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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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erstehen«, sagt sie mit einem Hauch von Verwunderung in der Stimme. »Die Tage des Ordens sind gezählt. Unsere Zeit ist nahe.«
    Die Mädchen kommen herbei und setzen sich ihr zu Füßen, hypnotisch angezogen von ihrer unerschütterlichen Gewissheit. Pippas Gesichtszüge sind ein faszinierendes Wechselspiel von Vorher und Nachher. Die zarten Wangenknochen, das Gewirr langer dunkler Locken, die zierliche Nase sind immer noch da. Aber hin und wieder schwankt die Farbe ihrer Augen zwischen einem tiefen Violett und jenem beängstigenden Bläulich-Weiß, umrändert von schwarzen Ringen. Es ist eine neue, wilde Schönheit und ich kann mich dem Anblick nicht entziehen.
    »Ich hörte die Stimme süß in meinem Ohr flüstern: Du bist etwas ganz Besonderes. Du bist auserwählt. «
    Sie lächelt strahlend und kichert. Kalte Angst braut sich in meinem Bauch zusammen.
    Mit zwei Fingern dreht Felicity sanft Pippas Gesicht zu sich herum. »Pip, was sagst du da?«
    Pippa reißt sich mit einem Ruck von Felicity los und stellt sich demonstrativ neben Bessie. Sie bietet ihr eine Beere an. »Willst du mir folgen, Bessie?«
    »Ja, Miss«, antwortet Bessie heiser. Gehorsam öffnet sie den Mund.
    Felicity stürzt entsetzt hinzu und schlägt Pippa die Beere aus der Hand. Pippa schubst Felicity und Felicity schubst fest zurück. Pippas Gesicht verzerrt sich für einen Moment, ihre Augen rollen rückwärts in die Höhlen und ein hoher klagender Laut, wie ein missglücktes Lachen, entringt sich ihr. Mit zuckenden Gliedern fällt Pippa auf den Boden, wo ihr Körper in einen Tanz von gewaltsamer Schönheit verfällt.
    »Pippa!«, ruft Felicity. »Pippa!« Bessie und die anderen weichen erschrocken zurück. Schließlich ist der Anfall vorbei; Pippas verkrampfte Hände werden schlaff und sie liegt auf dem Boden. Langsam setzt Pippa sich auf, ihr Atem geht schwer. Ein wenig Speichel rinnt aus ihrem Mund; Schmutz hängt in ihrem Haar und an ihrem Kleid. Felicity wiegt sie in ihren Armen.
    »W-was ist passiert?«, wimmert Pippa. Sie versucht aufzustehen und strauchelt, ihre Beine sind so schwach wie die eines neugeborenen Fohlens.
    »Schhhh, es war ein epileptischer Anfall«, sagt Felicity leise. Sie führt Pippa zum Altar und hilft ihr, sich zu setzen.
    Pippas Lippen zittern. »Nein. Nicht hier. Nicht jetzt.«
    Sie streckt Bessie ihre Hand hin, bietet ihr nochmals eine Beere an, aber Bessie weicht vor ihrer Berührung zurück. Die Fabrikmädchen halten sich von ihr fern, Furcht blickt aus ihren Gesichtern.
    »Nein!«, weint Pippa. »Ich bin besonders! Auserwählt! Ihr werdet mich nicht verlassen!«
    Sie wirft ihre Hände hoch und wir sind von einem Feuerwall umgeben. Die Hitze bläst mich mehrere Schritte zurück. Das ist keine Laterna-magica- Schau,kein Zaubertrick als Nervenkitzel und zur Unterhaltung. Das hier ist real. Was auch immer für eine Kraft es ist, die in Pippa steckt, sie scheint mit dem Anfall gewachsen zu sein und sich zu etwas Neuem und Schrecklichem entwickelt zu haben.
    Die Mädchen weichen noch weiter zurück, die Flammen unterstreichen den Schrecken und die Ehrfurcht in ihren weit aufgerissenen Augen. Ein seltsames Lächeln erhellt Bessies breites Gesicht, eine Mischung aus Ekstase und Angst. Sie fällt voller Andacht auf die Knie.
    Auch Mae wirft sich zu Boden. »Ich hab’s gleich gewusst, als Sie uns vor diesen Teufelinnen gerettet haben.«
    Sogar Mercy fällt unter der Macht von Pippas Zauberkraft auf die Knie.
    »Wir haben es gesehen! Wir alle! Es war ein Wunder. Ein echtes Zeichen!«, ruft Bessie leidenschaftlich aus.
    »Ein echtes Zeichen wofür?«, frage ich.
    »Es ist der Beweis, dass sie auserwählt ist, wie sie gesagt hat.« Tränen strömen über Maes Gesicht. Sie glaubt, Zeugin eines Wunders geworden zu sein, und ich kann sie nicht vom Gegenteil überzeugen.
    Felicity umklammert Pippas Arm mit eisernem Griff. »Es war ein Anfall. Du musst es ihnen sagen.«
    Pippa wendet sich an die Mädchen. »Ich werde euch in die Herrlichkeit führen. Wer folgt mir?«
    »Du musst ihnen die Wahrheit sagen!«, zischt Felicity.
    »Halt den Mund«, warnt Mae und ich sehe in ihren Augen eine Hingabe, die bereit ist zu töten.
    »Kommandier mich nicht herum!«, faucht Pippa. »Alle kommandieren mich immerzu herum.«
    Felicity sieht aus, als hätte sie einen schweren Schlag erhalten. Pippa entwindet sich ihrem Griff und tritt zu den Fabrikmädchen. Die Mädchen strecken die Hände nach ihr aus und versuchen, sie zu berühren. Sie

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