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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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nimmt Kurs hinaus aus der Winterwelt. Ich berichte ihr, was wir gesehen haben, aber aus Rücksicht gegenüber Kartik erwähne ich Amars Rolle dabei nicht. Der brodelnde Himmel beruhigt sich und geht in das unbestimmte düstere Grau des Niemandslands über, dann in das strahlende Blau im Umkreis der Höhlen der Seufzer und in den orangeroten Sonnenuntergang des Gartens.
    Kartik hat während der ganzen Reise kein einziges Wort gesprochen. Er sitzt an Deck, die Knie an die Brust gezogen, den Kopf in den Händen vergraben. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hätte ihm das gerne erspart.
    »Sie«, sage ich kopfschüttelnd. »Sie hat den Plan in Gang gesetzt.«
    »Was heißt das?«, fragt die Medusa.
    Eine nie gekannte Wut steigt in mir auf. »Circe. Sie hat vor langer Zeit einen Pakt mit den dunklen Geistern der Winterwelt geschlossen und sie wollte mich glauben machen, das sei Vergangenheit. Sie hat nie aufgehört, nach der Magie zu trachten. Ich will nicht länger ihre Marionette sein.«
    »Was befiehlst du mir zu tun, Gebieterin?«
    »Fahr zu Philon und dem Waldvolk. Berichte ihnen, was geschehen ist und dass ich heute Nacht das Bündnis mit ihnen schließen will. Ich werde mit meinen Freundinnen zurückkommen und wir wollen uns beim Tempel treffen. Mache auch den Unberührbaren noch einmal das Angebot.«
    »Wie du wünschst.«
    »Medusa«, rufe ich.
    »Ja, Gebieterin?«
    Ich weiß nicht, wie ich die Frage stellen soll, die mir auf den Nägeln brennt. »Wenn ich die Magie mit allen teile, wenn wir uns verbünden, wird damit alles gut und zu Ende sein?«
    Die Medusa schüttelt langsam den Kopf. »Das kann ich nicht sagen. Die Zeiten haben sich geändert. Nichts ist mehr so, wie es war. Alle Regeln sind über Bord geworfen und niemand weiß, was geschehen wird.«
    *
    Ich führe Kartik auf dem bekannten Weg durchs Niemandsland und durch den Korridor. Wir treten durch das geheime Tor auf den Rasen von Spence. Aus dem offenen Fenster oben kann ich Applaus und Gemurmel hören. Mrs Nightwing kündigt Cecily Temples Vortrag des Gedichts »Die Rose der Schlacht« an.
    Alles ist vertraut und doch scheint nichts mehr so zu sein, wie es war. Kartik will mich nicht ansehen und ich wünschte, wir könnten zu jenem Moment in den Höhlen der Seufzer zurückkehren, als wir unsere Hände auf den Stein gelegt haben.
    »Das Scheusal, das den Baum mit Seelen gefüttert hat. Das war mein Bruder.«
    »Es tut mir so leid.« Ich strecke meine Finger aus, aber er will nicht berührt werden. »Kartik.«
    »Ich habe ihn im Stich gelassen. Ich habe ihn …«
    Er lässt mich stehen und stürzt davon.

54. Kapitel
    Ich zittere am ganzen Leib, als ich zum Maskenball zurückkehre. Ein als Harlekin maskierter Mann rempelt mich an, sodass ich erschrecke.
    »Bitte vielmals um Verzeihung«, sagt er und scheint mich unter dieser hässlichen Maske dämonisch anzugrinsen.
    Ich schlüpfe unbemerkt in den Ballsaal, wo die Mädchen ihr Programm vorführen. Ich sehe Felicity neben Ann in ihrem Lady-Macbeth-Kostüm sitzen. »Ich muss sofort mit euch beiden sprechen«, flüstere ich und sie folgen mir hastig in die Bibliothek.
    »Also, Gemma, heraus damit«, kommandiert Felicity. »Wir versäumen die Veranstaltung.«
    »Die dunklen Geister der Winterwelt sterben nicht aus. Sie haben eine tausendköpfige Armee«, hasple ich wie eine Patientin in Bedlam. »Sie opfern dem Baum Seelen, um sich mit Magie zu versorgen, aber sie warten auf etwas. Auf jemanden.« Ich hole tief Luft. »Ich glaube, es ist Circe.«
    »Jetzt glaubst du es also«, sagt Felicity.
    Ich ignoriere die Spitze. »Wir müssen ins Magische Reich gehen, Eugenia den Dolch zurückbringen und das Bündnis schließen …«
    »Du meinst, die Magie zurückgeben?«, fragt Ann.
    »Sie gehört uns nicht. Sie ist nur geliehen …«
    Felicity fällt mir ins Wort. »Aber was ist mit Pippa? Wir müssen es ihr sagen!«
    »Fee«, beginne ich, »das können wir nicht. Wenn sie eine von denen ist …«
    »Ist sie nicht! Soeben hast du gesagt, es sei Circe.« Felicitys Augen werden schmal. »Wie kommst du überhaupt darauf, Gemma?«
    Zu spät erkenne ich meine Torheit. »Ich war im Magischen Reich. Um mir ein Bild zu machen.«
    »Allein?«, bohrt Felicity.
    »Nein. Mit Kartik.«
    Ann starrt mich an. »Du hast ihn hingebracht, ohne es uns zu sagen?«
    »Ich musste ihm zeigen …«
    »Das Magische Reich gehört uns, nicht ihm ! «, beharrt Felicity. »Erst gestern hast du gesagt, wir sollten nicht ohneeinander ins

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