Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht
er den Vampir bis zum Morgengrauen beschäftigen und dann mit ihm zusammen sterben.
Seit Aidan sich vom Boden erhoben hatte, bluteten seine tiefen Wunden stärker. Aus dem Schnitt in seiner Schläfe rann ein stetiger Blutstrom über seinen Hals, die Schulter, bis hinunter auf seine Brust. Eine tödliche Schwäche überkam Aidan, und die Welt vor seinen Augen verschwamm. Er blinzelte, konnte aber erst wieder 135
klar sehen, nachdem er sich mit dem Handrücken über die Augen gewischt hatte. Nun wartete Aidan geduldig, ihm blieb keine andere Wahl. Er musste den Vampir zu sich locken.
Eine riesige Fledermaus flog auf ihn zu und bleckte die kleinen, spitzen Reißzähne. Sie landete wenige Meter von Aidan entfernt und sah ihn lauernd an.
»Was soll das, Ramon? Müssen wir uns mit diesen kindischen Spielen aufhalten? Tritt mir als Mann gegenüber oder gar nicht.
Deine Albernheiten langweilen mich.« Aidan sprach mit leiser, hypnotischer Stimme. »Keiner deiner Tricks kann dir heute Nacht helfen. Wenn du den Kampf fortsetzen willst, dann beenden wir ihn hier und jetzt. Du kannst mich nicht besiegen, und das weißt du auch. Du spürst es. Du bist gekommen, um von meiner Hand zu sterben. Also soll es so geschehen. Tritt deinem Tod wie ein Mann entgegen.« Das Licht der Sterne brach sich in Aidans goldbraunen Augen, in deren Blick glutrote Flammen zu züngeln schienen.
Die Fledermaus verharrte einen Augenblick lang und verwandelte sich dann in eine groteske Kreatur mit Klauen und einem scharfen Schnabel. Das Ungeheuer näherte sich Aidan, schonte dabei allerdings tatsächlich die rechte Seite.
Aidan stand regungslos da und wartete. Nur in seinen Augen blitzte tödliche Entschlossenheit.
Sein Blick hielt die Kreatur auf, schien sie einzuschüchtern, bis sie sich wieder verwandelte, diesmal in einen großen, schlanken Mann mit bleichem Gesicht und kalten, erbarmungslosen Augen. Ramon beobachtete Aidan misstrauisch. »Ich glaube, dass du dich diesmal irrst, Aidan. Du bist schwer verwundet. Ich werde dich vernichten und die Frau für mich beanspruchen.«
»Das ist unmöglich, Ramon. Du kannst prahlen, so viel du willst, aber nicht einmal du selbst kaufst dir deine großspurigen Worte ab.
Komm zu mir und unterwirf dich den Gesetzen unseres Volkes, wie es deine Pflicht ist. Du hast Verbrechen gegen die Sterblichen begangen.«
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»Ich habe mehr Macht als du, Aidan. Du bist nichts als ein schwacher, eingebildeter Narr, der sein Leben einem sinnlosen Kampf gewidmet hat. Wo sind denn die Sterblichen, die du retten willst? Sie würden dir einen Pflock ins Herz stoßen, wenn sie von deiner Existenz wüssten. Dein eigenes Volk hat dich in die Verbannung geschickt, sodass du nicht einmal mehr in der heiligen Erde der Karpaten ruhen kannst. Schließ dich mir an, Aidan. Ich kann dich retten. Wenn wir zusammenarbeiten, wird die Stadt uns gehören. Reichtum, Frauen - wir können alles haben, was wir wollen.«
»Aber ich habe schon alles, was ich will, mein alter Freund.
Komm zu mir. Ich verspreche dir ein schnelles, schmerzloses Ende.«
Aidan musste sich beeilen, denn die Zeit lief ihm davon. Sein Blut durchtränkte die Erde, und seine Kräfte schwanden.
Der Vampir kam näher und versuchte, Aidan mit der Illusion von Fledermäusen zu täuschen, die ihn von allen Seiten anzugreifen schienen. Doch Aidan blieb still stehen und wandte den Blick nicht von Ramons blassem Gesicht.
Der Vampir stürzte sich auf ihn. Plötzlich spürte Aidan, wie Alexandria ihren Geist mit dem seinen vereinte und ihm all ihre Kraft, ihren Mut und ihren Glauben an seine Stärke gab. Sie machte ihm damit ein kostbares Geschenk, das Aidan nutzte, so schnell er nur konnte. Im letzten Moment wich er Ramon aus, umfasste mit einem Arm den Hals des Untoten und brach ihm mühelos das Genick. Der Vampir heulte vor Schmerz auf. Sein gellender Schrei drang durch die Stille und schien kein Ende zu nehmen.
Aidan atmete tief durch und beendete sein Werk. Er griff in die Brust des Vampirs und entfernte sein Herz. Gleich darauf versagten seine Kräfte, sodass er sich plötzlich am Boden wiederfand, hilflos, jedem Gegner ausgeliefert.
Sie trat aus der Dunkelheit. Aidan nahm zuerst ihren Duft wahr.
Obwohl der Hunger ihn quälte, widerstand er der Versuchung, die giftige Essenz des Untoten zu sich zu nehmen. Und plötzlich war sie 137
da, wunderschön und rein, selbst im Angesicht des Bösen. Doch an Aidans Händen klebte das Blut des Vampirs. Tod und Verdammnis
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