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Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerold , Haenel
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hatte. Und damit hatte er keinen Ansatzpunkt, um die Mauer einzureißen, hinter der sich Güngör und Janin verschanzten.
    Als er zufällig zum Fenster blickte, sah er Lepcke, der mit langen Schritten auf die Container zukam. Es war klar gewesen, dass Lepcke auftauchen würde, nachdem erstmal die Nachricht von einer Entführung auf dem Gelände der Hundeausbildungraus war. Tabori hatte nur nicht damit gerechnet, dass es so schnell passieren würde.
    Er drehte sich zurück und suchte jetzt ausschließlich den Blick von Janin. »Sie haben meine Frage von eben noch nicht beantwortet: Respekt war cool, wenn man sich an die Regeln hielt. Aber wenn jemand gegen eine dieser Regeln verstoßen hat, was war dann?«
    Die Antwort kam von Güngör. Und war so überraschend, dass er im ersten Moment kaum reagierte …
    »Wenn jemand einen Fehler gemacht hat, hat Respekt ihn nachts aus dem Bett geholt, mit Gaffa-Tape gefesselt, ihn im Heizungskeller an ein Rohr gebunden und ihm einen Glow-Stick in den … Arsch geschoben. Einen Leuchtstab. Das war die übliche Strafe. Aber es gab auch noch andere Variationen.«
    »Respekt war ein perverses Schwein«, sagte Janin kalt. »Wer immer ihn umgebracht hat, hat das Richtige getan. Aber wir waren es nun mal nicht, das können Sie sich abschminken.« Die Tür flog krachend gegen die Wand.
    »Kann ich dich mal kurz sprechen? Jetzt! Sofort!«
    Lepcke war kreidebleich, aus seiner Stimme war jede Sympathie verschwunden.
    Tabori nickte den Anwärterinnen entschuldigend zu und folgte Lepcke auf den Gang hinaus. Lepcke packte ihn hart am Arm und stieß ihn vor sich her in Richtung Tür.
    »Ich glaube es ja wohl langsam nicht mehr, was bildest du dir eigentlich ein? Du gehst mir so was von auf den Zeiger, Mann, am liebsten würde ich dich …«
    »Was?«, fragte Tabori und machte sich los.«Mir eine reinhauen? Mich verhaften und aufs Revier schleppen? Hör doch auf, Lepcke, du kannst doch nicht erwarten, dass du mir einpaar Brocken hinwirfst, die mich in deinen Augen verdächtig machen, und ich dann ruhig zu Hause auf dem Sofa sitzen bleibe! Was soll das? Wir haben so lange zusammengearbeitet, dass du es mir ja wohl wenigstens schuldig bist …«
    »Ich wusste, dass du mir damit kommen würdest«, unterbrach ihn Lepcke. »Aber das kannst du vergessen. Ich sage es dir jetzt zum letzten Mal: Halt dich da raus! Wenn du mir noch einmal in die Quere kommst, dann war es das mit unserer Freundschaft.«
    »Dann? Mir scheint eher, das war es jetzt schon. Aber vielleicht hörst du dir wenigstens noch an, was ich erfahren habe …«
    «Hau ab, Mensch! Es interessiert mich nicht mehr, was du erfahren hast, du dürftest gar nicht hier sein. Ich riskiere meinen Job wegen dir, so sieht es aus. Lass mich meine Arbeit machen und …«
    »Halt dich da raus, schon klar.« Tabori schüttelte den Kopf und tastete nach seinen Zigaretten.
    »Rauchen kannst du auf dem Weg nach Hause«, sagte Lepcke und winkte einen jüngeren Beamten zu sich, der Tabori zum Auto bringen sollte. »Ein gelber Lieferwagen, mit einer weiteren Person. Passen Sie auf, dass sie wirklich das Gelände verlassen, sonst können Sie sie auf der Stelle verhaften, und zwar wegen Behinderung der Ermittlungsarbeiten und Verdacht auf … fällt mir schon irgendwas ein, wenn es sein muss.«
    Tabori zeigte Lepcke einen Vogel und ging ohne ein weiteres Wort auf den Ducato zu. Der junge Beamte folgte ihm so dicht, dass Tabori sein Rasierwasser riechen konnte.
    Der Bus von Carlos und Ulrike war verschwunden. Dafürwaren neue Einsatzfahrzeuge eingetroffen, auch eine Hundestaffel, die nicht zur Ausbildungsabteilung gehörte. Das Chaos auf dem Gelände war eher noch größer geworden, die nervöse Hilflosigkeit der Beamten angesichts der außergewöhnlichen Situation war deutlich spürbar. Niemand schien zu wissen, was zu tun war. Die Entführung eines Kollegen – und noch dazu aus einer polizeiinternen Einrichtung, also quasi aus dem einzig wirklich verlässlichen Sicherheitsbereich – war etwas, das der Dienstplan nicht vorsah und das damit umso verstörender wirkte.
    Tabori merkte, dass auch er kurz davor war, sich von der allgemeinen Kopflosigkeit anstecken zu lassen. Aber die Entführung war nicht seine Sache, was immer sie womöglich mit den beiden Todesfällen zu tun haben sollte, würde sich noch früh genug ergeben. Im Moment durfte er sich davon nicht irritieren lassen, er musste einen Schritt nach dem anderen machen, das hatte er aus langer Erfahrung

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