Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kathedrale

Kathedrale

Titel: Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Mangels
Vom Netzwerk:
Stattdessen stieß er auf eine Gruppe in Weiß gekleideter Männer und Frauen, die emsig Backsteinwände hochzogen. Julian lächelte. Gab es Hoffnung? Waren sie etwa hier, um Reparaturen vorzunehmen? Ihre Anwesenheit war wie ein Beweis, dass sich seine mentalen Kräfte von selbst regenerierten und er sich – ungeachtet der Macht dessen, was ihn geschwächt hatte – wieder erholen würde.
    Dann aber setzte sein Herz einen Schlag aus. Ihm war, als kollabierte es wie ein ausgebrannter Stern, dem seine eigene Schwerkraft zum Verhängnis wurde.
    Die in Weiß gekleideten Männer und Frauen reparierten gar nichts. Sie mauerten zu! Treppen, Türen, Korridore. Julian schrie auf, doch sie ignorierten ihn und arbeiteten weiter, als wäre er gar nicht da.
    Stein für Stein raubten sie ihm sein Talent, das er für selbstverständlich gehalten hatte. Und sie raubten ihm seine Erinnerungen.
    Vaughn saß auf dem Kommandantensessel und lauschte dem geschäftigen Treiben auf der Brücke, doch seine Gedanken drehten sich um das, was Ezri ihm berichtet hatte, bevor sie zur Krankenstation zurückgekehrt war, um Candlewood und Richter bei den Quantenscananalysen zur Hand zu gehen. Es schien offensichtlich, dass das Objekt in der Oort-Wolke – laut Shar entweder eine Art Tempel oder ein Schreckenskabinett für die Fremden – die Lösung zu dem Rätsel um die Sagan -Besatzung enthielt. Vaughn war entschlossen, diese Lösung zu finden – koste es, was es wolle.
    Er stand auf und ging zur Wissenschaftsstation, an der Shar den fremden Text studierte. Inzwischen waren viele Symbole in Gruppen sortiert und von ovalen Klammern umschlossen worden. Das sah vielversprechend aus, fand er. »Kommen Sie voran, Ensign?«
    Shar sah nur kurz von seinem Display auf. »Schwer zu sagen, Sir. Allmählich frage ich mich, ob Ensign Cassini unsere Erfolgsaussichten nicht ein wenig zu optimistisch eingeschätzt hat.«
    »Wenigstens sind wir in der Lage, mit unseren neuen Freunden zu reden«, sagte Vaughn. Er deutete in Richtung des Brückenmonitors, auf dem das in der nachtschwarzen Dunkelheit des Alls schwebende Schiff der D’Naali zu sehen war.
    D’Naali. Vaughn ließ sich den Namen wieder und wieder durch den Kopf gehen, während sein Blick den langen, geschwungenen Konturen des Raumschiffs folgte. Er wusste nicht, ob er erleichtert oder frustriert sein sollte. Einerseits war es ein Gewinn, die insektoiden Wesen nicht mehr nur als »die Fremden« bezeichnen zu müssen. Andererseits hatten Shars rudimentäre Erfolge bei der Übersetzung von Sacagaweas Aussagen bisher keine großen Erkenntnisse über das mysteriöse Objekt dort draußen gebracht. Oder Antworten auf die Frage, warum das D’Naali-Schiff verfolgt und angegriffen worden war.
    Die Turbolifttür glitt auf. Als Vaughn sich umdrehte, trat Lieutenant Nog auf die Brücke. Er stützte sich auf einen Krückstock, doch sein neues linkes Bein war im Verlauf des vergangenen Tages beachtlich gewachsen. Es schien perfekt zum rechten zu passen und stündlich kräftiger zu werden.
    Es fiel Vaughn schwer, es nicht anzustarren. »Wie verliefen die letzten Reparaturen, Lieutenant?«
    Nog lächelte wie jemand, der endlich wieder in seinem Element war. »Sie fliegt wieder. Zumindest, solange sie nicht angegriffen wird. Ich sagte dem D’Naali-Captain, er könne aufbrechen, wann immer er wolle. Das heißt, sobald Sacagawea wieder an Bord ist. Ich muss schon sagen: Dank Shars Übersetzungsgeräten verliefen die technischen Gespräche sehr angenehm.«
    »Konnten Sie herausfinden, warum die D’Naali hierhergejagt wurden?«, hakte Vaughn nach. »Es wird kein Zufall sein, dass wir ihnen so nah an dem Objekt begegneten.«
    Nog schüttelte den Kopf. »Vom Maschinenraum und einigen schwer beschädigten Hüllensektionen abgesehen, haben sie uns keinen Zugang zu ihrem Schiff gewährt. Und wann immer man ihnen eine direkte Frage stellt …« Er brach ab.
    »Weichen sie aus?«
    »Ich weiß nicht, ob Absicht dahintersteckt. Die Übersetzer haben noch längst nicht jede Nuance ihrer Sprache erfasst. Die D’Naali sind so leicht zu verstehen wie manche von Morns lurianischen postmodernen Gedichten.«
    Kurz nach seiner Ankunft auf Deep Space 9, genauer gesagt während eines »Abends für junge Talente« im Quark’s, hatte Vaughn einige von Morns Gedichten gehört. Wenn er sich recht entsann, hatte er keine einzige Strophe begriffen. Sollte Shar den Universalübersetzer tatsächlich noch genauer justieren können, hatte er

Weitere Kostenlose Bücher