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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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aus. Ich habe das Gefühl, auf einer Welle zu reiten, ohne von ihr hinuntergezogen zu werden. Uns verbindet ein gemeinsamer Zweck und wir tragen die Last zu gleichen Teilen. Ich stelle mir das Wikingerschiff vor, auf dem wir in die Winterwelt gefahren sind – die großen Segel, die Ruder. Ich stelle mir Kartik und mich als Phantome in zerlumpten Mänteln vor. Unsere Herzen schlagen im gleichen Rhythmus. Als ich die Augen öffne, haben wir unser Werk vollendet. Kartik und ich erscheinen als Gespenster. Die Medusa ist wie eine Statue, ihre Schlangen in Marmor erstarrt. »Medusa?«, frage ich vorsichtig.
    »Ich bin wohlauf, Gebieterin. Du hast es gut gemacht.«
    »Wir haben es gut gemacht«, sage ich und die geteilte Freude ist dreifache Freude. »Nun wollen wir sehen, was die Winterwelt verbirgt.«
    *
    Geleitet von der Medusa trägt uns der Fluss immer weiter, bis er sich durch eine schwarze Felsschlucht windet. Graugrüner Dunst steigt vom Wasser auf. Im Laufe der Fahrt lichtet sich der Nebel und nun kann ich von dieser seltsamen Welt mehr sehen als je zuvor. Zerfetzte Fahnen wehen von den Gipfeln der zerklüfteten Berge. Sie knattern im lebhaften Wind und es klingt wie Gewehrschüsse. Höhlen wurden in den schwarzen Fels geschlagen. Die Medusa fährt nahe an eine heran. Totenschädel sind zu Dutzenden übereinandergestapelt. Mein Herz galoppiert immer rascher. Ich möchte umkehren, aber ich muss wissen, was hier los ist.
    Ein Schwarm silberner Fische treibt auf dem Wasser, tot.
    »Vielleicht ist es gar nichts«, sage ich unsicher.
    »Vielleicht«, zischt die Medusa. »Aber vielleicht ist es etwas sehr Schlimmes. Ich furchte, dass hier eine schreckliche Magie am Werk ist.«
    Ein Rabe kreist über uns, ein dicker schwarzer Fingerabdruck im Himmel.
    »Folge ihm«, sage ich zur Medusa.
    Es dröhnt in meinen Ohren. Wir sind in einer Schlucht angelangt, wo majestätische Wasserfälle auf beiden Seiten herunterstürzen. Das Wasser schäumt und wir werden hin und her geschleudert. Kartik und ich klammern uns aneinander und an die Medusa. Spitze Felsen ragen aus dem Wasser und ich fürchte, wir werden an ihnen zerschellen, aber die Medusa steuert uns sicher hindurch. Wir gelangen heil aus der Schlucht heraus und zu einem flachen Teich, der mit einer Eisschicht bedeckt ist. Das Eis ist mit Knochen und den Kadavern kleiner Tiere übersät. Der kalte Wind kann den Geruch von Tod und Verwesung nicht fortwehen. Rund um den Teich brennen kleine Feuer. Dicker, scharfer Rauch steigt von ihnen auf und brennt in meiner Kehle. Eine Mischung aus Asche und Schnee fällt herab. Sie bleibt an meiner Haut kleben. In der Ferne, dort wo die Klippen in den schwarzen Sand der weiten, öden Ebene übergehen, erhebt sich ein Bogen.
    Die Medusa nähert sich dem Ufer und ich glaube fast, an meiner Angst zu ersticken. Denn dort hinter den Feuern ist ein Heer von dunklen Geistern der Winterwelt: Todesschergen – grässliche Gerippe in zerfetzten schwarzen Umhängen –, Klatschmohnkrieger, bleiche Wesen mit kalkweißer Haut und schwarz umränderten Augen. So viele dunkle Geister – mehr als ich mir jemals hätte vorstellen können. Dies scheint ihr Lager zu sein, dem die Felsen einen natürlichen Schutz bieten. Sie sitzen bei den Toten, die wie betäubt, mit leerem Blick vor sich hinstarren.
    »Halt!«, sagt ein Ungeheuer zu meiner Linken und ich spüre, wie Kartiks Hand sich seinem Messer nähert. Das Wesen ist grau wie der Tod. Es zieht seine vermodernden Lippen zurück und entblößt gelbe Zahnstummel. Seine Lider sind rot umrahmt, aber seine Augen sind vom gleichen milchigen Blau wie Pippas Augen. »Seid ihr gekommen, um dem Ritual beizuwohnen?«
    Kartik nickt. Ich bete, dass unsere Illusion halten möge.
    Sechs Schergen tauchen beim Bogen auf. »Folgt uns!«, rufen sie. Alle dunklen Geister erheben sich und die Toten schlurfen wie Schlafwandler hinterdrein. Mit einem letzten Blick auf das steinerne Gesicht der Medusa schließen Kartik und ich uns den anderen an.
    Die Schergen donnern über die Sandwüste und wir folgen. Der Boden knirscht wie Muschelschalen unter meinen Füßen. Ich glaube ein Bein aus dem Sand ragen zu sehen und wende rasch den Blick ab. Ruhig, Gemma. Ruhig. Erhalte die Illusion aufrecht.
    Wir kommen zu einer engen Schlucht. Bleiche, hautlose Wesen tauchen hinter den Felsen und aus Spalten auf, sie blinzeln in das trübe Licht des brodelnden grauen Himmels. Der Geist neben mir knurrt eines der bleichen Wesen an und bleckt die

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