Kasey Michaels
hör auf zu grinsen. Jetzt schaust du wirklich wie ein Affe
aus.“
„Weißt du,
was mit dir los ist, Tanner? Du bist einfach zu gut.“
„An deiner
Stelle würde ich mich darauf nicht zu sehr verlassen. Ich spüre, wie meine
Güte von Minute zu Minute abnimmt.“
„Selbst
wenn du wolltest, könntest du nicht gemein sein! Doch zurück zu unserer lieben
Lady Lydia und deiner störrischen Weigerung, mich zum Teufel zu schicken und
dir so den Weg zu ihrer Zuneigung freizumachen. Noch kannst du deine Meinung
ändern.“
„Danke,
aber nein. Zugegeben, sie findet Gefallen an dir. Wie an einem Tanzbären auf
dem Jahrmarkt. Außerdem ist ihr absolut klar, dass du nicht nach einer Gattin
Ausschau hältst.“
„Hast sie
vor mir gewarnt, was? Schäm dich.“
Tanner
nickte. „Ja, ich schäme mich. Aber verdammt, Justin, das ist kein Spiel.“
„Richtig.
Bevor wir London verließen, sprach ich mit Rafe.“
„Meinst du es ernst? Du
kennst sie kaum.“ Forschend musterte Tanner das Profil seines Freundes.
„Und ohne
Rafes Billigung könnte ich sie auch nicht besser kennenlernen, oder?
Schließlich bin ich trotz allem ein Gentleman.“
„Lass sie,
Justin, sie hat genug durchgemacht, als sie Fitz verlor. Vielleicht ist ihr
nicht klar, dass es dir nur um deine Unterhaltung geht.“
„So? Wieso
denkst du das? Wie du längst weißt – ohne entsprechend zu handeln – ist Lydia
eine ganz außergewöhnliche Frau, völlig anders als meine diversen weiblichen
Bekanntschaften. Man könnte sagen, sie hat mir die Augen für völlig neue
Aussichten geöffnet, deren ich mir bisher nicht bewusst war.“ Justin
steckte sich ein Zigarillo zwischen die weißen Zähne, jeder Zoll der reuelose
Lebemann, als den man ihn ansah. „Und nun entschuldige mich, mich verlangt es
nach einem Galopp. Ich überlasse dich der Überlegung, ob ich dir nicht die
ganze Zeit einen Gefallen tue.“ Damit grub er seinem Pferd die Fersen in
die Seiten und fort war er.
So also
konnte Tanner ihn nicht mehr darauf hinweisen, dass Justins „diverse
Bekanntschaften“ gar nicht so sehr differiert hatten. Er hatte seine
Freundinnen nämlich wegen ihrer Schönheit und zum Vergnügen gewählt. Natürlich
war Lydia anders. Sie war eine Dame in jedem Sinne des Wortes. Und sie hatte
Justin durchschaut, was sie für ihn zum Rätsel machen musste.
Der Rest
des Tages verging Tanner unerträglich langsam, da sie wegen eines verlorenen
Hufeisens am nächsten Gasthof halten mussten, wo Jasmine sich erneut
selbstständig machte und man sie erst nach einer geschlagenen Stunde fand.
Wieder entschuldigte sie sich, blinzelte Tränen fort, fragte, ob sie denn wohl
im üblichen Gasthof übernachten würden, und hüpfte dann fröhlich zur wartenden
Kutsche, als wäre alles ganz selbstverständlich verziehen.
Verwundert
nahm Tanner den besorgten Blick wahr, mit dem Lydia seine Cousine betrachtete,
ehe sie ihn ansah, als wollte sie etwas sagen. Doch er wandte sich wortlos ab
und stieg ebenfalls in den Wagen.
Jasmine
strapazierte wahrscheinlich Lydias Geduld ganz beträchtlich. Aber im nächster
Gasthaus würde sie eine Atempause bekommen, denn inzwischen hatte er einen der
Grooms zum „Crown and
Sugarloaf“ vorausgeschickt, damit er dort für die Gesellschaft ein zusätzliches
Zimmer reserviere.
Mit diesen
Gedanken befasst, bemerkte Tanner erst im letzten Moment ein metallisches
Blitzen in den Büschen am Wegrand, dann brach auch schon ein Pferd samt Reiter
zwischen dem Grün hervor. Tanner griff zu der Pistole, die vorn am Sattel
befestigt war, klopfte aber stattdessen beruhigend den Hals seines Tieres, als
er das breite Lächeln und freundliche Winken des Reiters sah.
Der Mann
war gut gekleidet, trug aber eine schwarze Klappe über dem linken
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