Kay Susan
was nicht der Fall sein wird . . . so werden Sie trotzdem ein geistig und körperlich gebrochener Mann sein, weil Sie sich in jeder wachen Stunde jedes Tages mit knauserigen Bürokraten und diebischen Bauleuten herumschlagen müssen. Sie werden ein physisches Wrack sein, bevor die mit Ihnen fertig sind, Garnier. Sie sind nur noch zu unerfahren, um das zu wissen. Also seien Sie vernünftig und akzeptieren Sie mein Angebot. Ich biete Ihnen die Möglichkeit, Ihr Schäfchen bequem ins trockene zu bringen. Gibt es nichts, was Sie gern für sich selbst und Ihre Frau bauen würden?«
Er runzelte die Stirn, schob mit einer gereizten Bewegung seinen Stuhl zurück und stand unruhig auf. Er war ein kleiner, unscheinbarer Mann und gab sich mit einer gewissen Arroganz, die mich zu ärgern begann. Dieser Mann war stolz auf seine bescheidenen Anfänge, so stolz, daß er sich trotzig nur fünfzehn Gehminuten von dem Elendsviertel entfernt niedergelassen hatte, in dem er zur Welt gekommen war.
Stimmte es wirklich, daß jeder einen Preis hatte?
»Und wenn meine moralischen Vorbehalte mir nicht gestatten, dieses Geld für meine eigenen Zwecke zu verwenden?« sagte er plötzlich.
Ich zuckte die Achseln und richtete mich darauf ein, meinen Kurs ein wenig ändern zu müssen.
»Wenn Sie bis zum Überdruß mit Anordnungen belästigt werden, Sie sollten in jeder Bauphase weniger Männer beschäftigen und billigere Materialien verwenden, kommt es Ihnen vielleicht gelegen, über einen kleinen Zuschuß verfügen zu können, von dem Ihre Auftraggeber nichts wissen.«
Er nickte, als sei das etwas, das er schon eher akzeptieren könne.
»Sie haben zwei Kostenvoranschläge mit sehr unterschiedlichen Zahlen vorgelegt«, fuhr Garnier fort. »Vielleicht haben Sie die Güte, mir Ihre Gründe dafür zu erläutern.«
Ich seufzte. Es war mühsam, wenn man gezwungen war, jedes kleinste Detail zu erklären, und ich glaubte nicht einen Augenblick lang, daß er so einfältig war, wie er sich zu geben versuchte.
»Der höhere Voranschlag ist für das Ministerium. Der niedrigere beziffert das reale Honorar, das ich erwarte.«
Etwas erstaunt sah er mich an.
»Diese Zahlen sind ganz unhaltbar«, protestierte er. »Sie würden mit Verlust arbeiten müssen, um sie einzuhalten. Arbeiten Sie für gewöhnlich umsonst, Monsieur?«
»Nur, wenn es mir Spaß macht. Ich bin ein reicher Mann, Garnier. Es besteht kein Grund, daran zu zweifeln, daß ich mir dieses kleine Vergnügen leisten und Ihren guten Willen erkaufen kann.«
»Es handelt sich um ein Projekt der Regierung«, bemerkte er streng. »Sie müssen sich darüber klar sein, daß es korrekte Vorgehensweisen gibt, an die ich gebunden bin.«
Ich lachte.
»Es gibt nur wenige Dinge auf diesem Planeten, die korruptionsanfälliger sind als ein Regierungsprojekt. Ich könnte mich jahrelang in den Akten des Ministeriums der schönen Künste verstecken. Die endgültige Entscheidung über diejenigen, die den Bau letztlich ausführen, liegt bei Ihnen.«
Er trat hinter dem Schreibtisch hervor und beugte sich zu mir.
»Ich glaube nicht, daß Bauausführung das ist, womit Sie sich gewöhnlich beschäftigen. Sie sind Architekt, nicht wahr?«
Wieder lächelte ich grimmig hinter der Maske. Dieser Mann war kein Narr.
»Ich bin auf vielen Gebieten kompetent«, sagte ich kühl. »Für den Augenblick führe ich Bauarbeiten aus. Von einer beruflichen Rivalität zwischen uns kann keine Rede sein.«
»Aber es hätte sie geben können«, beharrte er scharfsinnig. »Ich denke, daß ich mich mit dieser Annahme nicht irre, oder?«
Ich erwiderte darauf nichts.
Mit einem Mal wußte ich, daß es töricht von mir gewesen war, heute abend herzukommen. Dieser Mann war so ehrlich, wie man nur sein kann. Was in Gottes Namen hatte mich nur glauben lassen, ich könnte mit einer so unerhörten Verrücktheit zum Ziel gelangen?
»Es tut mir leid, daß ich Ihre Zeit vergeudet habe«, sagte ich düster und erhob mich. »Vergessen Sie, was geschehen ist . . . vergessen Sie, daß Sie mich je gesehen haben. Ich werde Sie nicht wieder belästigen.«
»Einen Augenblick.«
Er starrte die Maske plötzlich mit einem so intensiven Interesse an, daß es mir tiefes Unbehagen bereitete. »Bitte, nehmen Sie wieder Platz«, fuhr er fort, einen überraschend herzlichen Ton in der Stimme. »Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
Aus einem Ordner in der untersten Schublade seines Schreibtischs nahm Garnier eine Handvoll Papiere und reichte sie mir.
»Ich glaube, Sie werden
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