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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Kapelle! Dort sollten wir sicher sein«, sagt Mrs Nightwing. Sie wirft einen unsicheren Blick zu den Türen. Ich habe unsere Direktorin noch nie so angstvoll gesehen.
    »Wir sollten lieber nicht hinausgehen«, sagt Kartik. »Wahrscheinlich warten sie nur darauf.«
    Die Mädchen zittern und jammern und drängen sich schutzsuchend aneinander. »Was geschieht hier?«, fragt Cecily unter Tränen.
    Mrs Nightwing antwortet mit der Stimme, mit der sie uns für gewöhnlich sagt, wir sollen unsere Mäntel anziehen und unsere Rüben essen. »Es gehört zu unserem Spiel.«
    »Ich will nicht mehr spielen«, schreit Elizabeth.
    »Aber, aber. Sie sind doch ein tapferes Mädchen. Es ist nur ein Spiel, und wer am tapfersten ist, bekommt den Preis«, sagt unsere Direktorin. Mrs Nightwing ist keine gute Lügnerin, aber manchmal ist eine schlechte Lüge besser als gar nichts. Die verängstigten Mädchen möchten ihr glauben. Ich erkenne es an ihrem raschen Nicken.
    Die Unwesen drinnen im Saal fangen an, die Türen zu durchbrechen, und die Mädchen schreien wieder entsetzt auf. Spitze Zähne zeigen sich im Holz, nagen ein Stück der Tür zu Spänen.
    »Wir müssen weg«, sage ich zu Kartik und Mrs Nightwing.
    »Folgt mir zur Kapelle, Mädchen«, sagt Miss McChennmine und übernimmt die Führung.
    »Wartet ! «, ruft Kartik, aber umsonst. Ein neuerlicher Krach von drinnen und die Mädchen rennen hinter Miss McChennmine her. Brigid und Fowlson schließen sich an. In einer langen Reihe folgen sie Miss McChennmine wie dem Rattenfänger von Hameln. Und meine Freundinnen und ich hinterdrein.
    *
    Hunderte Male bin ich über diesen Rasen und durch den Wald von Spence geschlendert, aber noch nie ist es mir so unheimlich erschienen wie jetzt, da nur Mrs Nightwings Laterne und unser schwacher Mut den Weg erhellen. Die Luft steht still zum Ersticken. Ich wünschte, meine Mutter wäre hier. Ich wünschte, Eugenia hätte vor fünfundzwanzig Jahren der Sache ein Ende gemacht. Ich wünschte, nichts von all dem wäre geschehen. Ich wünschte, das Los wäre nicht auf mich gefallen, denn ich habe so schrecklich versagt.
    Als wir den Wald erreichen, steigert sich meine Angst noch. Eine dünne Eisschicht bedeckt den Boden. Die Blumen sind tot, an ihren Stängeln erdrosselt. Im trüben Licht können wir unseren Atem sehen.
    »Mir ist kalt«, sagt ein Mädchen und Brigid ermahnt es, still zu sein.
    Kartik hebt eine Hand. Wir halten den Atem an und horchen.
    »Was ist?«, flüstert Fowlson.
    Kartik deutet mit dem Kinn auf ein dichtes Gehölz. Schatten bewegen sich. Ich taste mit der Hand nach einem Baumstamm und rutsche an der vereisten Rinde ab. Ein Schnauben dringt aus dem Dickicht. Meine Augen wandern zu dem Geräusch. Die Nase eines Pferdes schaut hinter einer großen Tanne hervor. Dampfender Atem quillt aus seinen Nüstern. Etwas ist eigenartig an dem Pferd. Mir ist, als könne ich unter der Haut seine Knochen leuchten sehen. Es bewegt sich vorwärts und ich erkenne den schwachen Umriss seines Reiters. Ein Mann in einem wehenden Umhang mit einer Kapuze. Er dreht sich mir zu und ich ringe nach Luft. Ich kann sein Gesicht nicht sehen, nur seinen Mund und die Andeutung spitzer Zähne darin. Er zeigt mit einem Knochenfinger auf mich.
    »Das Opfer …«
    Das Pferd richtet sich hoch auf die Hinterbeine auf, sodass seine Hufe meinem Kopf gefährlich nahe kommen, und ich schreie aus Leibeskräften.
    Mrs Nightwings Stimme durchdringt die Nacht. »In die Kapelle! Rasch! Rasch!«
    Der Todesscherge heult vor Wut, als ihm Mrs Nightwing die Laterne entgegenschleudert. Die Kerze erlischt und durch die plötzliche Finsternis entsteht Verwirrung.
    »Gemma!« Ich fühle Felicitys Finger an meinem Handgelenk, stark und sicher zieht sie mich vorwärts. Mrs Nightwing kann nicht mit uns Schritt halten. Sie bittet uns, wir sollen sie zurücklassen, aber wir weigern uns, ohne sie weiterzugehen. Felicity und ich haken sie auf beiden Seiten unter und schleppen sie mit, so gut wir können. Eine Viertelmeile bis zur Kapelle. Eine Viertelmeile ohne ein sicheres Versteck. Der Nebel ist eingefallen. Wir könnten leicht den Weg verlieren.
    Die Reiter scheinen aus dem Nichts zu kommen. Sie donnern hinter uns her, preschen durch die Bäume, auf Pferden, die nicht von dieser Welt sind. Ann schreit auf, als sie fast unter die Hufe eines Pferdes gerät. Wir schlagen eine Abkürzung nach links ein, aber auch die Reiter haben daran gedacht.
    Gekreische über uns. Ich hebe den Kopf und sehe die

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