Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman
gelernt hatte, dann war es der Wert, Hilfe anzunehmen. Menschliche Hilfe. Ihre Firma zu vergrößern war immer ihr Traum gewesen. Sie hatte nur nicht zu hoffen gewagt, dass es so schnell gehen könnte!
»Überlasen Sie alles mir, Mr Stockland.« Sie schlug ihren geschäftsmäßigsten Tonfall an. »doorman-dot-com wäre mehr als glücklich, Ihnen zu Diensten sein zu können. Sie werden nicht enttäuscht sein. Das verspreche ich Ihnen.«
Sie besiegelten es per Handschlag. »Ich weiß«, antwortete ihr neuer Großkunde. »Und bitte, nennen Sie mich Aaron.«
19.45 Uhr
Innerlich erwärmt von dem neuen Geschäft und dem Glas Wein spazierte Christy durch die nassen, überfüllten Straßen zurück zur Penn Station, an der all ihre Probleme begonnen hatten. Ihre Stimmung schwankte zwischen Begeisterung über den Vertrag mit dem Clint’s und Trübsinn über den Verlust des geliebten Apartments. Und dann war da natürlich auch noch Will. Wieso nur?
Sobald sie an ihn dachte, bekam sie ein flatteriges Gefühl im Bauch. Kaum war sie aus dem Clint’s heraus, hätte sie ihn am liebsten angerufen, um ihm die guten Nachrichten mitzuteilen. Ebenso sehr hatte sie sich gewünscht, ihm ihr Herz über den Verlust des Apartments ausschütten zu können. Will würde sowohl ihre Freude als auch ihren Kummer verstehen. Aber sie konnte ihn nicht anrufen!
Sie hatte seine Nummer nicht.
Natürlich konnte sie ihn über Annie kontaktieren und würde das auch irgendwann tun, um sich für seine Hilfe
zu bedanken. Aber was ihre nicht existente Beziehung anging, war es an der Zeit, sich zurückzuziehen. Was für eine trostlose Perspektive.
Als sie gegen Viertel vor acht an der Penn Station ankam, herrschte dort eine gespenstische Atmosphäre. Christy konnte anfangs nicht ausmachen, woran das lag, aber dann sah sie es: Sämtliche Anzeigetafeln waren schwarz. Es gab keinerlei Informationen über Ankunfts- und Abfahrtszeiten von Zügen. Menschen liefen umher wie verirrte Schafe. Das Handy ans Ohr gepresst eilten sie orientierungslos herum, auf der Suche nach Informationen.
»Nein!«, jammerte Christy laut. »Ich werde es niemals auf diese Party schaffen!« Kopfschüttelnd dachte sie daran, dass ihr iPhone sie mit ein paar Knopfdrücken mit allen nötigen Informationen versorgen könnte. Als hätte sich heute die gesamte Technik gegen sie verschworen, um ihr den Tag - und jetzt auch noch den Abend - zu ruinieren.
Sie versuchte sich zu erinnern, auf welchem Bahnsteig sie heute Morgen angekommen war. Überall auf den Gleisen standen Züge, aber auf keinem der Leuchtschilder über den Frontscheiben stand ein Ziel, das ihr bekannt vorkam.
Verloren stand Christy inmitten der umhereilenden Menschen auf dem Bahnsteig. Sie war kurz davor, zu schreien.
Aber dann kam ihr eine Idee. Was hatte sie heute Morgen noch auf dem Display ihres iPhones gelesen? Arbeitete hier nicht Mrs Dallaglios Sohn? Wie war nochmal sein Name? Pietro?
»Genau!«
Als Christy energisch ihre Handtasche schulterte und auf das Büro mit dem Schild »Nur für Personal« zumarschierte, schenkte ihr niemand Beachtung. Sie klopfte fest an die Tür.
Der Asiate, der ihr öffnete, wirkte wenig begeistert, als er sie sah.
»Wir wissen auch nichts«, knurrte er. »Warten Sie, wie alle anderen, bis die Anzeigetafeln wieder funktionieren, Lady.«
Christy war ebenso erstaunt wie froh, dass es ihr urplötzlich gelang, in die Rolle einer Frau zu schlüpfen, mit der man sich besser nicht anlegte. Sie nahm eine gebieterische Haltung ein und sprach den Mann mit äußerster Distanziertheit an.
»Sir, ich muss Pietro Dallaglio sprechen. Es ist wichtig. Bitte.«
Erstaunlicherweise schien es zu funktionieren.
Der Mann deutete ein Grinsen an, schloss die Tür bis auf einen Spalt wieder und ging davon. Aus dem Raum drang unangenehmer Zigarettengestank.
Pietro Dallaglio war ein völlig anderer Typ. Er war etwa neunzehn Jahre alt, zierlich und sah aus wie ein niedlicher Streber. Als er Christy erblickte, breitete sich in seinem Gesicht ein fragender Blick aus, dann lächelte er zur Begrüßung und entblößte dabei seine perfekten Zähne.
»Hallo, kennen wir uns?«
»Ähm, nein.« Christy erklärte ihm rasch, wer sie war und dass sie seine Mutter kannte. Glücklicherweise erfüllte das seinen Zweck.
Er verdrehte die Augen. »Mom will, dass ich Anwalt werde«, sagte er lächelnd. »Dabei wollte ich nie etwas anderes werden als Lokführer.«
»Freut mich für dich!«, antwortete
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