Kein Blick zurueck
deine verdammten Ideen haben dich ruiniert, Mamah«, hatte er sie angeschrien. »Sogar die Kinder sind für dich eine abstrakte Vorstellung.«
Sie würde ihn niemals wissen lassen, dass sie inzwischen den wahren Kern dieser Worte erkannte. Während sie im Wald hockte, sagte sie es zu sich selbst. Ich war nicht dort, wo ich hätte sein sollen. Nicht im Entferntesten.
Eines Nachmittags gegen Ende Juli waren Mamah und die Kinder im Speisesaal des Ferienlagers zurückgeblieben, nachdem alle anderen ihn nach dem Mittagessen wieder verlassenhatten. Jemand hatte den Kindern gezeigt, wie man Knoten knüpft, und beide hatten bei ihren Vorhaben einen Wirrwar angerichtet. Sie saßen unter einem Deckenventilator und sahen ihrer Mutter zu, wie sie das Seil entwirrte, als ein Hund in den Speisesaal hereinspazierte. Außer ihnen war nur noch ein beschürzter Küchenhelfer da, der das verschmutzte Geschirr in das Spülbecken räumte. Als er auf das Tier aufmerksam wurde, machte er Anstalten, es zu verscheuchen.
John sprang auf und ging auf den Hund zu, um ihn zu begrüßen. Er war mittelgroß und pechschwarz, mit einer langen Schnauze, langen Ohren und einem zottigen Fell, das unter der Schnauze herabhing wie ein Bart.
»Wissen Sie, wem dieser Hund gehört?«, fragte Mamah den Küchenhelfer. Sie wollte umgehend die Kinder beschützen. »Nein, Ma’am«, sagte er, »hab ihn noch nie gesehen.«
Sie und Martha gingen ebenfalls auf das Tier zu, um es näher in Augenschein zu nehmen. »Geht nicht zu nahe hin«, mahnte Mamah. Doch John war bereits auf den Knien, und der Hund leckte ihn ab.
»Er hat Durst«, sagte der Junge. Er ging zu einem Stapel mit schmutzigem Geschirr und nahm zwei Schalen. Die eine füllte er mit Wasser, die andere mit einem Rest Hackbraten von einem Teller.
»Er schwitzt«, sagte Martha und blieb in sicherer Distanz. »Nun, er hat einen dicken, schweren Pelz, nicht wahr?«, sagte Mamah. »Wir sollten zum Manager gehen und ihn fragen, ob er ihn kennt. Er sieht ganz sauber aus. Ich wette, dass ihn bereits jemand vermisst.«
John nahm ein Stück seiner Knotenschnur und machte daraus eine Leine. Auf dem Weg zum Haupthaus trottete der Hund neben dem Jungen her, als wären sie alte Freunde. »Den hab ich noch nie gesehen«, sagte der Manager. »Under gehört niemandem von hier, denn ich kenne alle mitgebrachten Haustiere.«
»Und wie steht es mit den Nachbarn?«
»Nicht dass ich wüsste. Aber es gibt hier etliche Farmen. Könnte ein Streuner sein.«
»Dürfen wir im Ferienlager Zettel aufhängen?«
»Sicher. Der Fahrer kann sie auch herumfahren, wenn sie sich bei den Nachbarn erkundigen wollen.«
Martha machte ihrer Mutter mit dem Fingerchen ein Zeichen. Mamah war sehr überrascht und beugte sich sofort zu ihr hinunter. »Können wir ihn heute Nacht in unserer Hütte behalten?«, wisperte Martha.
Mamah richtete sich auf. »Wir behalten ihn heute Nacht in unserer Hütte«, sagte sie zu dem Manager.
Er zuckte die Schultern. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, macht es mir auch nichts aus.«
Sie nahmen den Hund mit, als sie an den Telefonmasten neben der Straße Zettel aufhängten. Später fuhr der Chauffeur des Ferienlagers sie zu drei benachbarten Farmen, wo sie nachfragten, ob jemand ein Haustier vermisste. Niemand kannte den schwarzen Hund.
»Handelt sich vielleicht um einen entlaufenen Jagdhund, allerdings ist zur Zeit noch keine Jagdsaison«, überlegte der letzte der Farmer. »Vielleicht hat ihn auch jemand auf der Straße ausgesetzt. Die Städter tun so was, bringen sie hier heraus und lassen sie laufen.«
Die Kinder hockten sich wieder auf die Fersen und streichelten den Hund. Der Bauer hob die Ohren des Hundes hoch, sperrte sein Maul auf und schaute hinein, hob den Schwanz, um sich den After anzusehen, und inspizierte dann die Pfoten. Martha und John verfolgten die Prozedur mit ihren Blicken.
»Er ist eine Welpe«, sagte der Bauer. »Und kerngesund – ichkann weder Würmer noch Schrunden erkennen. Wird ein großer Kerl werden.«
»Ich glaube, er hat Anteile von einem Wolfshund«, sagte Mamah.
»Ich würde ihn nehmen, wenn niemand Anspruch auf ihn erhebt«, sagte der Mann.
Auf dem Weg zurück zum Ferienlager sprach John aus, was sie alle dachten. »Papa wird nicht zulassen, dass wir den Hund behalten.«
Edwin hatte nie einen Hund im Haus dulden wollen. Hunde brachten ihn zum Niesen und verloren überall Haare. »Schatz, der Hund gehört jemandem«, sagte Mamah. »Er ist zu sauber, um im Freien
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