Kasey Michaels
Verlöbnisses erfahren willst, sie selbst
fragen musst.“
„Sie
weigert sich, über die Sache mit mir zu reden.“
„Oh,
tatsächlich? Und du lässt dir das gefallen? Captain Rafael Daughtry, der mal
einen diebischen Quartiermeister an den Füßen aufgehängt hat, bis er damit
herausrückte, wo der vermisste Proviant geblieben war? Captain Rafael
Daughtry, aufgehalten von einem Unterrock? Wäre ich doch bei meinen Sturz
dahingeschieden, um diesen traurigen Tag nie erleben zu müssen! Welche Schande,
Rafe, pfui!“
Während er
dem freundlichen Spotten seines Freundes lauschte, wurde ihm endlich bewusst,
was er in Charlottes Blick gesehen hatte, als sie die Verlobung erwähnen musste.
Scham war es gewesen, Scham und Furcht. Und immer, wenn Georges oder Harolds
Name vorher gefallen war, hatte er diesen selben Ausdruck in ihren Augen
gesehen. Aber wieso? „Lass es gut sein, Fitz, ich habe keine Angst vor
ihr.“
„Nein? Vor
was denn, wenn nicht davor, sie zu fragen?“ Rafes Antwort kam so leise, dass
Fitz sie kaum verstehen konnte. „Vielleicht vor der Antwort ...“
Da der Duke nun heimgekehrt war,
betrachtete Charlotte die Zwillinge als ausreichend behütet und verkündete
ihnen, dass sie nach Rose Cottage zurückkehren werde zu ihren Eltern, die sie
an dem Abend zu tiefstem Schweigen verpflichtet hatte, als sie in Windeseile
ihre Sachen gepackt und mit ihrer Zofe nach Ashurst Hall zurückgehastet war.
Doch länger
konnte sie dort einfach nicht bleiben. Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür,
sagte sie sich. Wenn sie aber auf Selbsttäuschung verzichtete, musste sie sich
eingestehen, dass sie eine Verschnaufpause brauchte. Und deshalb war sie am
Morgen nach dem Besuch des Sägewerks praktisch geflohen – geflohen vor Rafe,
der sie ansah, sie mit Blicken zwingen konnte, ihm Dinge zu erzählen, an die
sie nicht einmal denken, geschweige denn darüber reden wollte.
Ihre
Mutter, deren Welt aus ihren Rosenbüschen und den Pflanzen in ihrem Gewächshaus
bestand, hatte kaum bemerkt, dass ihre Tochter wieder daheim oder überhaupt
fortgewesen war. Anders natürlich ihr Vater, der ihr aber angelegentlich aus
dem Weg ging, was sie nicht anders kannte seit jenem Abend, als der alte Duke
of Ashurst ihn aufgesucht und ihm Gründe genannt hatte, warum der bescheidene
Besitz Rose Cottage, der seit sechs Generationen den Seavers gehört hatte, nun
bald Ashurst Hall einverleibt werden würde. Warum Charlotte Harolds Gemahlin
werden würde.
Fünf lange
Tage ertrug Charlotte den nebulösen Zustand ihrer Mutter und das schamvolle
Schweigen ihres Vaters, ehe sie den beiden beim Frühstück entgegenhielt: „Nun
hat der neue Duke seit fast einer Woche auf Ashurst Hall seinen Wohnsitz
genommen. Es ist höchste Zeit, ihm einen Besuch abzustatten und ihm zu dem
tragischen Tod seiner Verwandten zu kondolieren.“
Edward
Seavers murmelte etwas, das klang wie: „Nicht, solange ich noch atme.“
Charlotte
betrachtete ihren Vater, der über Nacht gealtert war durch einen Schlag, von
dem er sich trotz der vielen vergangenen Monate immer noch nicht erholt hatte.
Früher hatte sie ihn für ihren Fels in der Brandung gehalten, für ihre
Zuflucht. Nun war er, so sehr er seine Gefühle zu verbergen suchte, ihr
Ankläger.
„Papa,
bitte, es ist vorbei. Nach dem Unglück half Lady Emmaline mir, den Ehevertrag
zu suchen, und gemeinsam haben wir ihn dann im Kamin verbrannt. Rose Cottage gehört
immer noch dir.“
„Ich habe
mein Wort gegeben und meine Hand darauf“, sagte ihr Vater. „Und meine
Tochter obendrein, so, wie sie war. Ich werde mir nie vergeben. Rose Cottage
bedeutete mir nichts mehr.“
Charlotte
schaute zu ihrer Mutter am anderen Ende
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