Kasey Michaels
einen
Schulmeister gehört“, murmelte sie. Und dann las sie.
Meine
Liebste,
während
ich hier in meinem einsamen Zimmer liege, noch umweht von deinem süßen Duft,
der meiner Sehnsucht spottet, ist meine Lust nur kurz gestillt. Schon schmerzen
meine Lenden vor Verlangen und ersehnen unsere nächste leidenschaftliche
Vereinigung ...
Aufkeuchend
schloss Lydia die Augen, ob wegen der Bedeutung der Worte oder der
lächerlichen Aufgeblasenheit derselben, wusste sie nicht so recht. Sie durfte
keinesfalls weiterlesen. Wirklich nicht.
Ob du
wohl weißt, dass dir allein mein Herz gehört – und mein Körper. Bald werden wir
für immer zusammen sein. Keine verstohlenen Treffen mehr, nicht diese knapp bemessenen
Liebesstunden voller Furcht vor Entdeckung. Ich weine, wenn ich dich verlassen
muss. Ich schelte mich Feigling, Narr, für jeden Moment der Trennung. Bald,
süßer Engel, bald werde ich eine Lösung finden, das verspreche ich dir.
Unwiderruflich entfliehen wir diesen regnerischen Gestaden, du und ich, und in
Paris wirst du für den Rest unseres
Lebens meine Königin sein. Ewig dein Liebster,
Das
Billett war mit
einem großen, verschnörkelten B unterzeichnet.
Ah, da war noch ein Nachsatz.
P.S.
Liebste, vergiss nicht, was du versprochen hast – den Schlüssel zu unserer
Zukunft.
Was
sollte das denn
heißen? Lydia tat es als unwichtig ab. Sorgfältig faltete sie das Blatt wieder
genau so zusammen, wie es gewesen war, und steckte es mit bebenden Fingern
zurück in das Retikül.
Bruce
Beattie sollte sich schämen, ein junges naives Mädchen derart auszunutzen, ihm
unhaltbare Versprechungen zu machen und ihm die Jungfräulichkeit zu rauben,
während er genau wusste, dass der Vater eine Heirat nie erlauben würde.
Lydia
wünschte, sie hätte ihrer Neugier nicht nachgegeben, vergab sogar die unterschlagene
Zimtschnecke und betete stumm, dass Mr Beatties glühende Liebesschwüre nicht
unauslöschlich in ihrem Gedächtnis haften bleiben würden.
Entsetzt
fuhr sie zusammen, als es in diesem Moment an der Tür klopfte und jemand
fragte, ob sie und Jasmine bald nach unten kämen. Tanner!
Hastig warf
sie einen letzten Blick in den Spiegel. Hoffentlich sah sie nicht so
schuldbewusst aus, wie sie sich fühlte. Sie atmete einmal tief ein, ehe sie
öffnete. „Tanner, du! Jasmine ist schon nach unten gegangen. Ich ... ich ...
mein Hut will nicht sitzen.“
Er berührte
mit einem Finger sacht ein Löckchen, das ihr in die Stirn gefallen war. „Jetzt
bin ich ganz hin und her gerissen, ob mir der kleine Schleier besser gefällt
oder diese hinreißende Locke hier.“
Doch immer
noch zu durcheinander wegen ihrer unziemlichen Schnüffelei bemerkte sie seine
Schmeichelei kaum und sagte nur: „Tanner, nicht necken, bitte. Gehen wir
hinunter?“
Unten im
Korridor lehnte Baron Justin Wilde lässig am Rahmen der Tür, die in den
privaten Salon des Gasthofs führte. Lydia musste zugeben, dass er, jeder Zoll
der Inbegriff des modischen Herrn, in seinem makellosen Aufzug frisch und
erholt und teuflisch gut aussah. Und, bei Gott, er wusste es.
Er richtete
sich auf, zog mit theatralischer Geste seine Uhr hervor, las die Zeit ab und
hob bedeutsam seine Brauen. „Tanner, schon über eine halbe Stunde warte ich
auf eure Ankunft. Jedoch mich nun Ihrer Gegenwart erfreuen zu können, meine
reizende Lydia, ist Lohn genug für das Warten.“
Mit einem
Mal verspürte Lydia keine Milde mehr mit Männern, die, um eine Frau zu
bezirzen, jeden nur denkbaren Unsinn von sich gaben. „Danke, Justin. Sie sind
selbst eine Augenweide und tun ganz so, als wären Sie sich dessen nicht
bewusst, obwohl Sie doch gerade noch so wunderbar posiert haben.“
„Klapp den
Mund zu,
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