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Kein Entkommen

Kein Entkommen

Titel: Kein Entkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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ist noch im Gang?«
    »Ja, Mr Harwood.« Er machte eine Pause. »Sollte sich über Nacht nichts tun, werden wir wohl die Fahndung nach Ihrer Frau einleiten. Aber vielleicht taucht sie ja doch noch auf.«
    Ich stellte mir vor, wie plötzlich die Haustür aufging und Jan hereinkam. Aus der Diele drang ein dumpfer Laut; anscheinend konnte Ethan nicht aufhören, von der Treppe zu springen.
    »Okay«, sagte ich. »Was halten Sie von einer Pressekonferenz?«
    »Das scheint mir ein bisschen übereilt«, gab er zurück. »Die Chancen stehen gut, dass wir Ihre Frau finden, ohne die Sache gleich an die große Glocke zu hängen.«
    »Mit einer Pressekonferenz stehen sie aber besser«, sagte ich.
    »Warten wir erst mal bis morgen früh ab.« Irgendwie klang er anders als sonst. So, als würde er etwas zurückhalten.
    »Morgen bin ich wahrscheinlich nicht mehr hier«, sagte ich.
    »Wo dann?«
    »In Rochester. Jans Eltern leben dort.«
    Mom stand im Türrahmen und sah mich mit großen Augen an. Von meinem früheren Ausflug nach Rochester hatte ich ihr nichts erzählt.
    Ich konzentrierte mich wieder auf den Detective. »Sie hat seit etwa zwanzig Jahren keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern gehabt. Sie waren nicht bei unserer Hochzeit, und ihren Enkel kennen sie auch nicht. Trotzdem frage ich mich, ob Jan sie nicht vielleicht aufgesucht hat – und sei es nur, um ihnen ein für alle Mal zu sagen, wie sie über sie denkt.«
    »Möglich«, entgegnete er einsilbig.
    »Ich habe überlegt, sie vorher anzurufen, aber mir ist nicht wohl bei dem Gedanken. Schließlich kennen sie mich nicht. Was sollen sie denken, wenn plötzlich ein Wildfremder bei ihnen anruft, sich als ihr Schwiegersohn vorstellt und fragt, ob ihre Tochter zufällig bei ihnen ist. Falls Jan bei ihnen ist und nicht will, dass ich davon erfahre, wird sie wahrscheinlich sofort die Flucht ergreifen.«
    »Hmm.« Duckworth klang nicht sehr überzeugt.
    »Schluss jetzt!«, herrschte Mom in der Diele Ethan an.
    »Wahrscheinlich fahre ich gleich los«, sagte ich. »Ich übernachte in Rochester und fahre gleich morgens zu Jans Eltern.«
    Statt auf meine Pläne einzugehen, sagte Duckworth: »Wie war das noch mal mit Ihrer Frau und Leanne Kowalski? Wie stehen sie zueinander?«
    Die Frage ärgerte mich. »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Sie sind Arbeitskolleginnen. Mehr nicht.«
    »Wann sind Sie und Ihr Sohn im Five Mountains angekommen, Mr Harwood?«
    Wieso redete er nur von mir und Ethan?
    »Gegen elf, vielleicht ein bisschen später. Aber das müssen Sie doch anhand unserer Karten feststellen können. Sie sind ja schließlich eingescannt worden.«
    »Ja, richtig«, sagte Duckworth.
    »Stimmt irgendwas nicht?«, fragte ich. »Enthalten Sie mir etwas vor?«
    »Sobald ich etwas weiß, gebe ich Ihnen Bescheid, Mr Harwood. Ich habe Ihre Handynummer.«
    Ich legte auf. Mom und Dad sahen mich erwartungsvoll an.
    »Hat Jan dir von ihren Eltern erzählt?«, fragte Mom.
    »Ich hab’s selbst herausbekommen.«
    »Wie heißen sie?«
    »Horace und Gretchen Richler«, sagte ich.
    »Weiß Jan, dass du Bescheid weißt?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte nicht darüber reden. Erschöpft lehnte ich mich gegen die Arbeitsplatte.
    »Du musst dich ausruhen«, meinte Mom.
    »Ich fahre nach Rochester«, sagte ich.
    »Morgen?«
    »Nein, jetzt.« Plötzlich fiel mir auf, wie still es im Haus war. »Wo ist Ethan?«
    »Er ist auf dem Sofa eingeschlafen«, antwortete Mom. »Gott sei Dank.«
    »Kann ich ihn hier bei euch lassen?«
    »Du kannst jetzt nicht fahren«, sagte Mom. »In deinem Zustand gefährdest du dich selbst, und andere noch dazu.«
    »Wie wär’s, wenn du mir eine Thermoskanne Kaffee machst, während ich Ethan gute Nacht sage?«, gab ich zurück.
    Und damit ging ich ins Wohnzimmer, um mir keine weiteren Proteste anhören zu müssen. Ethan hatte sich am einen Ende der Couch zusammengerollt.
    »Ich muss noch auf einen Sprung weg, Partner«, sagte ich. »Du bleibst hier bei Oma und Opa.«
    Keine Reaktion. Seine Lider schienen bleischwer zu sein. »Mommy ist bestimmt noch einkaufen.«
    »Wahrscheinlich«, sagte ich.
    »Okay«, sagte er, und dann schlossen sich seine Lider wie Blüten bei Einbruch der Dämmerung.

15
    Barry Duckworth klappte sein Handy zu und wandte sich zu Lyall Kowalski. »Tut mir leid.«
    »War das Jans Mann?«, fragte Kowalski. Er und der Detective saßen im Wohnzimmer der Kowalskis. Lyall trug ein schwarzes T-Shirt und schmutzige, knielange Shorts mit aufgenähten

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