Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Blick zurueck

Kein Blick zurueck

Titel: Kein Blick zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Horan
Vom Netzwerk:
auf den Gedanken, dass andere Frauen das eventuell schwierig finden könnten. Doch ihr war es nicht ein einziges Mal zur Last geworden. Jeder liebte Lizzie, besonders die Kinder. Edwin brachte ihr große Zuneigung entgegen, die sie erwiderte.
    Sie ist diejenige, die Edwin hätte heiraten sollen, dachte Mamah. Lizzie wäre ihm eine großartige Gefährtin gewesen.
    Sie ging ins Haus und schrieb einen Brief an Mattie.
    Gute Neuigkeiten. Ich habe mich entschlossen, länger als zwei Wochen zu bleiben. Meinst Du, Du könntest für die Kinder und mich eine Pension finden? Wenn wir den ganzen Sommer in Boulder verbringen, weigere ich mich, Dir die ganze Zeit mit unserer Anwesenheit zur Last zu fallen. Kannst Du das für uns tun, liebe Mattie? Wir sind alle gespannt darauf, Dich zu sehen.
    In Freundschaft,
    Mamah
Kapitel 9
    Edwin stand auf dem Bahnsteig in einem Lichtstreifen, in dem Staubpartikel tanzten. Wie alle Männer trug er einen kühlen Sommeranzug, doch Mamah kam es vor, als würde er gleich platzen.
    Von seinem dunkelrot angelaufenen Gesicht tropfte der Schweiß. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und lösten sich wieder. Er stierte an ihr vorbei den Bahnsteig entlang,wo Schaffner Taschen und Kinder die silberfarbenen Stufen des Rocky Mountains Limited hinaufhoben. John lehnte ein paar Meter von seinen Eltern entfernt an einem Pfosten und beobachtete sie.
    »Es tut mir leid, Ed«, flüsterte Mamah. Sie hielt Martha auf dem Arm, deren feuchter Kopf an ihrer Schulter lag. »Ein paar Monate der Trennung werden uns Klarheit bringen.«
    »Warum tust du uns das an?«, knurrte Edwin.
    Mamah kehrte ihm den Rücken zu, doch er redete weiter in einem wütenden Flüsterton auf ihren Hinterkopf ein. »Denkst du, du seist die erste Frau, die auf diesen Dummkopf hereinfällt? Komm in Gottes Namen zur Besinnung.« »Bitte, Ed. Ich brauche ein bisschen Zeit.«
    »Wenn er sich dort draußen blicken lässt, dann helfe mir Gott…«
    Der Zug ließ einen Pfiff ertönen. Die letzten Passagiere stiegen ein. Sie schob ihm für eine letzte Umarmung Martha in die Arme und sah, wie Edwins Körper weich wurde, als er sie auf den Kopf küsste. Er rief nach John und beugte sich zu ihm hinunter.
    Als sie schließlich ihre Plätze erreichten, rollte der Zug bereits. Die Kinder lehnten aus dem Fenster und winkten. Edwin, die eine Hand an seinem Hut, die andere zu einem stummen Auf Wiedersehen angehoben, wurde kleiner und verschwand, während sie sich immer weiter entfernten.
    Martha tapste durch das Abteil, während der Zug klackernd aus der Stadt hinausfuhr, an den Viehhöfen vorbei, wo beschürzte Männern vor langgestreckten Gebäuden standen und an ihren Zigaretten zogen. Mamah deutete auf einen Hund, der im Schatten der Markise vor einem Lebensmittelgeschäft lag, auf das in der Brise sich drehende Schild eines Herrenfriseurs, auf alles Mögliche, um ihre Tochterabzulenken, während der Zug durch die Außenbezirke fuhr, wo die Telefonmasten endeten und die eingefallenen, gerade noch von Strohschobern zusammengehaltenen Scheunen begannen, an bewaldeten Schluchten und Heuwiesen vorbei, durch kleine Farmgemeinden, wo Frauen vor Wäscheleinen mit sich im Wind blähenden Hemden standen und sich mit der Hand die Augen beschatteten. Als Marthas Aufregung sich schließlich langsam legte, sank Mamah erschöpft auf ihren Sitz zurück.
    Schon eine halbe Stunde nachdem sie die Stadt hinter sich gelassen hatten, quälte sie Edwins niedergeschlagenes Winken. In der letzten Woche hatte sie ihren guten Ehemann in der Seele getroffen, und diese Grausamkeit ging ihr nicht mehr aus dem Sinn. Er war nahezu gefallen unter diesem Schlag, fast wie ein Soldat, der von einer Kanonenkugel in den Bauch getroffen wurde. Er war auf das Bett gesunken und hatte sie ungläubig angestarrt.
    Als er in den darauffolgenden Stunden zu sprechen begann, fragte er sie in dem Versuch, das Ganze zu verstehen, nach allen Einzelheiten. Wie konnte so etwas passieren? Es ergab für ihn keinen Sinn.
    Weder Mamah noch Edwin hatten in dieser Nacht geschlafen. Sie hatten geredet – sich gestritten – bis Mitternacht, bis er zum Barschrank rannte, eine Flasche schnappte und zur Seitentür hinaustrat. Als sie gegen drei ins Schlafzimmer gegangen war, um sich eine Decke zu holen und auf dem Sofa zu schlafen, hatte sie draußen im Dunkeln hie und da seine Zigarre aufglühen sehen.
    Am nächsten Morgen hatten sie einander hinten im Garten gegenübergesessen, um ein Gespräch unter vier Augen

Weitere Kostenlose Bücher