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Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerold , Haenel
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älter sind. Keine Schlussfolgerungen, nur die Erwähnung, dass. Übrigens, so ganz nebenbei: Ich habe ein bisschen Angst davor, was ich nach der Pensionierung eigentlich mit meiner Zeit anfangen soll, das Einzige, was mich irgendwie tröstet, ist die Tatsache, dass ich dann wenigstens nie wieder mit diesem aufgeblasenen Affen zu tunhabe! – Also, ich war jedenfalls so frei, mir die Wunde noch mal genauer anzusehen. Und da habe ich das hier gefunden.«
    Er zog ein verschließbares Plastiktütchen aus der Tasche und hielt es Tabori hin.
    »Sieht aus wie ein kleiner Stein. Aber kein Kiesel, sondern …«
    »Zement.« Sommerfeld langte über den Tisch und legte Tabori die Hand auf den Arm. »Das, mein Freund, ist ein Bröckchen Zement mit einer ganz besonderen Mischung, wie sie heute nicht mehr gebräuchlich ist. Außerdem auf die Schnelle zusammengematscht, hoher Kieselanteil, stark porös, kaum richtig abgebunden, unter extremem Zeitdruck gegossen, würde ich sagen.«
    »Aber du weißt natürlich, wann und wo diese besondere Mischung verwendet wurde?«
    »Nicht genau. Aber ich würde wetten, dass wir es hier mit Zement vom Westwall zu tun haben, du weißt schon, die Bunkerkette, die sie damals vom Nordkap bis nach Afrika runter gebaut haben. – Nord-Jütland hast du gesagt? Da stehen die Dinger doch auch immer noch, wenn ich mich recht erinnere. Deine Leiche ist also auch noch auf einem Bunker rumgeklettert und hat nicht aufgepasst und sich das Knie aufgeschlagen. Oder …«
    »Es gab einen Streit, ein Handgemenge, bei dem sie gestürzt ist, was weiß ich.«
    »Sie ist bereits in einem Bunker in Nordjütland ermordet worden und dann erst hierher geschafft, um es wie einen Suizid aussehen zu lassen. Da hast du deine anderthalb Tage, die dir fehlen.«
    »Das ist absolut schwachsinnig«, erklärte Tabori. »Warum?Nimm mal an, es war so, aber dann lasse ich sie doch da liegen, damit es aussieht wie ein Unfall. Oder ich vergrab sie im Sand oder was weiß ich, aber ich transportiere doch nicht erst noch eine Leiche von Dänemark zurück nach Deutschland und werfe sie dann hier vor einen Zug …«
    »Wäre vielleicht gut, mal zu überprüfen, wer zur gleichen Zeit wie deine Leiche da oben war. Wenn du jemanden findest, der sie kannte und den sie da vielleicht getroffen hat, dann hast du wahrscheinlich deinen Mörder. – Aber sag mal, was mir gerade einfällt: Bist du nicht selber immer da oben, um Urlaub zu machen? Ha, ich fasse es ja wohl nicht mehr! Jetzt sag nur noch, du hast diese Anwärterin auch gekannt!«
    »Pass auf, was du sagst«, blaffte Tabori. »Du fängst an, dummes Zeug zu reden.«
    »Wird nicht mehr lange dauern, bis da auch irgendjemand anders drauf kommt. Lepcke, zum Beispiel. Der braucht nur eins und eins zusammenzuzählen.« Sommerfeld grinste. »Da hat aber jetzt jemand ein Problem, würde ich sagen. Und das bin nicht ich!«
    Taboris Gedanken überschlugen sich. Sommerfelds Schlussfolgerung, dass die Anwärterin in Dänemark jemanden getroffen haben könnte, wirkte plausibel. Jemanden, der womöglich ihr Mörder war …
    Sommerfeld merkte schnell, dass mit Tabori für den Rest des Abends nicht mehr viel anzufangen war. Er versuchte es noch mit einem eher dürftigen Witz, über den sie sich zurzeit bei der Spurensicherung amüsierten – kommt ein Reisebus mit lauter Schwarzen nach Ostfriesland, als der Busfahrer vor dem Hotel hält, ruft der Page, natürlich ein Ostfriese: »Ach du Schiet, hat’s gebrannt?« –, als Tabori nicht reagierte, verzichteteSommerfeld sogar auf ein letztes Bier und verabschiedete sich.
    Auch Tabori war mit dem Fahrrad gekommen. Auf dem Rückweg durch den Stadtwald stand sein Entschluss schon fest: Er musste noch mal nach Dänemark.
    Später stimmte ihm auch Lisa zu. »Mach das«, sagte sie. »Du wirst sowieso keine Ruhe haben, bis du mehr weißt.«
    Eigentlich hatte er vorgehabt, am nächsten Tag gleich nach dem Frühstück aufzubrechen, damit er die kurze Zeitspanne zwischen zehn und zwölf erwischte, in der der Elbtunnel meistens ohne längere Staus passierbar war. Aber nachdem er sich erst lange im Bett hin- und hergewälzt hatte, fiel er gegen Morgen endlich in einen traumlosen Schlaf, der ihn sogar den Wecker überhören ließ.
    Lisa weckte ihn gegen elf. »Hör mal, wenn du immer noch hochfahren willst, dann solltest du langsam mal los. Ich hab Brötchen und Käse gekauft, damit du dir was zum Mitnehmen machen kannst. Ich muss los jetzt, ich hab lange nichts mehr mit

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