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Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerold , Haenel
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ab.
    »Was?«, fragte Carlos irritiert. »Ein Kollege? Wie jetzt …?«
    »Was?«, fragte auch Lisa.
    »Es wird spannend«, sagte Tabori. »Das ist doch mal was.«

6
    Carlos winkte einen Polizisten heran, der im Laufschritt zum Pförtnerhäuschen wollte und jetzt eher unwillig abdrehte.
    »Weißt du mehr?«, fragte Carlos.
    »Natürlich weiß ich mehr. Ich hab ihn ja gesucht, weil er nicht zum Training erschienen ist. Sonst hätte das ja erstmal gar keiner gemerkt. Ich hab selber die Meldung gemacht!«
    »Und?«
    Der Polizist blickte argwöhnisch zu Tabori, als würde er versuchen, sich zu erinnern, wo er sein Gesicht schon mal gesehen hatte.
    »Komm, Kollege, jetzt stell dich nicht so an«, sagte Carlos. »Du weißt, dass wir hier sind, um alle Informationen zu sammeln, die irgendwas bringen können.« Er machte eine vage Handbewegung, die auch Tabori und Lisa mit in die Gruppe der Undercover-Polizisten einschloss. »Also …«
    »Also was?«
    »Was weißt du noch? Jetzt sag schon.«
    »Damaschke, junger Typ, ist noch nicht lange dabei. Kommt irgendwo aus Bayern – Rosenheim, glaube ich, irgendwo da. Ist im zweiten Jahr der Hundeführer-Ausbildung. Fährt eine alte Harley Davidson, sonst nicht weiter auffällig, nur dass er eine Macke mit seinem Hund hat. Hat sich sogar extra einen Beiwagen für seine Harley besorgt, damit er den Köter überall mit hinnehmen kann. Geben ein schräges Bild ab, die zwei, glaub mir, war neulich sogar mal ein Foto in derZeitung, beide mit Warnweste und der Hund mit Lederkappe und so einer alten Fliegerbrille …«
    »Und wieso soll er jetzt entführt worden sein?«, mischte sich Ulrike ein.
    »Weil Damaschkes Harley vorm Wohncontainer steht, mit dem Helm am Lenker, aber Damaschke selber ist weg. Sieht so aus, als hätten sie ihn aus der Umkleide entführt oder direkt aus dem Duschraum. Sein Spind ist offen, die Klamotten sind alle da, sie müssen ihn nackt hier vom Gelände gebracht haben, vielleicht in irgendeinem Kofferraum …«
    Der Polizist spekulierte wild drauflos, er schien jetzt deutlich Gefallen daran gefunden zu haben, seine Theorien in aller Ausführlichkeit mitzuteilen.
    Tabori hatte genug gehört. Er warf Lisa einen kurzen Blick zu und ging ein paar Schritte zur Seite. Er tat so, als wollte er sich nur eine Zigarette anzünden und sich ein bisschen die Beine vertreten. Wie zufällig schlug er dabei die Richtung zu den Wohncontainern ein. Nach der Funkdurchsage müssten alle Anwärter in ihren Zimmern sein, vielleicht hatte er Glück und erwischte die beiden Hundeführerinnen, er war überzeugt, dass sie ihm mehr über Anna Koschinski erzählen konnten. Er ging davon aus, dass sie es waren, die – genau wie Anna selber – nicht für eine Stellungnahme gegenüber der Zeitung zu erreichen gewesen waren, dafür musste es einen Grund geben.
    Vor einem der Wohncontainer stand die Harley Davidson, von der der Polizist eben gesprochen hatte, und die Tabori mit ihrem Beiwagen unwillkürlich an eine Badewanne auf Rädern denken ließ. Auch die nächste Assoziation, Harley Davidson gleich Hells Angels, schien ihm kaum sinnvoller,er hatte schon mal in diese Richtung gedacht, als er über das Tattoo auf Respekts Oberarm gegrübelt hatte, den Gedanken dann aber wieder verworfen. Im Übrigen war er sich ohnehin nicht sicher, was er von der angeblichen Entführung halten sollte, natürlich lag der Verdacht nahe, dass es einen Zusammenhang zu den beiden Tötungsdelikten gab, im Moment allerdings war es zu früh für irgendwelche Spekulationen, die Vernehmung der beiden Anwärterinnen war jetzt wichtiger. Vernehmung! Er dachte immer noch in der Terminologie des Polizisten – und wenn er es richtig einschätzte, würde das wohl auch immer so bleiben. Aber von allen schlechten Angewohnheiten, die er nicht schaffte abzulegen, dürfte diese die bei weitem harmloseste sein, dachte er, während er seine halb gerauchte Zigarette im Kies austrat.
    Kaum dass er den Container betreten hatte, wusste er, was Lisa mit der Atmosphäre gemeint hatte, die er auf sich wirken lassen sollte. Es roch muffig, die Blechwände waren mit dünnen Rigipsplatten verkleidet, der billige Teppichboden wellte sich und war fleckig. An einem Pinnbrett hingen Dienstpläne und die Kontaktadresse des Polizeipsychologen. Ein Plakat wies darauf hin, dass Alkoholmissbrauch schon mit dem regelmäßigen Konsum von mehr als einem Glas Bier am Abend begann. Wer hier nicht zum Alkoholiker wird, dachte Tabori, der muss

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