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Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Titel: Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Dankbar
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Stunde ungestört zu bleiben? Ich glaube, es war beides.
    Bei unserer Wanderung liefen wir durch eine ähnlich malerische Landschaft wie am Tag zuvor, es wurde nur zunehmend flacher. Der Río Arga floss mal leise und träge, dann laut murmelnd neben unseren Wegen her. Zwischendurch staute sich das Wasser an einem Wehr. Wieder umschwirrten uns zahlreiche Schmetterlinge. Es war wunderbar anzusehen, wie die Sonne wanderte und nach und nach immer mehr Berge in ihr Licht tauchte.
    Das Wandern ermöglicht eine ganz andere Wahrnehmung, sie ist intensiver, bewusster und auf Kleinigkeiten bedacht. Man sieht nicht nur einfach einen Fluss, nein, man spürt und hört seine unterschiedlichen Geschwindigkeiten, erkennt, wann sich seine Farbe wechselt, registriert jeden seiner vielen schönen Plätze, hat ein Auge für Furten, überquert nicht nur eine Brücke, sondern bewundert auch ihre Schönheit. Man sieht entzückende Weiler, an denen Angler ihre Rute auswerfen. Ja, und manchmal hat man das Glück Tiere wie Otter, Reiher und Rehe zu Gesicht zu bekommen. Die Natur so zu erleben, erfüllte mich mit großer Dankbarkeit.
    Das Baskenland gefiel uns ausgesprochen gut, überall sah es gepflegt und belebt aus. Je näher wir Pamplona kamen, der Hauptstadt der Region Navarra, desto urbaner und verkehrsstärker wurde es. An der Peripherie von Pamplona liefen wir durch eine Art Park, als vor uns plötzlich eine Pilgerin auftauchte, die ihren Rucksack wie einen Trolley hinter sich herzog. Die Trolley-Vorrichtung war mit dem Rucksack verbunden und das ganze Gefährt schaukelte beim Ziehen hin und her, es sah sehr komisch aus. Gu und ich schauten uns an und prusteten los. So etwas hatten wir nicht erwartet. Ich tippte gleich auf eine Kollegin aus der Modebranche. Als wir sie passierten, hatten wir wirklich Mühe, ernste Gesichter zu machen. Ihr schien es aber auch irgendwie unangenehm, als ob wir sie bei etwas Unerlaubtem ertappt hätten.
    Gegen elf Uhr, nach ungefähr 16 km, durchquerten wir das mittelalterliche Tor der Befestigungsanlagen, das Portal de Fran-cia, den Zugang zur Altstadt von Pamplona. Vor uns lag ein Gewirr von schmalen Straßen und Gassen. Wir hatten beschlossen nicht weiterzugehen, sondern die Hauptstadt von Navarra und gleichzeitig die größte Stadt am Jakobsweg zu erkunden. Wir wollten uns im Gewimmel dieser Stadt treiben lassen. Die Herberge, die wir ansteuerten, hatte aber noch zu. Erst zwei Stunden später sollte sie ihre Türen öffnen. Unsere Rucksäcke noch weiter mit uns rumzuschleppen oder bei einem anderen Refugio unser Glück zu versuchen, darauf hatten wir keine Lust. Wir entschieden, es als Wink des Schicksals zu nehmen und uns für die kommende Nacht ein Hostal, eine Art Pension, zu nehmen. Wir hielten Ausschau. In der Nähe des Plaza del Castillo klingelten wir an einer Tür, ein Türschild wies auf ein Hostal im ersten Stock hin. Doch die knarzende Stimme, die durch den Lautsprecher zu uns sprach, meinte nur: » Todo completo!« - »Alles ausgebucht!« Wir schauten uns enttäuscht an. Zwei junge Spanierinnen, die genau in dem Moment durch diese Tür heraustraten, schauten uns mitleidig an, gingen ein paar Schritte und kehrten dann wieder zu uns zurück. »Sucht ihr ein Zimmer? Wir kennen ein gutes Hotel, gar nicht teuer, ein paar Straßen weiter, noch ganz neu und zentral gelegen. Sollen wir es euch zeigen?« Wir konnten unser Glück nicht fassen, nicht nur dass die zwei uns den Tipp gaben, nein, sie gingen uns auch noch voraus! Das Hotel war klein, sehr modern, fast stylish - ein Zimmer war sogar noch frei. Wir konnten es zwar noch nicht belegen, da es gerade gesäubert wurde, aber unsere Rucksäcke konnten wir im Gepäckraum deponieren, sodass einer ersten kleinen Sightseeingtour nichts im Wege stand.
    Wir bummelten durch die Straßen der Altstadt, schauten dem bunten Treiben der Geschäftsleute zu und nahmen das Durcheinander von Einheimischen, »normalen« Touristen und Pilgern wahr. Man konnte durchaus zwischen Letzteren einen Unterschied wahrnehmen. Leicht war es natürlich, wenn Pilger mit ihrem gesamten Gepäck unterwegs waren und somit unschwer zu erkennen waren. Aber auch ohne dieses typische Merkmal waren Unterschiede festzustellen: Oft schwerere Fotoausrüstungen, größere Stadtführer, gepflegtere Bekleidung, kein Verschwitztsein, bei den Frauen Handtaschen. Ein deutlicher Hauch von Urbanität umgab die Stadttouristen, wir strahlten dagegen ländlich-wilde Wanderschaft aus. Ganz deutlich

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