Kein Entkommen
Reeves unterschrieben.
»An der Geschichte, die Sie Stadtrat Reeves unterschieben wollen, ist nichts dran«, sagte er. »Dass ich ihm einen Gratistrip nach Italien spendiert haben soll, stimmt nicht. Tatsächlich hatte ich zwei Hotelzimmer in Florenz gebucht, da ich mich dort mit einem befreundeten Ehepaar treffen wollte. Leider mussten sie in letzter Minute absagen, weshalb ich Mr Reeves angeboten habe, ihr Zimmer zu nehmen. Er hat dankend angenommen, aber von vornherein klargestellt, dass er keinerlei Geschenke oder Gefälligkeiten annehmen könne, wofür ich natürlich volles Verständnis hatte. Da das Zimmer aber bereits bezahlt war, haben wir ausgemacht, dass er die Hotelkosten nach seiner Rückkehr begleichen würde. Was mit diesem Scheck ja hinreichend bewiesen sein dürfte.«
»Tja.« Ich reichte ihm den Scheck zurück. »Dann habe ich mich ja offenbar getäuscht.«
Elmont Sebastian lächelte und entblößte dabei eine Reihe schiefer Vorderzähne. »Es wäre eine Schande, wenn Mr Reeves’ Ruf wegen einer unzureichend recherchierten Story Schaden nehmen würde. Und meiner noch dazu, auch wenn ich es gewohnt bin, von der Presse durch den Schmutz gezogen zu werden.«
»Wie schön, dass Sie die Angelegenheit aufklären konnten«, sagte ich.
Er steckte den Scheck wieder in den Umschlag und verstaute ihn in seiner Manteltasche. »David, ich finde es sehr bedauerlich, dass Sie so negativ gegen mich und meine Firma eingestellt sind. Beim Lesen Ihrer Artikel gewinnt man den Eindruck, ein privat betriebenes Gefängnis sei etwas Ehrenrühriges.«
»Ein profitorientiertes Gefängnis«, gab ich zurück.
»Das stelle ich keineswegs in Abrede«, sagte Sebastian und trank einen Schluck Kaffee. »Aber Profit ist schließlich kein Schimpfwort, oder? Ich kann jedenfalls nichts Unmoralisches daran finden, wenn mit guter Arbeit gutes Geld verdient wird. Und wenn diese Arbeit auch noch dem Gemeinwohl dient, profitieren alle davon. Und daran ist ja wohl nichts auszusetzen, oder?«
»Ich bin nicht auf einem Ein-Mann-Kreuzzug, Mr Sebastian.« Er sah mich an, als kränke es ihn, dass ich ihn wieder mit seinem Nachnamen ansprach. »In Promise Falls gibt es eine Menge Menschen, denen es nicht behagt, dass hier ein Gefängnis gebaut werden soll. Und dafür gibt es eine Menge guter Gründe. Sie dringen in Bereiche ein, die traditionell behördlicher Verantwortung unterstehen, um daraus Profit zu schlagen. Je mehr Kriminelle verurteilt werden, umso höher ist Ihr Gewinn. Jeder Häftling, der in einer Ihrer Strafanstalten einsitzen muss, ist für Sie in erster Linie ein Geschäft.«
Er lächelte mich an, als wäre ich ein unverständiges Kind. »Und wie steht es mit Beerdigungsunternehmern, David? Stehen Sie denen auch so skeptisch gegenüber? Bestatter verdienen Geld mit dem Tod. Aber letztlich stellen sie eben eine Dienstleistung zur Verfügung, und natürlich ist es ihr gutes Recht, damit Geld zu verdienen. Dasselbe gilt für die Erbschaftsanwälte, die Floristen, die Gebinde und Kränze liefern, und den Gärtner, der den Friedhofsrasen mäht. All diese Menschen leisten Dienst am Bürger, genau wie ich. Die Bürger unseres großartigen Landes wollen sich sicher fühlen, wenn sie abends ins Bett gehen, und dass ihre Steuergelder effektiv eingesetzt werden. Und genau da komme ich ins Spiel – mit meinen Haftanstalten, die landesweit dafür sorgen, dass unsere Bürger ruhig schlafen können und weniger Steuern zahlen.«
»Wobei Sie allein im letzten Jahr 1,3 Milliarden eingesackt haben.«
Er lächelte bedauernd. »Arbeiten Sie gratis für den Standard ?«
»Ihre Firma arbeitet schon seit geraumer Zeit daran, die gesetzlichen Mindeststrafen nach oben zu drücken. Und Sie wollen mir weismachen, Ihnen ginge es lediglich darum, dass unsere Bürger besser schlafen können?«
Elmont Sebastian warf einen Blick auf seine Uhr – eine Rolex, wie ich vermutete, obwohl mir noch nie eine echte Rolex unter die Augen gekommen war. Egal, das Ding sah jedenfalls ziemlich teuer aus.
»Tut mir leid, aber die Termine drängen«, sagte er. »Soll ich Ihnen den Scheck kopieren lassen?«
»Danke, nicht nötig«, erwiderte ich.
»Tja, das wär’s dann wohl.« Sebastian erhob sich und marschierte über den Rasen zu seiner Limousine. Seinen leeren Kaffeebecher nahm er mit, doch obwohl er direkt an einem Abfalleimer vorbeikam, drückte er ihn seinem Chauffeur in die Hand. Welland öffnete ihm die hintere Wagentür und entsorgte den
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