Katrin Sandmann 04 - Blutsonne
er.
Maren Lahnstein setzte sich in den Sessel links von ihm. »Was macht der Fall?«, fragte sie. »Ach nein, ich wollte ja über etwas anderes mit Ihnen reden, nicht immer nur über die Arbeit. Erzählen Sie mir was über Düsseldorf.«
»Ich bin eigentlich kein Düsseldorfer«, erklärte Halverstett und stellte das Glas auf dem Tisch ab. Seine Verunsicherung war mit einem Mal wie weggeblasen. Da hätte er die ganze Situation doch beinahe völlig missverstanden. Dabei wollte die Frau ganz einfach an ihrem Geburtstag nicht allein in einer fremden Stadt sein. Noch im Nachhinein brach ihm der Schweiß aus, wenn er daran dachte, was für alberne Ideen ihm durch den Kopf geschossen waren. »Ich bin aus Gruiten . Das ist ein kleines Dorf oberhalb des Neandertals . Dort bin ich aufgewachsen, und dort lebe ich immer noch. Nicht besonders aufregend, ich weiß. Aber ich fühle mich wohl auf meinem Berg.«
Maren Lahnstein lächelte. »Mich hat das Schicksal leider schon ziemlich häufig in der Gegend herumgescheucht. Geboren in einem Dorf in Schleswig-Holstein, studiert in Tübingen, verschiedene Jobs an Unis in ganz Deutschland und jetzt hier in Düsseldorf. Die Stadt gefällt mir. Allerdings habe ich bisher kaum etwas gesehen. Zu viel Arbeit.«
»Apropos«, fiel Halverstett ihr ins Wort. »Sie wollten doch wissen, was der Fall macht. Wir haben einen Mann verhaftet. Einen Peter Hofleitner . Er ist der Exfreund der ermordeten Frau. Als sie sich wegen Bertram Kassnitz von ihm trennte, ist er ziemlich ausgerastet. Hat seine Stammkneipe auseinandergenommen und gedroht, die beiden umzubringen.«
»Hat er gestanden?«
»Nein, im Augenblick sagt er gar nichts. Wir lassen seinen Wagen auf Spuren untersuchen. Irgendwie muss er die beiden ja zum Tatort transportiert haben. Er hat sie nämlich aus ihrem Haus entführt, und das liegt in Benrath . Ein ganz schönes Stück weg von der Stelle, wo er sie aufgeknüpft hat. Mit dem Auto mindestens zwanzig Minuten. Leider hat offenbar keiner von den Nachbarn irgendwas gesehen. Jedenfalls hat die Befragung bisher nichts ergeben. Aber es war ja auch so nebelig, dass man nicht einmal seine eigenen Schuhspitzen erkennen konnte.«
»Warum hat er sie nicht an Ort und Stelle umgebracht? Das war doch ziemlich riskant, sie erst noch durch die halbe Stadt zu kutschieren.«
»Keine Ahnung. Vielleicht hat der Rheinpark eine besondere Bedeutung für ihn. Womöglich hat er die Frau dort kennengelernt . Oder mit dem anderen erwischt. Das kriegen wir schon noch raus. Ich denke, er redet bald. Nur eine Frage der Zeit.«
»Sie sind sicher, dass er es war?«
Halverstett nippte an dem Wein. »Sicher sind wir erst, wenn wir das Geständnis haben. Oder einen eindeutigen Beweis. Aber es spricht viel dafür. Ein Alibi hat er jedenfalls nicht. Angeblich war er zu Hause und hat nichts mit der Sache zu tun. Das ist das Einzige, was wir aus ihm rausgekriegt haben, seither ist er stumm wie ein Fisch.« Er war jetzt in seinem Element. Ein Gespräch unter Kollegen. Das war es und sonst nichts. Was war er nur für ein Trottel. Was hätte eine Frau wie Maren Lahnstein auch anderes von ihm wollen können, einem spießigen, übergewichtigen Beamten, der mindestens zehn Jahre älter war als sie?
»Sind Elisabeth und Bertram Kassnitz nicht schon länger verheiratet gewesen?«, fragte Maren Lahnstein und schob sich die Haare hinter die Ohren.
Halverstett nickte. »Etwas über ein Jahr. Ich weiß, was Sie sagen wollen. Wenn er es war, hat er verdammt lang gewartet mit seiner Rache.«
*
Katrin kaute an ihrer Pizza und betrachtete die Fotos, die Elfriede Thürnissen ihr gegeben hatte. Eigentlich war Manfred heute mit Kochen dran. Aber bei ihm kam es häufiger vor, dass er viel länger in der Redaktion saß, als seine Arbeitszeit es vorsah. Wenn ihn eine Geschichte interessierte, vergaß er alles andere. Dafür hatte er auch keine Skrupel, gar nicht zur Arbeit zu erscheinen, wenn nichts Interessantes anstand. Am Anfang wäre er wegen dieser eigensinnigen Arbeitshaltung ein paar Mal beinahe geflogen, doch inzwischen genoss er gewisse Sonderrechte. Er hatte einfach einen zu guten Riecher. Auf den wollte der Chefredakteur auf keinen Fall verzichten.
Als Manfred um halb acht noch nicht zu Hause war, hatte Katrin sich resigniert eine Tiefkühlpizza in den Ofen geschoben. Dann musste er halt morgen ran. Aufgeschoben war nicht aufgehoben.
Manfred wohnte erst seit Dezember bei Katrin. Die meiste Zeit jedenfalls. Er
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