Sie sprach jetzt ganz normal, als ginge es darum, abzuklären, wer heute Nachmittag in der Küche helfen solle. Jede Furcht war aus ihrer Stimme gewichen.
    «Toi schändet meinen Körper.»
    «Wie ist das für dich?», fragte Ullrich sachlich.
    «Es macht nichts. Ich bin nicht mehr drin. Es ist mir egal. Ich muss mir einen anderen Körper suchen. Ich werde in den da nicht mehr zurückgehen.»
    Ein Schauer nach dem anderen jagte Margas Rücken herunter. Sie hätte gerne geatmet, doch sie hatte einen anwachsenden Kloß im Hals. Sie befürchtete, gleich ohnmächtig zu werden, und wusste, dass sie sich das niemals im Leben verzeihen würde. Sie war nie davon ausgegangen, dass es für ihre Fresswut eine Lösung geben könnte. Jetzt hatte sie die Gewissheit, dass ein paar Sätze von Professor Ullrich ausreichen würden, um sie gertenschlank werden zu lassen. Sie fand ihn anbetungswürdig und zum Niederknien. Gleichzeitig schämte sie sich für ihre Gefühlsregung. Sie wusste nicht, woher das kam. Sie hatte geglaubt, zu lange ohne Mann, ohne guten Sex und ohne Leidenschaft gelebt zu haben. Doch nun wusste sie, das war es nicht. Sie war zu lange ohne Sinn in ihrem Leben gewesen.
    Den Glauben an Gott hatte sie verloren, als sie zwölf war. Dass es einen Himmel gab und eine Hölle, schien ihr schon lange nur ein Kinderglaube zu sein. Doch irgendetwas musste es geben hinter den Dingen. Marga spürte, dass ihre lang andauernde Lebenskrise bis eben gerade eine Sinnsuche gewesen war, eine spirituelle Krise. Nun war sie vorbei. Sie hatte ihren Guru gefunden. Professor Ullrich.
    «Kannst du sehen, wo Josch ist?»
    Vivien presste die Augen fester zusammen, als könne sie dann in einer anderen Welt besser sehen. Sie schüttelte den Kopf. «Ich weiß nicht. Er ist nicht da.»
    «Hat er dich verlassen?»
    «Ich glaube nicht. Er hat gegen Toi gekämpft.»
    «Ist er tot?»
    «Ich weiß nicht. Es ist mir egal.»
    «Egal?»
    «Ja. Ich will nur noch hier weg. Weg von Thara.»
    Mikey Schröder wimmerte leise in der Ecke. Er kauerte auf dem Boden unter einem Plastikstuhl.
    «Ich will weg von Thara. Ich will nicht hier wiedergeboren werden. Nicht noch einmal. Gibt es einen anderen Ort, an den ich gehen kann?»
    Erschüttert sah Marga, dass sich die Augen von Professor Ullrich mit Tränen füllten. Etwas an Viviens Worten bewegte ihn sehr. Erst dadurch, dass sie seine überlaufenden Augen sah, bemerkte sie ihr eigenes verheultes Gesicht. Tränen tropften

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