Kassandra Verschwörung
aufhielt.
Irgendetwas erregte die Aufmerksamkeit des Leibwächters, der auf dem Beifahrersitz saß. »In dem Auto sitzt noch jemand«, sagte er. Und so war es. Eine Frau. Wie es schien, studierte sie eine Karte. Der Chauffeur drückte erneut auf die Hupe.
»Komm schon, du Schlafmütze.«
»Sie muss taub sein.«
»Los jetzt!«
Während dieses Wortwechsels der beiden vorn sitzenden Männer unterhielten sich Jonathan Barker und sein Privatsekretär hinten im Fond über eine für den Nachmittag anberaumte Sitzung. Sie hatten die Tagesordnung hinzugezogen, auf die der Minister mit einem goldenen Füllfederhalter irgendetwas kritzelte. Plötzlich schien sich der Minister bewusst zu werden, dass es Mittagszeit war. Er reichte seinem Privatsekretär die Tagesordnung und steckte den Füllfederhalter in seine Brusttasche.
»Sie regeln das, klar?«, sagte er zu den Männern vorn im Wagen. »Ich gehe schon mal rein.«
Und mit diesen Worten stieg er aus. Der Privatsekretär folgte ihm, und mit einem gemurmelten »Und wie ich das regle« stieg der Leibwächter ebenfalls aus.
Auch die Frau verließ ihr Auto. Der Chauffeur konnte es nicht fassen. Er drückte erneut auf die Hupe und rief: »He, Schätzchen, Sie können da nicht parken!« Doch sie schien ihn nicht gehört zu haben. Als der Leibwächter genau hinter ihr war, bückte sie sich, als ob sie die Autotür abschließen wollte. Der Minister und sein Privatsekretär traten hinter dem Alfa auf den Bürgersteig.
»Entschuldigen Sie, Miss, aber das ist leider ein Privatparkplatz.« Der Leibwächter hatte den Eindruck, dass sie ihn nicht verstanden hatte. Verdammte Ausländer. Er tippte ihr auf die Schulter.
Die Hexe rammte dem Mann aus ihrer geduckten Position heraus mit voller Wucht den Ellbogen in die Weichteile, dann umklammerte sie die Hand, die auf ihrer Schulter lag, wirbelte, ohne die Hand loszulassen herum, verdrehte dem Mann dabei den Arm und riss ihn ihm hinter seinem Rücken hoch. Er sank vor Schmerz auf die Knie. Der Kolben der Beretta krachte auf seinen Hinterkopf. Er stürzte bewusstlos zu Boden.
Jetzt war ihre Waffe auf den Minister gerichtet.
»In den Wagen!«
Er zögerte.
»Sie«, wandte sie sich an den bleich gewordenen Sekretär, »zurück in den Wagen des Ministers! Und Sie«, wieder an Jonathan Barker gerichtet, »in diesen Wagen.«
»Das gibt’s doch gar nicht...«
Doch der Privatsekretär schlich bereits zurück zum Rover, in dem der Fahrer regungslos dasaß und überlegte, ob er den Wagen rammen oder ihr nur den Fluchtweg versperren oder vielleicht doch lieber zurücksetzen und sich in Sicherheit bringen sollte. Sie nahm ihm die Entscheidung ab, indem sie herumwirbelte und mit zwei gezielten Schüssen einen Vorder- und einen Hinterreifen seines Wagens zerschoss. Der Fahrer schrie auf und duckte sich unter die Windschutzscheibe. Der Privatsekretär hatte sich auf die Knie fallen lassen und kroch auf allen vieren. Die Hexe richtete ihren Blick auf Jonathan Barker.
»Sie sind tot.«
Inzwischen starrten Anwohner aus ihren Fenstern. Ein paar Fußgänger waren stehen geblieben und beobachteten das Geschehen aus sicherer Entfernung. Jonathan Barker kam zu dem Schluss, dass er genug Zeit geschunden hatte. Sie ging um das Auto herum auf ihn zu. Er öffnete die Beifahrertür.
»Nein, hinten rein«, befahl sie ihm. Sie hielt die Pistole mit ruhiger Hand auf ihn gerichtet, während er die Hintertür des Wagens öffnete und sich bückte, um einzusteigen.
»Ich glaube, Sie begehen einen Feh...« Der Satz blieb unbeendet, denn die Hexe drehte die Pistole blitzschnell in ihrer Hand und ließ den Kolben auf Jonathan Barkers Schädel niederkrachen. Er fiel vornüber ins Auto, sie schob seine Beine hinein, knallte die Tür zu und lief zur Fahrerseite. Dann startete sie den Motor und brauste mit Vollgas aus der Parkbucht. Es würde nur eine kurze Fahrt werden. Das andere Auto stand in unmittelbarer Nähe bereit.
Während sie davonraste, öffnete der Privatsekretär die Beifahrertür des Rovers.
»Sie waren ja eine große Hilfe«, fuhr er den Chauffeur an.
»Sie haben auch nicht gerade großen Einsatz gezeigt.«
»Nein, aber zumindest habe ich das Kennzeichen. Geben Sie mir das Telefon! In fünf Minuten haben wir das Miststück!«
Doch nach fünf Minuten hatten sie nicht mehr erreicht, als dass sämtliche Einsätzkräfte alarmiert waren und ein einzelner Streifenwagen am Tatort vorfuhr – in dem nicht einmal Polizisten saßen.
»Wer sind Sie?«,
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