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Katzenhöhle

Katzenhöhle

Titel: Katzenhöhle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegunde Artmeier
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schon mal in Regensburg?«
    Lilian war froh, im Freien zu sein. So konnte sich auch das letzte Schwindelgefühl mit den Nebelschwaden auf die Reise machen, um sich irgendwo im Nichts zu verflüchtigen.
    Cedric schüttelte den Kopf. »Nur in München und Nürnberg war ich das eine oder andere Mal.«
    »Wann sind Sie gestern auf dem Nürnberger Flughafen angekommen?«
    »Um 16.25 Uhr.«
    »Und in Regensburg?«
    »Kurz nach sechs.«
    »Was haben Sie da gemacht?«
    »Ich bin ins Hotel gefahren.«
    »Warum sind Sie erst so spät in der Wohnung von Miras Schwester aufgetaucht?«
    »Ich wollte mich zuerst duschen und was essen. Dann habe ich lange hin und her überlegt, ob ich wirklich noch am gleichen Abend mit Mira reden sollte. Ich bin ewig durch die Altstadt geschlendert.« Er bückte sich, nahm einen Stein in die Hand und warf ihn ins Wasser. Gleichmäßige Kreise breiteten sich auf der Oberfläche aus. »Ich liebe Städte. Auch Regensburg gefällt mir, obwohl es klein ist. Ich bin in Glasgow aufgewachsen, hab dort immer noch eine Wohnung. Kennen Sie Glasgow?«
    Lilian verneinte, sie war noch nie in Schottland gewesen. Sie war enttäuscht. Was hatte ein Lord aus ihren romantischen Träumen in einer nüchternen Großstadt zu suchen?
    »Mira kam nicht gerne mit nach Schottland. Zu wenig Bäume, sagte sie immer. Aber Glasgow fand sie in Ordnung. Mein Appartement ist in der Nähe der Botanic Gardens, da ging sie oft spazieren und blieb stundenlang im Park und in den großen Gewächshäusern.«
    Sie gingen unter der Steinernen Brücke durch. Im Sommer tummelte sich hier das Leben. Prall, bunt, laut: Sonnenanbeter mit bloßen Füßen, lachende Kinder, beeindruckend gewandete Ritter und Burgfräuleins. Hier auf der Jahninsel wurde viel gefeiert. Beim Flussfest oder auf dem Bürgerfest oder wann immer es eine gute Gelegenheit gab, heiße Tage und laue Nächte zu genießen. Aber jetzt war alles anders. Die Stadt schien zu schlafen, auf etwas zu warten. Lilian wusste genau, worauf. Auf frische Farben und warmen Wind – auf neue Gefühle, die alle Sinne verzauberten. So wie sie.
    »Ich war irrsinnig stolz, als ich mir diese Wohnung kaufen konnte. Ist schon ziemlich lange her«, erzählte Cedric weiter. »Das schaffte kaum einer, der wie ich aus einem der Glasscherbenviertel der Stadt kam. Mein Vater war ein einfacher Arbeiter, meine Mutter jobbte als Küchenhilfe. Mein Appartement ist im obersten Stock in einem Macintosh-Haus.«
    Über diesen Architekten hatte Lilian gelesen. Ende des neunzehnten, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hatte er einen Großteil der Bauwerke von Glasgows Innenstadt entscheidend geprägt. »Wie sind Sie zum Tanzen gekommen?«
    »Wie man eben dazu kommt. Man muss es einfach tun – weil es richtig ist. Ich hätte nichts anderes machen können, es war wie ein Feuer, das in mir brannte. Die anderen Jungs verbrachten den Sonntagnachmittag auf dem Fußballfeld, ich auf den Holzbrettern.« Bei Lilian war das ganz anders gewesen. Jede Woche war die Mama mit ihr zur Ballettstunde nach Rosenheim gefahren, hatte sie förmlich hingeschleppt. Viel lieber wäre die kleine Lilly auf Scirocco ausgeritten, um sogar den Wind zu überholen. Sie sah sich am Rande endloser Felder entlang galoppieren und das Rot des Mohnes vorbeifliegen, spürte fast wärmende Sonnenstrahlen auf den nackten Armen. Ihr Vater hatte ihr das Pferd geschenkt, sehr zum Leidwesen der Mama. All die Hoffnungen, dass ihre Tochter im weißen Tütü über die Bühne schweben würde, waren vergebens …
    »Was für Pläne haben Sie jetzt, wo Mira tot ist?«
    »Gar keine. Ich bin immer noch zu schockiert, um Pläne zu machen.«
    Warum bloß hatte Lilian das Gefühl, dass das nicht stimmte?

6
    Der Pulli war zu eng. Sie hätte ihn doch eine Nummer größer nehmen sollen. Na ja, es würde schon gehen – und schick war er außerdem. Aber bei dem Preis durfte er das auch sein.
    Lena wusch sich die Hände, zog den Lippenstift nach und verließ die Toilette. Nach dem Kauf der Gymnastikanzüge war sie noch in einer anderen Boutique hängen geblieben. Als sie den Rippenpulli aus schwarzem Seidengarn gesehen hatte, hatte sie wie immer nicht widerstehen können. So einen ähnlichen hatte sie zwar schon, aber der hier war ohne Muster und wirklich was Besonderes, den musste sie haben.
    Auf dem Gang begegnete sie einer Kollegin, die im Büro für den inländischen Vertrieb arbeitete. Neugierig glotzte die aufgetakelte Tussi sie an, grüßte sie sogar übertrieben

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