Karma Girl
»Bist du sicher, dass du so nach Hause gehen willst?«
»Ich will wirklich nach Hause«, sagte ich.
»Dimple, du bist total stoned«, bemerkte Gwyn, deren Gesicht hinter Karshs Schultern erschien.
»Ich habe doch gar nicht inhaliert.«
»Hast du 'ne Macke? Du hast am meisten von uns allen inhaliert! Ich konnte es kaum fassen! Wer hat dir das eigentlich beigebracht? Deine Cousine? Diese Kavita ist eine ganze Wilde, das sieht man schon an ihrem Blick.«
»Na, ich bring dich dann mal«, sagte Karsh.
Ich konnte zwar meine Beine überhaupt nicht spüren, aber nachdem ich mühsam unter dem Bett hervorgekrochen war, ging es so langsam wieder. Karsh bückte sich und half mir auf.
»Bist du sicher, dass du mitkommen willst?«, fragte ich. »Na ja, egal, ist wohl okay. Du bist auch ganz schön hinüber, stimmt's?«
»Also, bei dir ist es auf jeden Fall heftiger als bei mir«, lachte er. »Komm, ich begleite dich. Die frische Luft wird dir gut tun.«
Er wandte sich zu Gwyn.
»Schließ die Augen, ich bin gleich wieder zurück«, sagte er und dimmte das Licht.
»Versprochen?«, sagte sie beinahe panisch. »Du verschwindest doch nicht einfach so?«
»Ich verschwinde nicht«, sagte er. »Versprochen.«
19. KAPITEL
Drogenfahndung
Die frische Luft tat mir tatsächlich gut, und ich spürte, wie sich allmählich der Nebel in meinem Kopf verzog.
»Ist dir kalt?«, fragte Karsh. »Oder bist du nur abweisend?«
»Nee, wieso? Was meinst du mit abweisend? Warum sind heute eigentlich alle gegen mich?«
»Ist ja schon gut. Ich frag nur, weil du deine Arme verschränkt hast. Hier, zieh mein Hemd über.«
Er legte es um meine Schultern. Mir war gar nicht kalt, aber es war ein schönes und bitteres Gefühl zugleich, den Stoff zu spüren und seinen Duft zu riechen. Es fühlte sich an wie eine letzte Umarmung zum Abschied, also behielt ich das Hemd um.
»Dimple, das wird schon wieder, mach dir keine Sorgen.«
»Bist du so 'ne Art Guru, oder was?«, sagte ich patzig. Wir liefen gerade am »Unglückshaus« vorbei und ich legte einen Zahn zu.
»Hey, nein! Warte mal, so war das doch nicht gemeint. Komm ich etwa so rüber? Wahrscheinlich habe ich einfach zu oft erlebt, wie Menschen verletzt wurden, deshalb versuche ich immer, überall Konflikte und so zu vermeiden. Na gut, okay, ich klinge wie ein Guru. Sorry. Ich möchte immer, dass Harmonie herrscht. Vielleicht zu sehr.«
»Wahrscheinlich bist du deswegen DJ, oder?«
Er antwortete nicht. Vermutlich brannte er förmlich darauf, schnell wieder zurück zu Gwyn zu kommen.
»Gwyn ist klasse, oder?«, sagte ich. »Sie ist intelligent, schön und ziemlich cool.«
»Ja, sie ist etwas ganz Besonderes. Sie ist deine beste Freundin, stimmt's?«
»Oh, die allerbeste.«
»Das ist etwas sehr Kostbares, eine beste Freundin«, sagte er nachdenklich. »Man sollte wirklich behutsam damit umgehen.«
Ich war's langsam leid, ständig mit Samthandschuhen angefasst zu werden.
»Mach dir keine Gedanken, besonders behutsam mit mir umzugehen, Karsh«, sagte ich und bemühte mich, relativ cool zu klingen. »Von wegen Konflikte vermeiden und so. Ich habe heute gelernt, dass ich das gar nicht kenne. Schließlich ist angeblich niemand perfekt – außer mir! Aber Gwyn … du solltest besser zu ihr zurückgehen. Sie ist allein und wartet auf dich.«
»Ja, ist wohl besser«, sagte er, blieb aber mit mir an unserer Einfahrt stehen. Bei uns zu Hause war alles dunkel und ich wollte mich nur noch in mein Bett verkriechen.
»Du kannst es noch behalten, wenn dir kalt ist«, sagte Karsh, als ich ihm sein Hemd wiedergab.
»Ich bin ja jetzt zu Hause«, sagte ich. »Aber trotzdem vielen Dank.«
»Dimple, es tut mir Leid, wenn ich einen falschen Eindruck erweckt habe, was Gwyn angeht und so. Ich glaube, ich bin einfach so 'n Beschützertyp. Das heißt aber nicht, dass ich …«
»Glaub mir, ich weiß, was es nicht bedeutet«, sagte ich. »Ich habe das schon mal durchgemacht.«
»Ach, was soll's. Ich bin ja ohnehin ein gesunkenes Schiff, oder?«
»Nee, bist du gar nicht. Aber ich glaube, es wäre das Beste, wenn du jetzt gehst.«
Ich ging die Einfahrt hoch.
»Gute Nacht, Karsh«, rief ich über die Schulter. »Danke fürs Nachhausebringen.«
»Sieht man sich?«, rief er mir nach.
»Man sieht sich.«
Ich ging die Treppe rauf und wühlte den Schlüssel aus dem Nilpferd-Blumenkübel. Als ich mich noch mal umdrehte, erkannte ich seine Silhouette am Ende der Einfahrt. Er winkte. Ich hob kurz die Hand und
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