Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
fragte der Portier.
»Nein. Lassen Sie sie mit der Post hochgehen. Marion Allhorn.« Für alle Fälle schrieb er ihren Namen auf die Metallfolie.
Er brauchte eine Stunde, um nach Potsdam zu kommen, und noch einmal eine halbe, bis er völlig verschwitzt vor Berlichs »Büro« aus dem Auto kletterte. Zwei Fahrbahnverengungen, drei Umleitungen, ein Wasserrohrbruch am Vormittag. Er war davon überzeugt, dass man es ihm mit Absicht schwermachte. Aber es hatte sich gelohnt. Uwe strich sich beeindruckt eine klebrige Strähne aus der Stirn. Der Bungalow, der zu der Hausnummer auf Marions Zettel gehörte, befand sich kaum zwanzig Meter vom Ufer der Havel entfernt. Zwischen Schilfbüscheln hindurch sah Uwe glasgrünes Wasser, Enten, in der Ferne eine Brücke. Auf der anderen Seite des Weges stand die in Charlotte Olbinghaus’ Tagebuch erwähnte Magnolie.
Die Pforte war mehr symbolisch verschlossen. Uwe überstieg sie mühelos, nachdem er sich der Abwesenheit jeglichen Publikums vergewissert hatte, und schritt über einen Weg aus Natursteinplatten auf das Häuschen zu. Natürlich hatte er nicht erwartet, es ebenfalls offen vorzufinden. Aber ein Sicherheitsschloss nun auch wieder nicht. Er umrundete das Haus, um sich die Fenster anzusehen. Alles zu, und überall heruntergelassene Jalousien. Enttäuscht gelangte er wieder zur Tür.
Der Bungalow war an Berlich nur untervermietet. Glück für sie, dass er ihn trotzdem als Nebenwohnung angemeldet hatte, vermutlich aus Steuergründen.
Pech dagegen, dass die Vermieterin beide vorhandenen Schlüssel an Berlich abgetreten hatte. Falls einen davon Charlotte Olbinghaus besaß, war er mit ihr verschwunden. Berlichs eigener befand sich vermutlich irgendwo im Haus seiner Witwe. Marion hatte sich eine Liste der Gegenstände schicken lassen, die der Tote bei sich getragen hatte. Ein Schlüssel war nicht dabei gewesen. Gar keiner, was Uwe ein wenig merkwürdig fand. Er holte seine Thermoskanne und sprach dem Inhalt, auf einem Findling vor Berlichs Grundstück sitzend, zu, während die Möwen sich über der Havel anschrien. Es gab sie also tatsächlich.
Tja. Hatte schon was, so ein Haus am Fluss. Zumindest am Tag. Abends würden hier Heerscharen von Mücken einfallen und alles aussaugen, was sich Warmblüter nannte. Uwe trank seinen Kaffee aus, dankte Gott für seine Reihenhaushälfte und beschloss schweren Herzens, Susanne Berlich einen Besuch abzustatten.
Während ihr Kollege sein Auto wiederum durch die Baustellen von Potsdam-West schleuste, arbeitete sich Marion zum zweiten Mal durch das Tagebuch von Charlotte Olbinghaus. Schreiben konnte sie, keine Frage. Auch wenn der Stil zu wünschen übrigließ. Das Bild, das Marion dadurch von Stefan Berlich bekam, vertrug sich nur schlecht mit dem des liebenden Familienvaters und charmanten Gastgebers, den sie kennengelemt hatte. Laut Olbinghaus glich Berlich eher einem sexuellen Jekyll. Nun ja, ihr hatte es gefallen. Trotzdem hatte sie am Ende angekündigt, ihn zu töten. Und nun war Stefan Berlich tot, und Charlotte Olbinghaus trieb sich noch immer irgendwo im Ungewissen herum.
Nixen, dachte Marion dumpf. Tauchten auf, angelten sich einen Mann und rissen ihn mit sich in die Tiefe. Sie verglich eben ihre Erinnerung von der Frau unter den Apfelbäumen mit dem Foto von Charlotte Olbinghaus, als das Telefon schrillte.
Es verging eine Weile, ehe sie in der gutgelaunten Frau am anderen Ende die Pathologin vom Vortag wiedererkannte.
»Der Bericht wird noch eine Weile brauchen. Deshalb dachte ich, ich rufe Sie an.«
»Danke«, sagte Marion. Die Pathologin schien ihr unter bedenklichen Stimmungsschwankungen zu leiden. Aber besser so, als angeschnauzt zu werden.
»Also: Unser Mann hat noch zu Abend gegessen. In seinem Magen befand sich eine exzellente Portion ungarisches Gulasch. Gut gewürzt, weder zu viel noch zu wenig Paprika. Dazu Kartoffelklöße und grüner Salat. Das alles eingebunden in einen Jahrgangswein. Rotwein, edler Tropfen, drei Gläser.« Sie seufzte.
»Ich überlege seit Jahren, ob ich nicht ein Rezeptbuch schreiben sollte, nach dem, was sich mir manchmal so darbietet. >Pathologische Pasteten<. Was halten Sie davon?«
Marion schnappte nach Luft.
»Erst wenn ich in Rente bin, natürlich. Vorher kommt man ja zu nichts. Schade jedenfalls um das gute Essen, denn mein Patient haha, ich nenne sie Patienten, immerhin erhalten sie durch mich die vermutlich genaueste Diagnose ihres Lebens, oder Ablebens. Wie auch immer: Mein Patient
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