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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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»Jedem seine eigene Magie«, sagt er und küsst mich wieder.

53. Kapitel
    Als wir aus den Höhlen der Seufzer herauskommen, erwartet uns Ascha.
    »Lady Hope, die Medusa ist unten. Sie möchte dich sprechen. Sie sagt, es ist dringend.«
    »Die Medusa?« Kartik reißt die Augen auf. Instinktiv greift er nach seinem Messer.
    »Das wirst du nicht brauchen«, sage ich. »Im schlimmsten Fall wirst du vor Schreck in Ohnmacht fallen.«
    Die Medusa wartet auf dem Fluss. Kartik ringt nach Luft beim Anblick ihres furchtbaren grünen Gesichts, ihrer gelben Augen und der vielen Schlangen, die sich um ihren Kopf winden.
    »Medusa! Du bist zurückgekommen«, sage ich erfreut. Ich stelle fest, dass ich sie vermisst habe.
    »Es tut mir leid, Gebieterin. Du hast mir verboten, dich aufzusuchen, aber es ist von allergrößter Wichtigkeit.«
    Helle Röte steigt mir in die Wangen. »Es war falsch von mir. Ich war zu schroff. Darf ich vorstellen: Kartik, vormals von der Bruderschaft der Rakschana.«
    »Sei gegrüßt«, sagt die Medusa.
    »Sei gegrüßt«, erwidert Kartik. Seine Augen sind noch immer schreckgeweitet, seine Hand noch immer an seinem Messer.
    Die klebrige Stimme der Medusa ist durchtränkt von Besorgnis. »Ich war in der Winterwelt, auf einer Route, die mein Volk vor langer Zeit kannte. Ich möchte euch zeigen, was ich gesehen habe.«
    »Bring uns hin«, sage ich und wir gehen an Bord.
    Ich setze mich neben die Medusa und versuche, den Schlangen zu entgehen, die sich zischelnd um ihren Kopf ringeln. Mitunter kommen sie zu nahe und erinnern mich daran, dass wir uns selbst unserer engsten Vertrauten nicht immer sicher sein können. Kartik starrt auf die seltsame, verbotene Welt, die vor uns liegt, denn wir sind auf dem Weg in die Winterwelt. Grüner Nebel fällt ein. Das Schiff gleitet ruhig durch einen engen Kanal und in eine Höhle. Wir fahren unter Stalaktiten hindurch, die so lang sind wie die Stoßzähne eines Elefanten, und ich erkenne diesen Ort wieder.
    »Hier habe ich Amar gesehen«, sage ich und Kartiks Gesicht nimmt einen harten Zug an.
    Die Medusa kommt langsam zum Stehen. »Hier«, sagt sie. »Gleich dort drüben.«
    Sie lässt die Planke herunter und wir waten durch das knöcheltiefe Wasser zur einen Seite der Höhle, wo etwas angespült wurde. Es ist die Quellnymphe, die mich zu Amar geführt hatte. Ihre leblosen Augen starren ins Leere.
    »Was ist mit ihr geschehen?«, frage ich. »War es eine Krankheit?«
    »Sieh genauer«, sagt die Medusa.
    Ich möchte die tote Nymphe nicht berühren, aber ich tu’s. Ihre Haut ist kalt. Schuppen bleiben an meinen Händen kleben. Sie sind trüb von eingetrocknetem Blut. Die Nymphe hat eine Wunde – einen tiefen roten Streifen am Hals.
    »Und du verdächtigst die dunklen Geister der Winterwelt?«, frage ich.
    Die Stimme der Medusa hallt in der Höhle wider. »Das hier ist mächtiger als die dunklen Geister der Winterwelt. Es übersteigt mein Wissen.«
    Ich schließe die leeren Augen der Nymphe, sodass es scheint, als würde sie nur schlafen.
    »Was gebietest du mir nun zu tun?«, fragt die Medusa.
    »Du fragst mich?«
    »Wenn du die Führung übernehmen willst, ja.«
    Wenn ich die Führung übernehmen will. Hier, am Ufer dieser verlassenen Höhle, so nahe dem kalten Körper der Nymphe und so fern von meinen Freundinnen, muss ich eine Entscheidung treffen.
    »Ich will noch mehr sehen. Ich will alles wissen. Können wir Weiterreisen?«
    »Wenn du es wünschst.«
    »Du musst mich nicht begleiten«, sage ich zu Kartik. »Ich könnte dich zuerst zum Lager zurückbringen.«
    »Ich komme mit«, sagt er. Er kontrolliert das Messer in seinem Stiefel.
    »Gebieterin«, sagt die Medusa. Ihre Stimme klingt ängstlich. »Wir sind so weit gekommen, ohne entdeckt zu werden. Aber ich möchte nicht weiterfahren ohne einen gewissen Schutz. Es wäre klug, deine Zauberkraft zu Hilfe zu rufen.«
    »Einverstanden«, sage ich. »Ich werde dir etwas abgeben, damit wir zusammen …«
    »Nein«, unterbricht mich die Medusa. »Ich will die Magie nicht einmal für einen Augenblick haben.«
    »Ich brauche dich, Medusa«, sage ich. »Es erfordert unsere vereinte Kraft.«
    »Ich darf nicht befreit werden«, sagt die Medusa. »Wenn du verstehst.«
    »Ich verstehe«, sage ich. »Wir werden uns auf eine Illusion beschränken. Einverstanden?«
    Kartik nickt.
    Ich gehe an Bord. Ich lege eine Hand auf den dicken, schuppigen Hals der Medusa und die andere auf Kartiks Arm. Die Magie dehnt sich zwischen uns dreien

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