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Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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recht.« Imish beugte sich vor. »Welche konkreten Pläne haben Sie denn für diese Serie?«
    »Meine primäre Absicht besteht darin«, sagte Waylock, »Sie als einen Mann in der alten Tradition darzustellen, der sich seiner Verantwortung bewußt ist und sich dennoch eine einfache und bescheidene Lebensweise bewahrt hat.«
    Imish kicherte. »Dieser Eindruck dürfte sich nur schwer hervorrufen lassen. Es ist allgemein bekannt, daß ich das Leben in vollen Zügen genieße.«
    »Interessant wäre auch Ihre Garderobe«, fuhr Waylock nachdenklich fort. »Die Dienstroben für feierliche Anlässe, die verschiedenen Insignien.«
    Imish war verblüfft. »Ich hätte kaum gedacht …«
    »Es wäre eine gute Einleitung in Hinsicht auf die dokumentierte Thematik«, sagte Waylock. »Das menschliche Element gewissermaßen.«
    Imish zuckte mit den Achseln. »Vielleicht haben Sie recht.«
    Waylock erhob sich. »Wenn Sie erlauben, würde ich mir gern einmal Ihre Garderobe ansehen und mir bei der Gelegenheit ein paar Notizen für diese Einleitungssequenz machen.«
    »Wie Sie wünschen.« Imish streckte die Hand aus. »Ich gebe Rolf Bescheid.«
    Waylock ergriff seinen Arm. »Ich zöge es vor, nicht von Herrn Aversham begleitet zu werden. Zeigen Sie mir nur den Weg, den Rest erledige ich allein.«
    Imish lächelte. »Es ist verrückt, meine Garderobe als Mittel zur Gegenpropaganda zu benutzen! … Nun, wenn sie tatsächlich dazu taugt …« Er machte Anstalten, sich hinter seinem Schreibtisch zu erheben.
    »Nein, nein«, sagte Waylock rasch. »Ich möchte Ihre Zeit nicht länger als unbedingt nötig in Anspruch nehmen. Außerdem komme ich allein besser zurecht.«
    Imish setzte sich wieder. »Ganz wie Sie wollen.« Er beschrieb Waylock den Weg.
    »Ich bin gleich wieder da«, sagte Waylock.
     
2
     
    Waylock schritt den Korridor entlang. Vor der Tür, die ihm Imish genannt hatte, blieb er stehen. Niemand war zu sehen. Er öffnete die Tür und betrat die Garderobe.
    Imishs Lebensweise war, wie er selbst zugegeben hatte, kaum als asketisch zu bezeichnen. Die Wände bestanden aus schwarzem, mit Malachiten und Zinnober verziertem Marmor. Der Boden war mit weißem Schimmerschaum bedeckt, und vor den großen, offenen Fenstern wehten und bebten Vorhänge aus Seide. Ein Schrank aus Wachs-Sumach stand an der einen Wand, die mit Perlmutt vertäfelt war. Gegenüber befand sich die Tür, die in die eigentliche Garderobe führte.
    Waylock zögerte nur einen Augenblick und trat dann hinein.
    Er stand inmitten von Kleiderrechen, Ständern, Kästen, Truhen und Regalen. Um ihn herum hingen und lagen Jacken, Roben, Tuniken, Bandelieren und Capes und Hosen. In den Regalen standen an die hundert Paar Schuhe und Pumps und Stiefel und Sandalen. Er entdeckte zwanzig verschiedene Uniformen, dann Kharnevall-Kostüme, Sportausrüstungen … Waylocks Blick glitt hin und her und suchte den scharlachroten Klecks, der die bestickte Jacke markierte, die Imish am Vortag getragen hatte.
    Er schritt durch den Zwischengang, griff hier und dort nach den Kleiderbügeln, prüfte, spähte umher … Er entdeckte die Jacke im zweiten Gerüst. Er zog sie heran – und erstarrte plötzlich. Am anderen Ende des Zwischengangs stand Rolf Aversham. Er kam langsam und mit funkelnden Augen auf ihn zu.
    »Zunächst war mir Ihr Interesse an der Garderobe des Kanzlers unverständlich. Bis ich sah …« – er nickte in Richtung der Jacke – »… was Sie suchten.«
    »Offenbar wissen Sie über meine Absicht Bescheid«, sagte Waylock.
    »Ich weiß nur, daß Sie die Jacke in der Hand halten, die Kanzler Imish während seines Besuchs im Aktuarius trug. Würden Sie sie mir bitte geben?«
    »Weshalb möchten Sie sie denn haben, wenn ich fragen darf?«
    »Aus reiner Neugier.«
    Waylock trat hinter das Ende des Gestells und griff unter den Ärmelaufschlag, um die Filmstreifen an sich zu nehmen. Er ertastete sie, konnte sie jedoch nicht hervorziehen. Hinter ihm erklangen die Schritte Avershams. Er streckte die Hand aus und zerrte an der Jacke. Waylock riß mit einem wütenden Ruck daran, doch Aversham machte einen Ausfall nach vorn und löste seinen Griff nicht. Waylock schlug ihm ins Gesicht; Aversham zielte mit einem Tritt auf Waylocks Leistengegend. Waylock bekam das Bein zu fassen und zog es mit aller Kraft in die Höhe. Aversham verlor das Gleichgewicht und torkelte rückwärts auf die Fenster zu. Seine Hände suchten an der glatten Seide nach Halt; er gab einen heiseren Laut von sich und

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