Karpatenfürst - Landers, K: Karpatenfürst
Begrüßung mit Nachdruck hinzuweisen, doch lieber biss er sich die Zunge ab. Der Prinz winkte ihn näher und griff von einem goldenen Tablett eine rohe Fleischkeule. Anton verzog angewidert seine Miene, denn Razvan knabberte voller Genuss am abgetrennten Oberarm eines Sterblichen. Das Blut roch bereits faulig, weshalb Anton Abstand bewahrte.
Als er der Aufforderung Razvans nicht Folge leistete, warf dieser die Keule wütend beiseite und wischte sich mit dem Handrücken die klebrig rote Flüssigkeit aus dem Gesicht. Anton ignorierte das zornige Funkeln in den Augen des Werwolfs und verbeugte sich stattdessen.
„Wenn ich mich Euch vorstellen darf? Ich bin Anton Baron Drazice, Oberhaupt des Prager Vampirclans. Gerne würde ich Euch um eine Unterredung bitten, Hoheit.“ Es fiel ihm außerordentlich schwer, diesen Werwolf derart ehrenvoll anzureden.
„Unter vier Augen“, ergänzte er nach einem kurzen Blick auf das Pärchen, das ungestört weiter seine Lust auslebte.
Die gelben Augen des Werwolfs taxierten Anton voll Misstrauen.
„Weshalb sollte ich mich mit einem Vampir unterhalten?“ Wie er das Wort Vampir betonte, klang so abfällig, dass Anton ihm am liebsten eine Lektion erteilt hätte.
„Weil ich den Karpatenfürsten genauso hasse wie Ihr und mich mit Euch gegen ihn verbünden will.“
„Das ist Rebellion.“
„Dessen bin ich mir bewusst.“
Die buschigen Brauen des Werwolfs schossen in die Höhe. Hinter seiner hohen Stirn mit den wulstigen Brauen schien es fieberhaft zu arbeiten.
„Folgen Sie mir“, befahl ihm Razvan. Der Prinz behandelte ihn weiter mit Geringschätzung und das machte ihn wütend. Seine Fangzähne vibrierten im Kiefer.
Razvan überging Antons säuerliche Miene und erhob sich vom Stuhl. Mit kraftvollen Schritten durchquerte er den Salon. Nie hätte Anton geglaubt, dass es so leicht sein würde, das Interesse des Werwolfs zu wecken. Oder tappte er etwa in eine Falle?
Trotz seiner Bedenken folgte er ihm. Er war froh, mit dem Prinzen den Salon verlassen zu können, um dem Anblick des Werwolfs zu entgehen, der das Mädchen blutig ritt.
Razvans Miene verriet nicht einen Deut über seine Gedanken. Anton bereute bereits, sich mit ihm einzulassen. Wenn es nicht diesen verdammten Blutdiamanten gäbe, der allein ihm den Hals retten konnte. Antons Sinne waren aufs Äußerste geschärft. Überall witterte er Gefahr. Immer wieder warf er einen Blick zurück über die Schulter in den finsteren Korridor, doch niemand folgte ihnen.
Der Prinz führte ihn in einen Raum, dessen Wände mit Leder dick gepolstert waren und jedes Geräusch verschluckten. In einer Ecke stand ein Spieltisch, wie Anton ihn aus Prag kannte. Das Kartenspiel war eine Leidenschaft, die noch aus seiner Zeit als Sterblicher resultierte. Es juckte in seinen Fingern, eine Spielrunde einzulegen. Doch jetzt war nicht der geeignete Zeitpunkt. Manche Neigungen legte man eben nicht ab, auch nicht als Vampir, dachte er.
In einer Ecke, nicht weit vom Spieltisch entfernt, standen zwei ausladende schwarze Ledersessel. Prinz Razvan bedeutete ihm mit einer Geste, Platz zu nehmen.
Im Geist ging Anton die Worte noch einmal durch, die er sich für dieses Gespräch zurechtgelegt hatte. Seine Existenz hing am seidenen Faden und wurde mit dieser Unterredung besiegelt.
„Ich habe viel von Ihnen gehört, Baron. Man erzählt sich, Sie hätten diese Vampirjägerinnen vernichtet?“ Razvan lehnte sich lässig zurück und überschlug die Beine, bevor er nach einer Zigarrenkiste griff und sie Anton über den Tisch reichte.
Anton lehnte dankend ab, denn er mochte den Tabakgeruch nicht. Der unerwartete Plauderton des Werwolfs ließ ihn aufhorchen.
„Dass Ihr viel von mir gehört habt, ehrt mich. Es war an der Zeit, Prag zu säubern. Diese Weiber waren eine Plage.“
Razvan zog die Zigarre unter seiner Nase lang, bohrte mit einem schmalen Stift ein Loch ins Ende und zündete sie mit einem Streichholz an. Seine kräftigen Lippen umschlossen die Zigarre.
„Und es hat tatsächlich keine überlebt?“, fragte Razvan und blies den Rauch in Antons Richtung. Missbilligend rümpfte Anton die Nase. Der Blick des Werwolfs besaß etwas Lauerndes, was ihn unruhig im Sessel hin- und herrutschen ließ.
„Keine“, antwortete Anton mit Stolz. Die Erinnerungen holten ihn ein. Deutlich sah er die Szene auf der Brücke vor sich, als er diesen Karolyí-Bastard gestellt hatte. Dann war sie in die Moldau gesprungen und ersoffen. Er hatte es selbst
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