Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
mit den anderen zur Hafeneinfahrt, wo sich die Maestoso langsam und majestätisch in Sicht schob. Wessen Hand an Bord gerade nicht gebraucht wurde, stand an der Reling und winkte. Die an Land Wartenden winkten zurück.
Wie jedes Mal bewunderte Amadeo auch diesmal, mit welcher Leichtigkeit sein Bruder die Maestoso zu ihrem Anlegeplatz manövrierte. Die Plätze waren beileibe nicht großzügig bemessen, denn es sollten möglichst viele Schiffe im Hafen Platz finden.
Vom Deck der Maestoso wurden Seile auf den Kai geworfen, hilfreiche Hände griffen zu und vertäuten das Schiff an Bug und Heck. Laufplanken wurden ausgelegt, und Ludovico Bragadin hielt nichts mehr auf dem Kai – er eilte auf das Schiff, das er in jungen Jahren selbst befehligt hatte, Amadeo folgte langsamer. Deodato erwartete sie. Vater und Sohn umarmten sich, klopften sich gegenseitig auf die Rücken, Amadeo wurde von seinem Bruder auf dieselbe Weise begrüßt. Deodato lachte, konnte kaum stillstehen und redete immerzu – so hatte er seinen Bruder noch nie gesehen.
»War deine Fahrt erfolgreich?«
»Wein, Saffianleder, Ziegenhäute, Safran und Gold aus dem von den Genuesen entdeckten Indien. Seeleute, die da gewesen sind, erzählen sich, dass dort die Hausdächer und sogar die Straßen aus Gold sein sollen. Ich halte das für eine kolossale Übertreibung, wie Seeleute eben sind. Trotzdem ist Spanien ein Markt der Zukunft. Das wird dort gehandelt, im putzsüchtigen Venedig werden wir damit groß rauskommen.« Deodato winkte einem Seemann, der eine flache Kiste trug. Er klappte sie auf, und schillernde Federn in allen Farben des Regenbogens kamen zum Vorschein. Deodato nahm eine und schwenkte sie durch die Luft. »Federn aus Indien.«
Das Entladen der dickbäuchigen Nau hatte begonnen, und Amadeos Antwort ging im Rufen der Arbeiter unter. An Land wurden die Kisten und Fässer vom ältesten Gehilfen des Handelshauses Bragadin in Empfang genommen und überprüft. Er hatte sich vom Bootsmann eine Frachtliste geben lassen und hakte die Waren ab.
»Den größten Schatz habe ich aber in Valencia gefunden.« Deodato strahlte bei diesen Worten über beide Ohren und eilte zu seiner Kabine im Achterkastell der Karacke.
»Was kann er von den Wundern Indiens noch mitgebracht haben?«, fragte sich Ludovico Bragadin.
Amadeo lächelte in sich hinein. Wie sein Bruder gestrahlt hatte, musste es sich um eine andere Art von Schatz handeln. Vielleicht war es ein seltenes Tier oder eine exotische Pflanze? Es gab Liebhaber für solche Dinge, und wenn es etwas wirklich Ausgefallenes war, ließ sich damit ein gutes Geschäft machen.
Der Bruder tauchte wieder auf und hielt eine junge, schwarzhaarige Frau an der Hand. Sie mochte wohl hübsch sein, jetzt sah sie blass und ängstlich aus.
»Papà«, er schob die Frau vor Ludovico Bragadin, als präsentiere er eine seltene Ware, »darf ich dir Sancia de Castelblanco y San Paloma vorstellen, die Tochter des angesehenen Notarius Francesco Castelblanco y Columba aus Valencia? Sie ist meine Frau.«
Die junge Spanierin knickste und sagte in holprigem, stark akzentuiertem Italienisch: »Ich freue mich, hier zu sein und endlich Deodatos Familie kennenzulernen. Señor Bragadin.«
Das Gesicht seines Vaters hätte bestürzter nicht sein können. Amadeo schwankte zwischen Überraschung, Amüsement und Bewunderung für den Mut des Bruders. Ludovico Bragadin fing sich und ergriff die Hand seiner neuen Schwiegertochter.
»Signora, es ist mir eine Freude, Euch in der Familie Bragadin willkommen zu heißen. Das ist wahrlich eine Überraschung, die mein Ältester mir bereitet hat. Lasst Euch anschauen.« Er ergriff ihre Hand und drehte die verschüchterte Sancia hin und her, betrachtete sie ausgiebig. »Ihr seid eine Zierde für jeden Mann, Signora.«
Als er ihre Hand wieder losließ, sah die junge Frau sehr erleichtert aus und ging an der Seite ihres Mannes in Deckung.
Amadeo ließ sich vorstellen, schenkte Sancia sein schönstes Lächeln und hielt ihre zitternde Hand einen Augenblick zwischen seinen. »Ich freue mich für Deodato und für Euch, liebe Schwägerin – obwohl das jetzt klingt, als wären wir beide doppelt so alt, wie wir sind.« Er zwinkerte ihr zu, dabei schossen ihm Fragen über Fragen durch den Kopf.
»Deodato hat mir in Valencia und auf der Reise hierher schon viel von Euch erzählt, Don Amadeo.« Ihre Italienischkenntnisse waren offenbar aufgebraucht, denn sie war zu einem fließenden Latein gewechselt.
Er
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