Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
Mundes beschloss Liebermann, es ihr nicht zu verübeln.
»Möchtest du dich bei meiner Puppe einkratzen?« Nico saß im Bett, die Decke bis zum Kinn hinaufgezogen.
»Sie trägt ein schönes Kleid«, sagte Liebermann beschämt. »Es sieht ... teuer aus.« Nico ließ die Decke fallen und kam zu ihm herüber.
»Teuer? Dior würde es sicher anders beschreiben.« Ihre Brüste berührten seinen Rücken.
Augenblicklich durchlief Liebermanns Körper ein Beben, und er spürte, wie es sich auf den Körper hinter ihm übertrug. Keiner rührte sich. Es war eine besondere Art des Beisammenseins, das umso intensiver war, weil niemand von ihnen damit gerechnet hatte. Am liebsten hätte er Nico auf den Arm genommen und zum Bett zurückgetragen, um die von ihr begonnene Tat zu vollenden. Aber damit hätte er die kostbare Zufälligkeit des Augenblicks zerstört.
Den Blick auf Birgit gerichtet, wünschte er, dass er noch ein wenig fortdauern würde. Auf dem schwarzen Stoff des Kleides tanzte ein Sonnenfunken. Sein Handy klingelte.
»Geh nicht ran«, bat Nico. Liebermann drehte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss.
»Es könnte der Verlag sein. Oder ein Autor.«
Ihr Gesicht verfinsterte sich. »Na und? Hast du keine Mailbox?«
Während er das Telefon aus dem Kleiderhaufen vor dem Bett klaubte, lächelte Liebermann entschuldigend. »Es dauert nicht lange.«
Es dauerte länger, als er erwartet hatte.
»Gibt es wieder Probleme mit den falschen Fährten?«, fragte Nico, als er das Handy endlich in die Hosentasche gleiten ließ.
Liebermann trank einen Schluck Kaffee. »Ich muss etwas nachsehen«, sagte er. »Bin gleich wieder da.«
Während er eilig in seine Sachen schlüpfte, fragte er sich,
was Nico dazu sagen würde, wenn er ihr erzählte, dass sich der Hauptverdächtige seines fiktiven Autors gerade verabschiedet hat. Marion war soeben von einer verstörten Susanne Berlich angerufen worden, die ihr mitgeteilt hatte, dass ihr Mann verschwunden sei.
Susanne Berlich hockte zusammengekauert auf dem Sofa im Wohnzimmer. Liebermann erhaschte einen Blick auf sie, ehe Marion ihn packte und hinter sich her in die Küche schleppte.
Er fand, dass die roten Haare ihr standen. Ansonsten konnte er nicht viel Frisches an seiner Kommissarin entdecken.
»Wie lange bist du schon da?«
»Eine halbe Stunde. Sie hat mich aus dem Bett geholt.«
»Warum hat sie nicht die hiesige Polizei angerufen?«
»Weiß ich doch nicht. Vielleicht hat sie meine Nummer hier herumliegen sehen und wollte sich überzeugen, dass ihr Mann die Nacht nicht bei mir verbringt. Meine Mutter hat mir jedenfalls mit dem Jugendamt gedroht, wenn sie meinen Sohn in dieser Woche noch einmal in den Kindergarten bringen muss.« Marion begann, fahrig an einem chromglänzenden Kaffeeautomaten herumzuhantieren. Gleichzeitig zog sie ein Röhrchen aus der Hosentasche.
»Die hab ich im Waschbecken im Bad gefunden. Einzeln. Die halbaufgelösten hab ich weggespült. Das hier lag auf dem Beckenrand.«
Liebermann nahm das Röhrchen und las das Etikett. Dormocaps.
»Sind die heute früh dahin geraten?«
»Gestern. Frau Berlich sagt, dass sie Schmerzen hatte und nicht einschlafen konnte.«
Liebermann legte das Röhrchen auf den Küchenschrank.
»Wenn das so ist, können wir sie ihr wohl nicht wegnehmen.«
»Aber in diesem Haushalt leben Kinder!«, fauchte Marion. »Wie kann man da einfach seine Drogen herumstreuen!«
»Wo sind die Kinder jetzt?«
»In der Schule. Ich frag mich, ob wir nicht jemand herbestellen sollten, der sie nachher in Empfang nimmt. Hast du gesehen, wie sie auf dem Sofa hockt und die Wand anstarrt? Sie ist nicht davon abzubringen, dass etwas passiert ist.«
Liebermann strahlte sie an. »Natürlich ist etwas passiert.«
»Ich meine, etwas Schlimmes«, sagte Marion gereizt. »Du scheinst ja geradezu glücklich über Berlichs Verschwinden zu sein!«
Liebermann hob die Schultern. »Ich hab noch nicht gefrühstückt und muss meine Tochter in den Kindergarten bringen. Also schlage ich einen Zehnminutenrapport vor. Fünf für den offenbar durchschlagenden Erfolg deines Besuchs gestern und fünf für Frau Berlich und ihren Kummer.«
»Und dann willst du mich wieder mit ihr allein lassen? Du bist grausam!«
»Hunger ist auch grausam. Kindergärtnerinnen können grausam sein, ganz zu schweigen von Nachbarinnen, die auf die Töchter fremder Männer aufpassen.«
Er errötete, und Marion begriff.
»Na gut«, sagte sie. »Aber ich weiß nicht, ob fünf Minuten
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