Kau Dich gesund
Manstelle sich vor, ich hätte an diese verhängnisvollen Allgemeinplätze geglaubt. Dieses Buch wäre nie entstanden. Vielleicht wäre ich auch nicht mehr am Leben. Und wenn, dann tablettensüchtig oder einer anderen schmerzstillenden Droge verfallen.
Bei allem Respekt vor der Wechselbeziehung von Körper, Geist und Seele. Chronisch kranke Menschen – bei denen überhaupt keine Therapie und kein Medikament mehr hilft – müssen aufpassen, daß sie sich nicht aufgeben, sich nicht unter dem Deckmäntelchen der psychosomatischen Medizin verstecken und ihre Beschwerden von den Ärzten in diese Schublade stecken lassen. Ich kann mich erinnern, wie ich bei neuen Ärzten gar nicht mehr sagte, daß ich Schauspieler sei, bloß um nicht von vornherein als »sensibler Künstler« abgestempelt zu werden, der’s ja mit dem Magen haben muß.
Ganz anders bei Prof. Dr. Sack, ein guter Mensch und guter Arzt. In seiner wunderschönen Nymphenburger Praxis fühlte ich mich vom ersten Augenblick an richtig wohl. Seine angenehme freundliche Stimme, die ruhige Atmosphäre, die er verbreitete, all dies machte mich zuversichtlich für die bevorstehende Konsultation. Und Dr. Sack wollte es genau wissen. Nachdem er in meine Vita (sprich: jahrelange Odyssee) eingeweiht war, schlug er vor, daß wir alles noch einmal total durchchecken. Er vermutete wegen der noch immer ungeklärten Oberbauchbeschwerden (oder wie’s im Fachjargon hieß: rezidivierendes Gastroduedenal-Syndrom) eine Stoffwechselerkrankung. Dr. Sack nahm diverse Untersuchungen vor, auch – um ganz sicher zu gehen – eine Gastroskopie. Das ist die berühmte Kamera, die man mittels eines Schlauches vom Mund aus in den Magen geschoben kriegt. Fazit: Auch für Dr. Sack gab es keinen Hinweis auf die von mir beschriebenen Beschwerden (auch nicht nach der histologischen Untersuchung). Weitere Untersuchungen folgten. Ohne Ergebnis. Doch ich hatte bei Dr. Sack nie das Gefühl, »nur« Patient zu sein. Er behandelte mich wie einen Menschen, wie einen mündigen Patienten, der immer motiviert war, sein Problem selbst zu lösen.
Zu dieser Zeit (Herbst ’89 bis Frühjahr ’90) hörte ich von der Existenz eines geheimnisvollen Bakteriums mit dem Namen »Campylobacter pyloridis« (heute »Helicobacter pylori«). Es hieß, dieses Bakterium würde sich trotz der im Magen befindlichen Salzsäure im Magen-Darm-Trakt aufhalten und erfolgreich vermehren. Eine sensationelle Entdeckung!
Die »Campis« waren plötzlich für (fast) alles verantwortlich: Magengeschwüre, Magenschleimhautentzündungen. Überhaupt alles, was bisher als therapieresistent galt und Oberbauchbeschwerden verursachte, wurde nun plötzlich auf diese »Campis« geschoben.
Ein Bakterium, das salzsäureresistent ist – das ist es! Das ist die Lösung meines Problems!
Ich berichtete Dr. Sack von meiner Entdeckung. Ich hatte auch schon Informationsmaterial über die »Campis« dabei. Ich wollte meinen Fall doch endlich selbst in die Hand nehmen. Und auch hier ein Kompliment für Prof. Dr. Sack: In meinem ungestümen Forschungsdrang behandelte er mich wieder zuvorkommend und reagierte wie ein Freund, wie ein richtiger Partner. Vor allem ließ er mir das Gefühl, daß ich weiter Regie führen durfte im Drama meiner Gesundwerdung. Prof. Sack machte wegen meines Verdachtes auf »Campylobacter pyloridis« erneut eine Gastroskopie. Ich schluckte diese scheußliche Kamera bestimmt schon zum zwölften Male. Und tatsächlich: In der spezialhistologischen Untersuchung stieß man im Labor auf ein ganzes Heer von Bakterien der Sorte »Campylobacter pyloridis«. So paradox es klingt, aber ich war glücklich, endlich die Ursache meines Leidens gefunden zu haben. Um den feindlichen »Campis« in meinem Magen den Garaus zu machen, wurden mir die damals (1989) noch dafür angezeigten Wismuth-Präparate verschrieben. Ich nahm sie fleißig ein, doch die Schmerzen blieben. Monatelang schluckte ich Wismuth-Präparate, doch die Schmerzen blieben.
Dafür bekam ich Verstopfung. Schließlich trat auch noch Speichelmangel ein, worauf ich schon aus beruflichen Gründen besonders allergisch reagierte. Mit trockenem Mund kann man nicht richtig sprechen, zumindest nicht phonetisch korrekt. Das Handwerkszeug des Schauspielers ist lahmgelegt.
Die »Campis«, meine letzte ganz große Hoffnung, auch sie kamen also nicht in Frage als Ursache meiner Oberbauchbeschwerden. Ein anderer Arzt verschrieb mir sogar Antibiotika, für den Fall, daß die »Campis«
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