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Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
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Gefühl, mit dem Kopf gegen die immergleiche alte Wand anzurennen.
    Dann stieg Zorn in ihr auf. Ihr kam in den Sinn, dass Ellen Keys Ideen sich inhärent selbst widersprachen. Mamah war schon beim Übersetzen auf Widersprüche gestoßen, doch keiner war so entmutigend und verwirrend gewesen wie dieser. Was wollte Ellen, dass sie tun sollte? Den Kindern zuliebe zu Edwin zurückkehren? Welche Ironie, wenn man bedachte, was sie über das Verbleiben in einer ungeliebten Ehe geschrieben hatte – dass dies mit Prostitution gleichzusetzen sei.
    »Ich habe das Gefühl, als hätte ich eine Freundin verloren«, sagte Frank, als Mamah ihm den Brief vorlas. Er war müdevon der Bahnfahrt aus Chicago und hatte die Beine vor dem Kamin ausgestreckt. »Du weißt, dass du recht hast. Es klingt so, als wollte sie, dass du zu Edwin zurückkehrst.«
    »Das Seltsame ist, dass ich dachte, ich hätte ihr meine Situation unmissverständlich dargestellt. Ich dachte, sie wüsste, dass ich das nicht tun würde.«
    »Hast du ihr erzählt, dass du nach Wisconsin kommen würdest, nachdem du aus Europa zurückgekehrt warst?«
    »Nein. Sie hat nicht gefragt. Wir haben beinahe ausschließlich über Geschäftliches gesprochen, als ich das letzte Mal in Strand war. Sie hat mir diverse Anweisungen gegeben und mir neue Aufgaben übertragen. Sie war sehr positiv. Sie sagte: ›Sie werden mein Sprachrohr in Amerika sein.‹ Das Sprachrohr. Daran erinnere ich mich, weil es aus ihrem Mund ein so seltsames Wort zu sein schien. Wir planten die gesamte Strategie, ihre Ideen in dieses Land zu bringen, und es war unglaublich aufregend.«
    »Jemand hat sie beschwatzt. Vielleicht hat Hübsch ihr diesen Artikel aus dem Examiner geschickt, um dich in Verruf zu bringen.«
    »Nun, ich kann verstehen, dass es für Ellen nicht besonders gut aussieht, ausgerechnet mich als Übersetzerin zu haben. In letzter Zeit gab es jedoch auch andere Dinge, die ich vor mir selbst nicht wahrhaben wollte. Zum Beispiel deutet sie in ihren Briefen an, dass du und ich in irgendeiner Weise mit ihren Büchern Geld verdienten, von dem wir sie nichts wissen ließen. Das ist lächerlich, nicht wahr? Ich habe ihr erklärt, dass du es bist, der Geld aus eigener Tasche gezahlt hat. Und dann ist da dieser Hübsch. Hat sie ihm tatsächlich die Übersetzungsrechte übertragen? Ich bin mir nicht sicher, ob sie sich genau erinnern kann, wem sie was versprochen hat. Mit Sicherheit weiß ich, dass sie sich nicht mehr genau daran erinnert, wofür sie mir ihre Zusage gegebenhat.« Mamah schüttelte den Kopf. »Hier stellt sich mir die Frage, ob ich sie tatsächlich gut kenne. Bevor ich sie kennenlernte, habe ich mich ihr allein durch die Lektüre ihrer Bücher näher gefühlt als beinahe jedem anderen Menschen in meinem Leben, dich einmal ausgenommen. Und dann von ihr in Schweden willkommen geheißen zu werden, beinahe wie eine Tochter – es war wundervoll. Jetzt habe ich allerdings das Gefühl, bei ihr in Ungnade gefallen zu sein.«
    Frank schüttelte den Kopf. »Jetzt warte. Sie hat dich gebeten, weiter für sie zu übersetzen. Als du sie besuchtest, nannte sie dich ihr Sprachrohr. Möchtest du immer noch ihre alleinige Übersetzerin in Amerika sein?«
    »Mehr als alles andere. Ich habe ihr schon immer gesagt, dass es mir nicht ums Geld geht. Du weißt das alles, Frank. Ich habe wirklich das Gefühl, dass niemand ihre Arbeit so gut versteht, wie ich das tue. Und es ging immer darum, ihre Ideen einer Allgemeinheit zu vermitteln.«
    »Dann lass dir das nicht durch die Finger gleiten. Wie auch immer, wir bewundern Ellen Key. Selbst ich bewundere sie, und ich habe diese Frau noch nie gesehen.«
    »Ah, Frank«, sagte Mamah traurig.
    Frank hatte das Feuer mit frisch gespaltenem, duftendem Holz aufgestockt. Er benutzte ein Scheit, um die anderen zurechtzurücken, und das Feuer sprühte ihm rote Funken vor die Füße.
    »Macht es dir etwas aus, wenn ich jetzt gehe und ihr auf der Stelle einen Brief schreibe?«
    »Geh«, sagte er. »Ich mache das Abendessen fertig.«
    Liebe Ellen Key. Mamah verwendete nicht wie sonst immer die Anrede Sehr verehrte Dame . Sie fing mit dem Geschäftlichen an und zählte alle fraglichen Punkte auf und wiederholte, worauf sie sich geeinigt hatten, und erinnerte Ellendaran, dass sie Mamah in Amerika zu ihrer alleinigen autorisierten Übersetzerin ins Englische ernannt hatte. Mamah erzählte ihr von Hübschs Raubübersetzung, von der der Verleger behauptete, sie sei von Ellen

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