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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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natürlich. Aber im Kindergarten sagen die anderen Kinder auch nicht immer die Wahrheit über dich, obwohl du gar nichts getan hast, stimmt’s?«
    Er nickte.
    »Und so ähnlich ist das jetzt auch mit mir. Es gibt Menschen, die behaupten, dass ich böse zu deiner Mom war. Die Leute vom Fernsehen zum Beispiel, verstehst du?«
    Ethan überlegte einen Moment. Dann berührte er meine Hand. »Soll ich mal mit ihnen reden? Ich sage ihnen, dass es gar nicht stimmt.«
    Ich musste den Blick abwenden. Ich tat so, als sei mir irgendetwas in die Augen geraten.
    »Nein«, sagte ich dann. »Lieber nicht. Kümmere dich lieber ein bisschen um Oma und Opa, okay?«
    »Okay.« Plötzlich schien ihm ein anderer Gedanke zu kommen. »Dasselbe hat Mom auch gesagt.«
    »Was?«, fragte ich. »Was meinst du?«
    »Sie hat gesagt, die Leute würden vielleicht Sachen über sie sagen, die gar nicht stimmen – aber dass sie mich immer lieben würde.«
    Ich erinnerte mich daran.
    »Reden die Leute irgendwann auch schlecht von mir?«, fragte er.
    »Nein«, sagte ich, zog ihn an meine Brust und küsste ihn. »Das wird niemals passieren.«
    ***
    Als ich mit Ethan das Haus verließ, sah ich meinen Nachbarn Craig, der gerade zu seinem Jeep Cherokee ging. Seit drei Jahren wohnte er schon neben uns, und seither war kein Tag vergangen, an dem er mich nicht mit einem fröhlichen »Hallo« oder einem belanglosen Kommentar über das Wetter begrüßt hatte. Er war stets umgänglich und freundlich, und wenn er sich meinen Heckentrimmer auslieh, brachte er ihn grundsätzlich sofort zurück, sobald er fertig war.
    Craig warf einen Blick in meine Richtung, brachte aber kein Wort über die Lippen. Ich hob die Hand. »Guten Morgen!«
    Ich bekam nicht mal ein Grunzen zur Antwort. Stattdessen stieg Craig in seinen Wagen, legte den Sicherheitsgurt an und startete den Motor, ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen. Dann setzte er rückwärts aus der Einfahrt und fuhr davon.
    Während ich Ethan in seinen Kindersitz verfrachtete, hörte ich einen Wagen heranfahren und auf Höhe unserer Einfahrt das Tempo drosseln.
    Ich sah auf. Ein Mann in einem Corolla ließ das Fenster herunter, während er im Schritttempo vorbeifuhr. »Na, wer ist als Nächster dran, du Mörder?«, brüllte er herüber. Er lachte, stieg aufs Gaspedal und war im Nu wieder aus meinem Blickfeld verschwunden.
    »Was hat er gesagt?«, fragte Ethan.
    »Ich habe schon Netteres gehört«, sagte ich, während ich seinen Sicherheitsgurt straff zog.
    ***
    Nachdem ich Ethan zu meinen Eltern gebracht hatte, fuhr ich zum Standard . Mir blieb gerade noch Zeit, vor meinem Termin mit Natalie Bondurant vorbeizusehen.
    Zuerst marschierte ich in den Redaktionsraum. Es waren nur wenige Kollegen da, doch alle sahen von ihrer Arbeit auf. Niemand sagte hallo. Es fiel kein einziges Wort, während ich zu meinem Schreibtisch ging.
    Auf meinem Anrufbeantworter befanden sich mehrere Nachrichten. Die meisten waren von den Medienhyänen, die mir bereits zu Hause und bei meinen Eltern aufgelauert hatten. Und dann war da noch ein Anruf – keine Ahnung, ob er echt war oder ob mich jemand auf den Arm nehmen wollte – von den Machern der David-Letterman-Show. Was ich davon halten würde, meinen Fall selbst vor einem Millionenpublikum zu schildern?
    Ich drückte kurzerhand auf die Löschtaste.
    Ich versuchte, mich in meinen Computer einzuloggen, doch es gelang mir nicht. Mein Passwort wurde zurückgewiesen.
    »Verdammt, was ist denn jetzt los?«, zischte ich.
    »Hey«, ertönte eine Stimme hinter mir.
    Es war Brian. »Ich hatte nicht mit dir gerechnet, David – bei all dem, was du momentan am Hals hast«, sagte er, als ich mich zu ihm umdrehte.
    »Ich bin nur auf einen Sprung hier«, erwiderte ich. »Aber du hast recht. Ich habe tatsächlich eine Menge um die Ohren.«
    »Hast du einen Moment?«, fragte er.
    Als wir in seinem Büro standen, schloss er die Tür hinter sich und deutete auf einen Stuhl. Ich setzte mich, und er nahm hinter seinem Schreibtisch Platz.
    »Es tut mir ehrlich leid, dir das sagen zu müssen«, begann er, »aber … Nun ja, du bist vorerst beurlaubt.«
    »Warum, Brian? Glaubst du, ich will ein Buch schreiben?« Das war gewöhnlich der Grund, wenn sich ein Reporter vorübergehend beurlauben ließ.
    Ich wusste genau, wie der Hase lief, doch selbst unter den momentanen Umständen konnte ich es mir nicht verkneifen, Brian die Situation so unangenehm wie möglich zu machen. Noch dazu, wo ich ihn sowieso

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