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Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman

Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman

Titel: Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Hepburn
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Verkauf deines Elternhauses für dich belanglos ist?«

    Carl Thompson erstarrte in seiner Bewegung und atmete hörbar. Dann öffnete er die Tür zu seinem Arbeitszimmer und betrat es.
    »Na toll!«, brüllte Will ihm hinterher. »Wie du willst. Warum auch lebenslange Gewohnheiten ablegen!«
    Die Tür wackelte in den Scharnieren, als sein Vater sie hinter sich zuknallte.
    Will hätte am liebsten gegen die Wand gehauen.
    »Ähm, wie wäre es jetzt mit einem Bier?«, fragte Nina zaghaft.
    »Wie? Nein. Nein danke, meinte ich«, antwortete Will um Fassung bemüht und sich gerade noch rechtzeitig an Mister Gute-Manieren erinnernd. »Ehrlich gesagt, trinke ich normalerweise vor elf Uhr vormittags nicht, Nina.«
    »Ja, natürlich.« Nina sah auf ihre Armbanduhr. »Kaffee?«
    »Nichts. Danke.«
    Will ließ sich auf die Eichenbank unter den Kleiderhaken neben der Haustür fallen. Wütend rieb er sich über die Stirn und überlegte, ob sie je zuvor so heftig gestritten hatten wie gerade eben.
    »Er steht unter großem Stress«, sagte Nina leise und setzte sich ans andere Ende der Bank.
    Will lächelte Nina kläglich an. »Nina, wie soll ich es ausdrücken …«
    »Leise bitte«, mahnte sie.
    »Er ist Dichter, Nina. Ein Poet . Was in aller Welt soll daran stressig sein? Was bringt denn einen Dichter schon um den Schlaf? Findet er vielleicht keinen Reim auf das Wort ›Orange‹? Da reimt sich nichts drauf, das hätte ich
ihm gleich sagen können. Er könnte es ja stattdessen mit Birne versuchen. Birne, Gestirne, Dirne - fertig - kein Stress mehr!«
    »Sie sind wütend.«
    »Nein, verdammte Sch…« Er verkniff sich den Kraftausdruck gerade noch. »Was Sie nicht sagen, Sherlock Holmes.«
    »Hören Sie, Will. Es mag für Sie schwer nachvollziehbar sein, aber er arbeitet momentan an einer wirklich großen Sache. Ich habe ihn nie zuvor so konzentriert erlebt.«
    »Ich schon«, fiel Will ihr ins Wort. »An fast jedem Tag meiner Kindheit.«
    Nina seufzte. »Seine Texte sind wunderschön, Will. Und er ist ein guter Mensch. Ich weiß auch nicht, warum ihn gerade dieses Projekt so nervös macht.«
    »So war es immer mit ihm.«
    »Schon«, stimmte Nina zu, »aber dieses Mal ist es doch anders. Der Tod seines Vaters ist keineswegs spurlos an ihm vorbeigegangen.«
    »Glauben Sie?« Will konnte sich seinen verbitterten Ton nicht verkneifen. »Dann hat er eine ziemlich ulkige Art, das zu zeigen.« Er sah sie an und lächelte. »Ich bin beeindruckt von Ihrer Loyalität.«
    Sie zuckte die Achseln. »Wie ich schon sagte, wir passen zusammen. Zwei Eigenbrötler.« Sachte schubste sie seinen Arm an. »Ich muss in die Stadt, um ein paar Sachen zu erledigen. Soll ich Sie mitnehmen? Oder sind Sie mit dem Auto hier?«
    Will schüttelte den Kopf. »Ich hab den Zug genommen, weil ich unterwegs arbeiten wollte.«

    »Gute Idee. Und umweltfreundlicher dazu. Außerdem sind Züge ein wunderbarer Ort, um sich zu konzentrieren, stimmt’s?« Sie langte über Wills Kopf und nahm einen rosa geblümten Rucksack vom Haken.
    Will dachte an seine Fahrt und musste lächeln. »Normalerweise schon, aber heute war ich, nun ja … ständig abgelenkt.« Er sah wieder das Mädchen im Zug vor sich. Sie hatte wunderschönes Haar. Er hätte es gern berührt. Nicht nur das Haar.
    »Also?«, hakte Nina nach. »Soll ich Sie mitnehmen?« Ihre Frage holte Will in die Realität zurück. Er blickte hinüber zur Tür des Arbeitszimmers und atmete laut aus.
    »Gern«, antwortete er und erhob sich mit einem Ruck von der Bank. »Hier gibt’s für mich eh nichts mehr zu tun.«
     
    Christy
11.53 Uhr
    Bis zwölf Uhr mittags- Mr Simpson nicht da.
     
    »Er hat gesagt, er würde bis zwölf warten«, sagte Christy noch einmal, eilte dem Kaugummi kauenden Mädchen hinterher und legte ihr flehentlich die Hand auf den Arm. »Wir haben jetzt 11.53 Uhr. Ich bin sogar zehn Minuten früher da.«
    Das Mädchen blieb stehen und warf einen Blick auf die Armbanduhr. »Genau genommen ist es jetzt 11.54, aber
wen interessiert’s?« Sie musterte Christy noch einmal von oben bis unten und schien nicht viel von ihr zu halten. Das Mädchen war offenbar fest entschlossen, jetzt Mittagspause zu machen, und hatte nicht vor, umzukehren und für irgendjemanden das Büro noch einmal aufzuschließen. »Er ist vor fünf Minuten gegangen.«
    Leise verwünschte Christy ihr Pech.
    »Sind Sie diese Davies?«
    »Ja, die bin ich«, antwortete Christy so würdevoll wie es ihr angesichts dieser Situation möglich war.

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