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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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durchzusägen. Sie hatte die Rolle lang genug gespielt, um den blutigen Job zu Ende zu bringen.
    Zu blöd, dass er ihr Gesicht gesehen hatte, bevor er ohnmächtig geworden war. Und obwohl sie genug Lippenstift und Mascara aufgelegt hatte, um damit eine komplette Damentoilette zu streichen, war ihr die Düse gegangen, ob er sie vielleicht doch irgendwann wiedererkennen würde. Wäre er gleich verblutet, hätte sie sich nicht fünf Jahre lang verstecken, ein anderes Leben beginnen müssen. Plötzlich schwanger, ein Kind, der beschissene Job bei Bertram, ein Leben, das nichts weiter als eine Lüge war …
    Reiß dich zusammen , ermahnte sie sich barsch.
    Eins nach dem anderen. Wir haben die Beute. Jetzt müssen wir sie nur noch zu Bargeld machen. Erst mal sehen, wie das Ganze läuft.
    Dwayne steuerte den Wagen durch Südboston, und Jan fühlte sich bereits nicht mehr ganz so angespannt. Ihr war klar, dass es ausgesprochen unwahrscheinlich war, in einer Millionenstadt wie Boston plötzlich Oscar Fine über den Weg zu laufen, was sie aber nicht weniger nervös gemacht hatte. Doch nun, da sie sich nicht mehr im Stadtzentrum befanden, hatte sie das Gefühl, erst einmal durchatmen zu können. Sie mussten sich nur noch mit diesem Banura treffen, einen Preis für die Diamanten aushandeln, das Geld einsacken, und dann konnte sie ein neues Leben beginnen.
    Sie allein. Sie würde Dwayne abservieren, so oder so.
    Nicht, dass er keine Vorzüge gehabt hätte. Er hatte einen festen, fabelhaft durchtrainierten Körper, und hätte er sie nicht jedes Mal gevögelt, als würde jede Sekunde ein Wärter hereinsehen, wäre er durchaus eine Option gewesen. Außerdem war er der perfekte Komplize gewesen, als sie von dem Diamantenkurier Wind bekommen hatte. Dwayne hatte den Mumm und die Kaltblütigkeit besessen, das Ding mit ihr von A bis Z durchzuplanen und auszuführen. Nur dass er kein Blut sehen konnte. Weshalb ihr die Sache mit der Säge zugefallen war.
    Ja, man konnte nicht alles haben. Aber noch brauchte sie ihn. Schließlich hatte er den Hehler aufgetan.
    Aber sobald sie das Geld hatten, war Dwayne Geschichte. Der einzige Mann, den Jan in Zukunft sehen wollte, war der Bursche, der ihr die Drinks in ihrer Strandhütte servieren würde.
    Eins musste sie David zugestehen. Er war um Lichtjahre intelligenter als Dwayne. Für ein Käseblatt wie den Standard war er eigentlich viel zu gut. Zwei Jahre zuvor hatte er ein Angebot von einer richtig großen Zeitung in Toronto gehabt, doch Jan hatte nicht nach Kanada ziehen wollen. Ihre Papiere waren wasserdicht, aber dem Risiko eines Grenzübertritts wollte sie sich trotzdem nicht aussetzen. Sie hatte David gesagt, dass er seine Eltern todunglücklich machen würde – ein kleiner Appell an sein Gewissen, der schnell Wirkung gezeigt hatte.
    Sobald sie das Geld hatte, würde sie sich eine brandneue Identität zulegen – legitimiert durch absolute Spitzendokumente – und den Vereinigten Staaten ein für alle Mal den Rücken kehren. Thailand klang gut, aber auch die Philippinen standen in der engeren Wahl. Sie wollte irgendwo hin, wo ihr Geld ewig reichen würde. Hier in den USA würde sie jedenfalls nicht bleiben; sie hatte es satt, ständig über ihre Schulter sehen zu müssen.
    David, du armer kleiner Teufel.
    Der brave Kerl hielt sich für einen echten Topreporter, aber ernstlich, was konnte man beim Standard schon erreichen? Mal ganz abgesehen davon, dass er in einer Kleinstadt aufgewachsen war und sich auch genauso benahm. Immer darauf aus, alle Risiken zu minimieren. Stets kümmerte er sich um alles, stets waren die Rauchmelder im Haus mit frischen Batterien ausgestattet, wurden alle Rechnungen sofort bezahlt, und sobald ein Ziegel verrutschte, stieg er schnell aufs Dach, um den Schaden wieder in Ordnung zu bringen. Hochzeitstage vergaß er nie, den Valentinstag ebenso wenig, und manchmal hatte er ihr einen Strauß Blumen mitgebracht, obwohl es gar nichts zu feiern gab – aus heiterem Himmel, einfach so.
    Ein echter Traumtyp, wenn man es recht bedachte.
    Ein perfekter Vater. Und ein perfekter Ehemann.
    Sie schüttelte den Kopf. Schluss jetzt.
    Dwayne kniff die Augen zusammen und spähte durch die Windschutzscheibe.
    »Ist es zu fassen?«, knurrte er. »Wo ist diese verdammte Hobart Street?«
    ***
    Endlich hatten sie die Adresse gefunden. Es war ein kleines, einstöckiges Haus mit weiß getünchten Mauern. Dwayne lenkte den Wagen in die Einfahrt und hielt hinter einem

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