Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
meinen Mitbewohnerinnen so ein Ei erklären sollte. Ich versuchte, mir die Haare ins Gesicht zu ziehen, aber das wirkte nur noch auffälliger. Ich würde mir etwas einfallen lassen müssen.
Zum Glück hatte ich keinen festen Freund. Also konnte niemand den voreiligen Schluss ziehen, dass ich mit meinen lahmen Ausreden meinen Liebsten decken wollte, der mich misshandelte. Vielleicht dachten meine Mitbewohnerinnen ja, mein Chef würde mich misshandeln. Aber nachdem ich ein Jahr mit Mimi überlebt hatte, wussten sie, dass es schlimmer gar nicht mehr kommen konnte. Ich würde ihnen wohl einfach sagen müssen, ich wäre gegen eine Wand gelaufen, was ja mehr oder weniger auch der Wahrheit entsprach.
Es war einfach nicht fair. Wenn Marcia nach Hause kam, prahlte sie mit den großen Deals, bei denen sie mitmischen durfte, und Gemma erzählte uns immer von den berühmten Designern und Models, denen sie bei ihrer Arbeit begegnete. Bis jetzt hatte ich nie etwas Aufregenderes zu berichten gehabt, als Mimis neuesten Tobsuchtsanfall zu beschreiben. Sie hatten mir aus Höflichkeit zugehört und dabei ziemlich glaubwürdig Interesse geheuchelt. Trotzdem hatte ich mir immer gewünscht, auch einen Job zu haben, bei dem ich etwas Wichtiges oder Interessantes zu tun bekam. Jetzt hatte ich etwas, das zu erzählen sich gelohnt hätte, und ich konnte mit niemandem darüber reden.
Genau in dem Moment, als ich an meinen Schreibtisch zurückkehrte, war Feierabend, und die anderen verließen fluchtartig den Raum. Immer noch tief in Gedanken suchte ich meine Sachen zusammen und verließ das Gebäude. »Da ist dir ja ein ganz schön dicker Fisch ins Netz gegangen, Schätzchen«, krähte Sam, als ich auf den Gehsteig hinaustrat.
»Ja, nicht schlecht dafür, dass ich erst einen Tag hier bin, nicht wahr?«
»Soll das ein Witz sein? Das war sensationell! Ich würde sofort beantragen, dich in den Sicherheitsdienst versetzen zu lassen, wenn ich die Hoffnung hätte, damit durchzukommen.«
»Meine Leistung bestand lediglich darin, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und laut loszuschreien. Die eigentliche Arbeit hat Owen erledigt.«
»Ja, aber wenn du uns nicht den Weg gewiesen hättest, hätten wir gar nicht gewusst, was wir tun sollten.«
Da war was dran. Owen mochte ja einer der mächtigsten Zauberer weit und breit sein, aber diesem Eindringling hätte es durchaus gelingen können, Unterlagen aus seiner Abteilung zu stehlen, wenn ich nicht gewesen wäre. »Es ist ein schönes Gefühl, gebraucht zu werden«, sagte ich grinsend.
»Und wie man hört, hast du ja jetzt sogar noch mehr zu tun. Wenn du in dem Tempo weitermachst, sitzt du Weihnachten in der Chefetage.« Er salutierte mir mit einem Flügel. »Jetzt geh nach Hause und ruh dich aus. Du hast morgen einen hektischen Tag vor dir.«
Da hatte er Recht. Ich musste mir eine Marketingaktion ausdenken und einen Krieg in der magischen Welt verhindern. Diese Firma und diese Leute brauchten mich. Und was noch wichtiger war: Sie wussten, dass sie mich brauchten, und sie waren bereit, mir zuzuhören. Das reichte aus, um in mir die Lust zu wecken, Mimi zu besuchen und ihr eine lange Nase zu drehen. Aufgepasst, Welt! Die kleine Katie Chandler war gar nicht mehr so mittelmäßig und langweilig.
Als ich zu Hause ankam, hatte ich noch immer Kopfschmerzen, und ich war müde. Ich hätte also froh sein sollen, dass ich als Erste zu Hause war. So hatte ich Gelegenheit, mich ein bisschen auszuruhen und mich zu berappeln, bevor ich Gemma und Marcia gegenübertreten musste. Aber ich platzte fast vor Nervosität und rastloser Energie. Auch wenn ich ihnen nicht erzählen konnte, was passiert war, musste ich mit jemandem reden. Ich konnte ihnen ja wenigstens erzählen, dass ich ein wichtiges neues Projekt übertragen bekommen hatte. Das war doch schon mal besser, als wenn ich nichts anderes von der Arbeit zu erzählen hatte als: »Ich hab heute wieder mal eine Aktennotiz geschrieben.«
Zum Glück kamen Gemma und Marcia im Abstand von wenigen Minuten nach Hause. Also musste ich mich nicht entscheiden, ob ich mich noch zurückhielt oder ob ich dieselbe Geschichte zweimal erzählen wollte. Sobald wir alle umgezogen waren und die Styroporbehälter vom Imbiss aufklappten, die sie mitgebracht hatten, platzte ich heraus: »Ihr werdet nicht glauben, was heute bei der Arbeit passiert ist.«
Meine Zuhörerinnen schauten gar nicht so gespannt in meine Richtung, wie ich gehofft hatte. Stattdessen sahen sie
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