Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerold , Haenel
Vom Netzwerk:
beschäftigt, dass Lepcke Sommerfeld zu ihm geschickt hatte.
    »Sand« sagte Sommerfeld und wischte sich erneut denSchaum von den Lippen. »Die Anwärterin hatte einen halben Sandkasten in den Taschen. Und dreimal darfst du raten: Der Sand stammt nicht von dem Gleisdamm, von dem die Kollegen sie runtergepult haben! Beziehungsweise, den habe ich auch gefunden, mehr Dreck als Sand, von den Spargelfeldern links und rechts der Bahnlinie, macht ja auch Sinn, aber davon rede ich nicht. Bausand, das könnte natürlich sein, aus einem der Kiesteiche da in der Gegend, da wird übrigens auch Quarzsand abgebaut, wusstest du das? War mir auch neu, dass wir hier Vorkommen haben, ist extrem feinkörnig, wurde früher zur Herstellung von Glas verwendet, heute vor allem für Baumaterialien, Dämmstoffe und so was, Glasfasermatten, kennst du ja. Vogelsand hat eine ähnliche Zusammensetzung, Bausand ist zu grob dafür, übrigens auch für Hamster, ich bin da über so ein Online-Forum gestolpert, in dem sich Leute austauschen, die wissen wollen, ob sie für ihren Hamster eine Tüte Sand von den ostfriesischen Inseln mitbringen können, wird aber allgemein abgeraten … Was? Wolltest du irgendwas sagen?«
    »Nein, nein, ist interessant, wirklich! Ich habe nur gerade überlegt, ob du heute noch mal zum Punkt kommst. Sonst bestell ich mir lieber doch erst noch was zu essen.«
    Sommerfeld grinste.
    »Hamster interessieren dich nicht so, was?«
    »Eher weniger.«
    »Aber das Stichwort ist schon gefallen. Du hast nur nicht aufgepasst: Ostfriesische Inseln, das war’s!«
    »Nordseesand«, nickte Tabori.
    »Exakt, davon reden wir. Und damit gibt es nur zwei Möglichkeiten, entweder deine Leiche hatte einen Hamster undwollte ihn mit einer Tüte Nordseesand beglücken …« Sommerfeld machte eine Pause, als er sah, dass Tabori aufblickte. Sie hatte eine Katze, wollte Tabori eigentlich sagen, wusste aber im gleichen Moment, dass es völlig bedeutungslos war. Er nickte Sommerfeld zu, dass er weitermachen sollte!
    »Also, entweder Hamster, aber keine Ahnung, dass Nordseesand nicht das Richtige für ihren kleinen Nager ist, oder sie hatte keinen Hamster und war kurz vor ihrem Tod noch an der Nordsee! Und zwar so kurz, dass sie noch nicht mal die Klamotten gewechselt hat! Wenn ich das richtig verstanden habe, glaubt Lepcke ja nicht unbedingt an einen Suizid, sonst hätte ich mir den ganzen Quatsch hier auch sparen können. Also können wir wohl auch die Möglichkeit ausschließen, dass sie direkt von der Insel auf die Eisenbahnbrücke geklettert und gesprungen ist. Was uns zu der Frage bringt, ob der Leichenfundort überhaupt identisch mit dem Ort ist, an dem sie ermordet wurde, oder ob sie nicht post mortem von der Brücke gestoßen wurde oder überhaupt nie auf der Brücke war, sondern …«
    »Der Zugführer hat ausgesagt, dass er den Schatten eines Körpers wahrgenommen hat, der vor ihm auf die Gleise geprallt ist.«
    »Gut. Sie hat also nicht bereits auf den Gleisen gelegen, aber im Grunde spielt es auch keine Rolle, weil …«
    »Wieso ostfriesische Inseln?«, unterbrach ihn Tabori.
    Sommerfeld orderte mit einem Fingerschnippen ein neues Bier, das dritte oder vierte mittlerweile. Tabori bewunderte ihn im Stillen, dass er immer noch in der Lage war, die Konsonanten klar voneinander zu trennen.
    »Kann auch Sylt gewesen sein oder was es da oben sonstnoch so gibt. Irgendwas auf dänischer Seite vielleicht auch, Rømø oder was weiß ich. Da müsste ich noch genauere Untersuchungen machen, und ich brauchte Proben, um das exakt bestimmen zu können.«
    »Aber in jedem Fall Nordsee, da bist du dir sicher?«
    »Hundertpro. Hilft dir das weiter?«
    »Sie war vorher in Nordjütland, Dänemark, das weiß ich.«
    »Passt.«
    »Aber es liegt mehr als ein Tag dazwischen. Mindestens dreißig Stunden. Plusminus.«
    »Zwischen was?«
    »Dass sie das letzte Mal gesehen und dann auf den Gleisen gefunden wurde.«
    »Und?«
    »Du wirst langsam«, sagte Tabori und deutete auf Sommerfelds Glas, das schon wieder halb leer war. »Du hast selber erklärt, dass sie noch nicht mal Zeit hatte, die Klamotten zu wechseln. Anderthalb Tage lang? Das klingt wenig plausibel. Wo war sie in dieser Zeit?«
    »Irgendwo, wo sie sich das rechte Knie aufgeschlagen hat.«
    »Was?«
    »Dein ganz spezieller Freund aus der Pathologie hat das in seinem vorläufigen Bericht vermerkt: Tiefe Hautabschürfungen am rechten Knie, die nicht von dem Sturz auf die Gleise stammen, sondern deutlich

Weitere Kostenlose Bücher