Kein Entkommen
Frühstück Obst und Müsli auf den Tisch, packte ihm reichlich Karotten in seine Lunchbox und vermied es, ihn beim Abendessen mit Fett und Kohlehydraten zu mästen.
Sie stand auf und sammelte die Wäsche vom Vortag ein, die in die Maschine musste; Barrys Hemd und seine Hose, die er achtlos auf den Schlafzimmerstuhl geworfen hatte, als er spät nach Hause gekommen war. Jede Menge Überstunden wegen dieser Frau, die spurlos verschwunden war.
Sie nahm die Hose näher in Augenschein. Was waren das für Flecken? Eiscreme? Und Kuchenreste?
»Barry«, sagte sie. Er rührte sich nicht. »Barry«, wiederholte sie, diesmal ein bisschen lauter, um über das Schnarchen zu ihm durchzudringen.
Sie ging um das Bett herum und rüttelte an seiner Schulter.
Er schnaubte, öffnete die Augen und blinzelte verwirrt, ehe er einen Blick auf das Radio warf.
»Okay, okay«, sagte er. »Ich hab’s nicht gehört.«
»Ich schon«, erwiderte Maureen. »Musst du heute wirklich zur Arbeit?«
Er sah zu ihr auf. »Ja. Ich hoffe, unsere Presseerklärung hat etwas gebracht.«
»Kannst du mir mal verraten, was das hier ist?« Sie hielt ihm die fleckige Hose unter die Nase.
Er runzelte die Stirn. »Verdeckte Ermittlungen. Ich musste mir einen runterholen lassen, um an die nötigen Informationen zu kommen.«
»Das hättest du wohl gern. Das ist doch Eiscreme, oder?«
»Vielleicht«, gab er zurück.
»Wo hast du denn Eiscreme gegessen?«
»Na ja, ich musste. Wegen der verschwundenen Frau. Ich habe mit ihrem Boss gesprochen. Bertram’s Heating & Cooling – du hast bestimmt schon mal den Transporter gesehen.«
»Ja.«
»Seine Frau hat mir den Kuchen aufgedrängt.«
»Mit Eiscreme.«
»Genau.«
»Was war es denn für ein Kuchen?«
»Apfelkuchen.«
Maureen Duckworth nickte, als ging ihr plötzlich ein Licht auf. »Das hättest du bestimmt auch gern zum Frühstück«, sagte sie.
»Was gibt’s überhaupt?«
»Obst«, sagte sie. »Und Ballaststoffe.«
»Hast du nicht mitbekommen, dass wir eine neue Regierung haben? Die Folter ist abgeschafft.«
Im selben Augenblick klingelte das Telefon.
»Ich geh schon ran«, sagte Maureen und nahm den Hörer ab. »Hallo … Oh, hi … Nein, kein Problem, ich war sowieso schon wach … Ja, er ist hier … Ich versuche ihn nur gerade zum Aufstehen zu bewegen.«
Sie hielt ihm das Telefon hin. Barry nahm den Hörer entgegen.
»Duckworth«, sagte er.
»Hi, Detective. Haben Sie was zu schreiben?«
Notizblock und Kugelschreiber lagen stets griffbereit auf dem Nachttisch. Barry notierte sich einen Namen und eine Nummer, ehe er sich bedankte und wieder auflegte.
Maureen musterte ihn neugierig.
»Wir haben etwas«, sagte er.
***
Barry Duckworth ging erst einmal unter die Dusche und zog sich an, bevor er mit einer Tasse Kaffee in der Hand das Telefon in der Küche zu sich heranzog und die Nummer wählte.
Es klingelte zweimal, dann wurde abgehoben. »Ted’s«, sagte eine Männerstimme.
»Spreche ich mit Ted Brehl?«, fragte Duckworth.
»Ja.«
»Habe ich Ihren Namen richtig ausgesprochen?«
»Absolut. Wie die Blindenschrift.«
»Detective Barry Duckworth, Promise Falls Police Department. Sie haben vor einer halben Stunde bei uns angerufen?«
»Ja. Ich habe gestern Abend Ihren Aufruf in den Nachrichten gesehen. Jedenfalls bin ich jetzt hier in meinem Laden, und …«
»Wo ist denn Ihr Laden?«
»An der 87, ganz in der Nähe vom Lake George.«
»Ah ja«, gab Duckworth zurück. »Hübsche Gegend.«
Maureen stellte ein mit Bananenscheibchen und Erdbeeren garniertes Schälchen Müsli vor ihn hin.
»Also, ich habe wegen der vermissten Frau angerufen. Ich habe sie nämlich gesehen.«
»Jan Harwood.«
»Ja. Sie war in meinem Laden.«
»Wann?«
»Am Freitag. So gegen fünf muss es gewesen sein.«
»Am späten Nachmittag?«
»Genau. Sie hat eine Flasche Wasser und eine Dose Eistee gekauft.«
»War sie allein?«
»Bei mir im Laden schon. Aber draußen wartete jemand im Wagen auf sie. Offensichtlich ihr Mann.« Seine kurze Beschreibung des Autos passte haargenau auf David Harwoods Wagen.
»Die beiden haben also nur hier gehalten, um ein paar Getränke zu kaufen?«
»Nein. Sie haben noch eine ganze Weile draußen im Wagen gesessen und geredet. Ich habe ein paarmal durchs Fenster gesehen. So gegen halb sechs sind sie dann weggefahren.«
»Und Sie sind sich sicher, dass es Jan Harwood war?«
Brehl zögerte keine Sekunde. »Allerdings. Eigentlich kann ich mir Gesichter nicht besonders
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