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Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Katzenbach: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Morf
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ungewöhnlichen
Gegenstand zu Gesicht, den man ihr geschildert hatte. Sie fragte nach Größe, Gewicht,
nach ihrem Schlafverhalten und Essensrhythmus. Wir fachsimpeln, dachte Nadine, halb
amüsiert, halb unsicher. Zu Luzias Aussehen äußerte sich Eliane nicht.
    »Willst
du sie Noah zeigen?«, schlug Nadine vor. »Babys mögen andere Babys.«
    »Ach nein,
dafür ist er zu klein«, meinte Eliane, »und Lotte spielt grade so schön mit ihm.«
    Sie setzten
sich zu Tisch. Eliane und Leon unterhielten sich angeregt, alles war ganz normal,
und doch fühlte sich Nadine nicht ganz wohl. Du siehst Gespenster, schalt sie sich,
du siehst alles im Spiegel deiner Schuldgefühle, sei doch froh, dass es gut läuft.
Sie gab sich Mühe, sich am Gespräch zu beteiligen. Eliane lobte das Essen, und Lotte
wollte wissen, was es zum Dessert gebe.
    »Ach, ich
habe den Kuchen in der Tram liegengelassen«, rief Eliane erschrocken aus, »weil
Noah so gebrüllt hat und die Leute so böse guckten. Tut mir leid.«
    Lotte verzog
enttäuscht das Gesicht.
    »Nicht weinen,
Lotte«, sagte Nadine schnell, »ich habe noch Eis im Tiefkühler. Kein Problem, Eliane,
das verstehe ich doch.«
    Nach dem
Essen musste Leon wieder zur Arbeit, Benja trabte hinter ihm her, und die Freundinnen
gingen am Katzenbach spazieren. Lotte trottete etwas missmutig mit, da sie immer
noch verstimmt war, dass es keinen Kuchen gegeben hatte, den sie sich als wunderbare
riesige Torte mit Marzipanfrüchten und Schokoladengarnitur ausgemalt hatte. Nadine
war innerlich ruhiger, sie beschloss, das Thema anzuschneiden, das ihr noch etwas
im Magen lag.
    »Stefan
und ich haben gedacht, dass wir Luzia Ende Sommer taufen lassen«, begann sie.
    »Ach ja,
das ist ein guter Zeitpunkt«, fiel Eliane ein, »dann ist es nicht mehr so heiß,
aber man kann das Essen vielleicht immer noch draußen machen. Übrigens, weißt du,
wen ich kürzlich zufällig getroffen habe? Selina, die seinerzeit mit uns gearbeitet
hat. Sie wird heiraten, auch Ende Sommer, nämlich am 25. August. Hast du noch Kontakt
zu ihr?«
    »Nein, schon
lange nicht mehr.« Nadine war etwas verwirrt. Sie hatte Eliane fragen wollen, ob
es ihr immer noch recht war, Luzias Patin zu werden. Offenbar war das gar nicht
nötig, Eliane war schon bei einem anderen Thema. Sie war immer etwas sprunghaft
gewesen; es schien für sie also alles in Ordnung zu sein. Vielleicht ist sie gar
nicht auf den Gedanken gekommen, dass ich mir darüber Sorgen machen könnte, dachte
Nadine, und ein Gefühl von Erleichterung, ja Dankbarkeit breitete sich in ihr aus.
Sie setzten sich in ein Café, wo sich auch Lottes Stimmung hob, da sie sich eine
Süßigkeit aussuchen durfte. Sie erzählte von der Spielgruppe, von einem Ausflug
in den Wald, von ihrem Freund Mirko, den zu heiraten sie vorhatte. »Und wir werden
zusammen ein Elfenkind haben«, schloss sie.
    »Ein Elfenkind?«,
fragte Eliane.
    Aber Lotte
presste die Lippen zusammen und gab keine Auskunft.
     
    Drei Tage später kam der Brief.
Nadine wurde schwindlig, als sie ihn las. »Ich will ganz offen zu dir sein«, schrieb
Eliane. Und das war sie dann auch. Nein, sie konnte sich nicht mehr vorstellen,
Luzias Taufpatin zu sein. Nadine verstehe das sicher. Ach ja, tue ich das?, fragte
sich Nadine. »Wollt ihr sie überhaupt taufen lassen?«, schrieb Eliane weiter. Der
Tonfall ihres Briefs war freundlich, aber so sachlich und distanziert, dass er auf
Nadine wie eine Ohrfeige wirkte. Sie will mir sagen, dass die Idee, eine Patin für
unser Kind zu finden, schlichtweg eine Zumutung ist, wurde Nadine klar. Es wäre
auch für Noah nicht gut, fuhr Eliane fort. Wenn sie Luzias Patin wäre, hätte man
doch regelmäßigen Kontakt, und der Anblick des Kindes könnte Noah erschrecken, vielleicht
traumatisieren, sein Frauenbild möglicherweise entscheidend und verheerend prägen.
Wieder dieses Herzrasen. Eine Welle von Angst. Ich darf nicht ohnmächtig werden,
dachte Nadine. Bald muss ich Lotte von der Spielgruppe abholen. Sie atmete tief
durch. Eliane. Waren sie nicht Freundinnen? Sie hatten sich vor etwa zehn Jahren
kennengelernt, waren in Winterthur Arbeitskolleginnen auf der Bank gewesen. Nach
der Heirat war Nadine mit Stefan nach Zürich gezogen, und Eliane hatte es mit ihrem
Mann in die Ostschweiz verschlagen. Sie sahen sich nicht oft, hatten kein ganz nahes,
vertrautes Verhältnis, aber waren doch Freundinnen. Sie hatten sich drei-, viermal
pro Jahr getroffen, zwischendurch miteinander telefoniert und sich

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