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Kau Dich gesund

Kau Dich gesund

Titel: Kau Dich gesund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Schilling
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mich wahnsinnig. Seit 20 Jahren Tag und Nacht. Grausam! Und plötzlich hatte ich die Idee! In dieser Stunde der totalen Verzweiflung, der Schmerzen, des beruflichen Zeitdrucks kam es wie ein Blitzstrahl über mich.
    Was hatte vor zwei Jahren dem Hund meiner Mutter geholfen? Das harte Brot. Das Kauen. Das Einspeicheln des harten Bissens. Der Hund konnte sein Fressen nicht mehr runterschlingen, weil das Brot hart war. Er mußte es notgedrungen kauen, einspeicheln, um es überhaupt schlucken zu können. Und später die kleinen Bröckelchen hätte er ja jederzeit auch schlucken können, doch er tat es nicht. Es mußte ihm also besser geschmeckt haben, weil er länger darauf kaute. Lola nahm durch diese (Fr)eßweise sofort ab, verlor den Heißhunger, wurde schlagartig gesund. Es dämmerte mir immer mehr. Ich hattees doch auch schon einmal probiert, meine Schmerzen hatten sofort nachgelassen. Doch nach kurzer Zeit waren mir die Bissen wieder zu früh den Schlund hinuntergerutscht, wie gewohnt, ich erinnerte mich genau. Ich hatte damals in meiner Paderborner Theaterwohnung überall Zettel aufgehängt:
    »Jeden Bissen mindestens 30 Mal Kauen!«
    Doch es gelang mir nicht, ich hatte nicht die geringste Chance. Warum nicht? Mir wurde folgendes klar: Ich war mit meinem Bewußtsein nicht beim Essen. Ich war mit meinem Bewußtsein nicht ganz im Mund. Ich spürte den Bissen noch nicht intensiv genug. Ich fragte mich, warum ich den Bissen nicht spürte, warum mich die Gedanken wegholten. Wie kann ich mit meinen Gedanken, mit meinem Gefühl, mit meinem ganzen Bewußtsein intensiv beim Bissen im Mund bleiben? Es müßte doch irgendwie möglich sein, genau so, wie man doch beim Autogenen Training den Körper, die Schwere, die Wärme spürt und beim Yoga den Atem. Warum funktioniert es da? Warum nicht beim Bissen im Mund? Bei der wichtigsten Handlung unseres Lebens. Wie oft habe ich schon gelesen, daß unsere Nahrung, ungenügend gekaut, in unserem Darm Fäulnis, Gärung, gefährliche Gifte hinterläßt und dadurch den Organismus, den ganzen Menschen krank macht. Mein Übergewicht, mein Heißhunger konnte nur mit dem Kauen zusammenhängen. Unserem Hund Lola hatte es geholfen. Mir hatte es geholfen, bis mich die Gewohnheit des hastigen Schluckens wieder einholte.
    Es muß doch möglich sein, durch Konzentration den Bissen länger als gewohnt im Mund zu behalten. Wie konzentriere ich mich noch intensiver auf das Essen? Wie konzentriere ich mich auf den Bissen?
    »Jeden Bissen mindestens 30 Mal kauen!« hatte ich damals auf all die Zettel in meiner Wohnung geschrieben. Doch hatte ich die 30 Kaubewegungen mitgezählt? Natürlich hatte ich nicht mitgezählt. Wie konnte ich dann wissen, daß ich 30 Mal gekaut hatte? Die Gedanken hatten mich doch bestimmt schon nach der fünften Kaubewegung vom Bissen weggeholt.
    Wie kann ich die Kaubewegungen kontrollieren, steuern? Wie kann ich noch konzentierter dranbleiben am Bissen? Ich hab’s! Zählen, zählen ist die Lösung! Ich muß zählen. Jede Kaubewegung muß ich zählen, schweigend mitzählen. Jeden Bissen regelrecht auszählen. Nur so bleibe ich mit meinen Gedanken, mit meinem ganzen Gefühl auch ausschließlich beim Bissen im Mund.
    Das war es! Das mußte es sein! Ich fühlte es instinktiv. Ich war total aufgekratzt, ging in die Küche, nahm ein kleines Stückchen Brot in den Mund, fing an zu kauen mit dem Vorsatz, es nicht gleich zu schlucken, sondern jede Kaubewegung mitzuzählen, bis das Stückchen Brot verflüssigt war. Ich zählte, war total motiviert. Sofort spürte ich dieses Stückchen Brot ganz anders auf meiner Zunge als früher. Ich spürte, wie der Speichel floß und das Brot auflöste. Ich spürte viel mehr als sonst. Wie herrlich schmeckt trockenes Brot! Unglaublich! Ich konzentrierte mich total auf den Vorgang im Mund, schloß sogar die Augen dabei. Ich empfand den Geschmack des Brotes auf eine ganz neue wunderbare Weise. Ich war jetzt bei der achten Kaubewegung. Schon spürte ich, wie der halbaufgelöste Bissen in Richtung Schlund gezogen wurde und »verschwinden« wollte. Aber ich ließ mich nicht überrumpeln. Vierzig Kaubewegungen hatte ich mir für diesen einen Bissen vorgenommen. Und die schaffte ich! Nichts rutschte mehr zu früh runter! Die Zunge hatte alles unter Kontrolle. Ich war mühelos bei Kaubewegung Nummer zwanzig angelangt. Und etwas Wunderbares passierte: Der Bissen Brot schmeckte immer besser. Einfach riesig!
    Ich zähle weiter, schließe wieder die Augen, um

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