Karma Girl
erwachsen werden lassen?!
»Also, wie seid ihr denn verblieben?«, fragte meine Mutter nach einer kurzen Pause. »Hat er gesagt, wann ihr euch das nächste Mal seht?«
»Hat er, ich hab's gehört! Er sagte: Sieht man sich? «, verkündete mein Vater stolz. »Es läuft also alles wie am Schnürchen.«
»Wann seht ihr euch denn?«
»Na ja, er würde sich gern mal Fotos von mir ansehen«, erwiderte ich.
»Das lässt sich arrangieren«, sagte mein Vater verschwörerisch. Er kaute dabei auf einem Zahnstocher herum und sah plötzlich aus wie ein Mafioso.
»Warum will er sich Fotos von dir ansehen, wenn er dich leibhaftig vor sich hat?«, wollte meine Mutter wissen.
»Nicht Fotos, auf denen ich drauf bin, sondern Fotos, die ich geknipst habe.«
»Aha! Dann hat es sich vielleicht doch gelohnt, dass wir dir die Verdunkelungskammer eingerichtet haben«, sagte meine Mutter triumphierend. »Es ist Schicksal.«
Sie stand jetzt, und mein Vater stand ebenfalls, so wie in alten Filmen Männer aufstehen, wenn Frauen den Raum verlassen. Auch ich stand nun, so wie komplett zugedröhnte Töchter das nun mal machen, um sich in Gegenwart ihrer nüchternen Eltern möglichst unauf fällig zu benehmen.
»Gibst du zu, dass du ihn anfangs vollkommen falsch eingeschätzt hast?«, fragte meine Mutter.
Ich sah Karsh vor meinem geistigen Auge mit gespitzten Lippen am Joint ziehen und tief inhalieren.
»Oh ja, ich geb's zu«, sagte ich und nickte heftig.
»Siehst du? Der erste Eindruck kann manchmal gründlich täuschen. Lach du nur – er ist der passende Junge für dich! Ich wusste es von Anfang an, schließlich kenn ich doch meine eigene Tochter.«
»Du kennst mich besser, als du denkst«, sagte ich.
»Ich weiß«, sagte sie. »Und kein Druck, Beta – es liegt nun alles in den Händen der Götter.«
Sie umarmte mich.
»Mhmmm … du riechst irgendwie seltsam«, sagte sie, machte einen Schritt zurück und wandte sich Hilfe suchend an meinen Vater. »Weißt du, was das sein könnte?«
Die beiden schnüffelten an mir herum wie kleine Hündchen, und ich entschloss mich, besser die Biege zu machen, bevor womöglich die echten Hunde von der Drogenfahndung gerufen wurden.
»Gewürznelke?«, schlug mein Vater vor.
»Zimt«, hörte ich vom Flur aus meine Mutter sagen. Mittlerweile rannte ich schon.
»Ah, ich weiß, was es ist«, war das Letzte, was ich von meiner Mutter hörte, bevor ich mich im Badezimmer mit fiesem Tannennadel-Duftspray von Kopf bis Fuß einparfümierte. »Es ist Bhang!«
★ ★ ★
In dieser Nacht lag ich noch lange wach, und ein komisches Gefühl überkam mich jedes Mal, sobald ich an Karsh dachte. Mit anderen Worten: Mich überkam permanent ein komisches Gefühl. Und das, obwohl ich mir nach diesem Abend sicher war, dass Gwyn und er füreinander bestimmt waren. Ich konnte immer noch den Duft seines Hemdes an mir riechen, dabei war es schon lange fort, und das Duftspray hatte auch seine Wirkung gezeigt. Wie kann sich die Welt bloß auf einen Schlag derart verändern? Der Grund dafür war ein einziges Wort gewesen. Ein Wort aus dem Mund eines Menschen, von dem mir nun klar war, dass ich ihn komplett falsch eingeschätzt hatte. Dieses eine Rani hatte sich sofort einen Weg zu meinem Herzen gebahnt – und dort ein großes Loch hinterlassen.
20. KAPITEL
Genau der Richtige
»Ich kann einfach nicht aufhören, an ihn zu denken«, flüsterte Gwyn, während sie in ihrem Salat herumstocherte. »Ich kann nicht mehr essen, ich kann nicht mehr schlafen. Verdammt, ich kann nicht mal mehr einkaufen.«
»Das kannst du alles nicht mehr«, sagte ich stumpf. Mein Triple-Burger nahm fast den ganzen Teller ein und sonderte ziemlich viel Fett ab. Die Pommes, die darum verteilt am Rand lagen, waren größtenteils leicht angebrannt, was ich allerdings gar nicht schlimm fand, weil ich sie so am liebsten mochte. Ich begann, die triefenden Pommes auszusortieren und zwei Häufchen zu machen.
»Also ich finde ihn einzigartig«, fuhr Gwyn fort. »Er hat's einfach drauf. Diese ganze Geschichte mit meinem Vater … Ich habe vorher nie die Kraft gehabt, mit jemandem darüber zu reden. Irgendwas hat er, dass man gleich Vertrauen zu ihm fasst. Dass man ihm alles erzählen kann und nicht das Gefühl hat, er würde einen auslachen oder so.«
Auf dem angebrannten Haufen lagen sechzehn Pommes, auf dem fettigen sechs.
»Ganz zu schweigen davon, dass er umwerfend aussieht. Diese Haut, diese Farbe, so glatt – als ob er keine Poren
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