Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
Moritz an und verzog das Gesicht, wie um ihm zu sagen, dass man auf den da nicht rechnen konnte, er war einfach zu blöd.
»Für heute«, sagte Moritz und legte Vincent die Hand auf die Schulter.
»Er hilft mir ein bisschen, bis Ralph zurück ist.«
Ralph. Wenn man es wusste, war es nicht zu übersehen. Dieselbe braune Mähne.
»Papa ist heute Führer«, sagte Vincent herablassend und ging zu den Bauarbeitern an den Tisch.
»Hast du Bellin den Voranschlag gegeben?«, fragte Moritz.
»Ja. Ich glaube, er findet nicht, dass sein Hof zu dunkel ist.«
»Natürlich nicht«, sagte Moritz. »Er hält drei Grashalme ja auch für einen Rasen.«
Liebermann versorgte sich mit Milch, Bier und einem Glas saurer Gurken, die fast abgelaufen waren. Er brauchte sie nicht, aber in ein paar Tagen würden sie für Tante Lehmann wertlos sein. Die Krämerin war schlechter Laune. Sie sah ständig auf ihre prächtige Uhr und kommandierte ihren Lehrling wie ein Feldwebel herum. Als Liebermann den Laden verließ, ließ sie ihn gerade zum Fensterputzen abtreten. Die magere Katze war verschwunden. An ihrer Stelle saß jetzt der Einohrige. »He, Serrano!«, sagte Liebermann, einigermaßen stolz, sich den Namen gemerkt zu haben.
Serrano bewegte sein Ohr und sah ihn an. Liebermann kam sich fixiert vor.
»Tja, dann. Auch wenn du’s nicht verstehst, es tut mir leid um deinen klapprigen Freund.«
Er verabschiedete sich von Moritz, Vincent und den Bauarbeitern und machte sich auf den Heimweg. In seinem Kopf prügelte sich eine nagelneue Frage mit den anderen um die Vormachtstellung. Sie gewann, als er bereits den Fuß auf das Kopfsteinpflaster der Straße gesetzt hatte. Liebermann hob ihn wieder und ging, statt nach Hause, zum Aufgang Nummer 17. Auf Samtpfoten folgte ihm Serrano. Liebermann bemerkte es und blieb stehen.
»Ich hab nichts für dich.« Zum Beweis zeigte er dem Kater den Inhalt seiner Tüte. Serrano beschnüffelte ihn flüchtig, setzte sich und mauzte.
»Na schön, dann bleib hier und halte Wache. Gib mir Bescheid, wenn die Bauarbeiter im Anmarsch sind.« Liebermann ging weiter. Der Kater ebenso. Als Liebermann wiederum stehen blieb, tat er es ihm gleich.
»Du bist hartnäckig«, sagte Liebermann. »Kennst du dich hier aus?« Serrano legte den Kopf schief.
»Gut, dann hilf mir eben suchen. Wir nehmen uns den Schnittlauch vor.«
In Theklas Küche vegetierte ein Plastiktöpfchen vor sich hin, das er aus schierer Faulheit bisher nicht weggeworfen hatte. Hier dagegen, stellte Liebermann, als sie die Einfahrt durchquert hatten, fest, waren Gartenliebhaber am Werke.
Mit Serrano als Adjutanten durchschritt er einen Rosengang und fand sich auf einer von Strauchwerk und ein paar alten Obstbäumen gesäumten Wiese wieder. Die Bäume standen in voller Blüte.
So schön sie waren, ließ Liebermann sie links liegen und wandte sich zunächst dem Komposthaufen in der rechten Ecke des Hofes zu. Beim Durchqueren der Einfahrt war ihm klargeworden, wo er Vincent schon einmal gesehen hatte. Auf den Fotos in Nicos Kamera. Nur hatte er da einen Schlafanzug getragen.
Zu seinem Leidwesen war der Kompost frisch umgegraben worden. Falls sich die ersten Seiten des Notizbuchs noch hier befanden, wurden sie gerade von Regenwürmern verdaut.
Nur zu gern ließ er sich dafür vom Anblick des Schnittlauchs trösten, der ein Stück weiter in festen Büscheln zwischen einigen anderen, ihm unbekannten Küchenkräutern wuchs. Jemand hatte das Beet liebevoll mit Feldsteinen gerahmt. Daneben standen, als einzige Schandflecken der Idylle, eine ausrangierte Kühltruhe und eine Mörtelwanne. Liebermann vermutete, dass die Truhe einst den Laden von Tante Lehmann geziert hatte, dessen Hintertür auf den Hof hinausführte. Jetzt wuchsen Erdbeeren darin.
Er ließ sich auf die Knie nieder und begann, den Boden zwischen den Kräutern abzutasten. Serrano knurrte. »Ich klau dir schon nichts«, sagte Liebermann. Kurz darauf stießen seine Finger auf etwas Hartes. Liebermann förderte ein Buddelförmchen zutage. Er grinste. »Keine Maus.«
Serrano sah ihn kalt an. Liebermann überkam plötzlich das Gefühl, dass der Kater ihn verachtete. Aber warum war er ihm dann hierher gefolgt? Hunger konnte es nicht sein. Serrano machte nicht den Eindruck, dass er auf Almosen angewiesen war. Er setzte sich auf und betrachtete das Tier, das die runden Augen seinerseits fest auf ihn geheftet hielt. Nachdem eine Minute gegenseitigen Abschätzens vergangen war, mauzte Serrano
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