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Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerold , Haenel
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auf seine Frau einzugehen. »Sie wollte dem Vorbild ihres Vaters nacheifern, eine gute Polizistin werden, und ich habe es nicht geschafft, sie davon abzuhalten.«
    »Sie können nichts dazu«, sagte Tabori in dem hilflosen Versuch, Trost zu spenden.
    »Aber weshalb war sie so verzweifelt, dass sie nicht mit uns geredet hat? Was ist da passiert? Was haben die mit ihr gemacht?«
    Seine Frau schluchzte auf und verbarg ihr Gesicht hinter einem Taschentuch.
    Spontan beugte Tabori sich vor und nahm Annas Vater in den Arm. Dann streichelte er der Mutter über die Schulter.
    »Ich …«, setzte er an. Ich werde versuchen rauszukriegen, was wirklich passiert ist, wollte er sagen. Aber der Vater unterbrach ihn.
    »Gehören Sie eigentlich auch dazu?«
    Es schien, als würde er Tabori zum ersten Mal wirklich ansehen.Sein Blick wurde starr. »Moment mal, Sie sind doch der … Natürlich, über Sie war mal was in der Zeitung! Anna hat es uns gezeigt. Ich weiß noch, dass sie gesagt hat: Ich glaube, das ist ein Polizist, dem man vertrauen kann, oder so was in der Art. Dass Sie sich nicht verbiegen lassen würden von den Bürohengsten, sondern Ihre Arbeit so machen, wie Sie es für richtig halten. Sie waren da in irgendeinen Fall verwickelt, aber ich weiß nicht mehr, worum es ging. Auf jeden Fall waren Sie doch so was wie eine richtig große Nummer bei uns!«
    »Keine große Nummer«, sagte Tabori. »Ich hatte nur ein gutes Team.«
    »Das war es, wovon unsere Tochter immer geträumt hat. In einem Team zu arbeiten, mit Leuten wie Ihnen.«
    Wieder blickte er Tabori an, als würde er erst jetzt die Zusammenhänge sehen.
    »Heißt das, Sie sind jetzt auch mit dem Mord an diesem Ausbilder beschäftigt oder … Sie haben gerade gesagt, Sie hatten ein gutes Team, aber jetzt?«
    »Ich bin nicht mehr dabei«, sagte Tabori.
    Aus den Augenwinkeln sah er Lepcke, der mit Carlos und Ulrike zusammenstand und winkte, dass Tabori kommen sollte.
    Lisa war verschwunden, oder zumindest konnte Tabori sie nirgends entdecken.
    »Tut mir leid«, sagte er zu Annas Eltern, »die Kollegen wollen irgendwas von mir. Die Ex-Kollegen. Aber ich würde mich gerne bei Gelegenheit noch mal länger mit Ihnen unterhalten, wenn ich darf. Es interessiert mich, was Sie zu erzählen haben.«
    »Nicht mehr dabei«, murmelte Annas Vater, als hätte erdie Information erst jetzt wirklich verarbeitet. »Das klingt so, als ob Sie mir auch was zu erzählen hätten. – Ja, es wäre schön, wenn Sie uns besuchen würden, warten Sie, ich gebe Ihnen meine Karte.« Er zog eine Visitenkarte aus seinem Portemonnaie. »Hat mir Anna letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt, hat sie selber entworfen, am Computer. Anna hat gerne irgendwelche selbst gebastelten Sachen an uns verschenkt.«
    Bei der Erwähnung von Anna fing ihre Mutter wieder an zu schluchzen. Annas Vater zog sie an sich und nickte Tabori zu.
    Tabori schob die Karte in die Innentasche seiner Lederjacke.
    »Ich melde mich«, versprach er leise, bevor er zu Lepcke hinüberging.
    »Es gibt Neuigkeiten«, begrüßte ihn Lepcke. Sein Gesicht war nahezu ausdruckslos.
    Tabori schüttelte Carlos und Ulrike die Hand, dann blickte er Lepcke an: »Also los, ich höre!«
    »Ich war noch bei Bohnenkamp, deshalb bin ich so spät gekommen. Es sieht so aus, als wäre Anna Koschinski tatsächlich schon tot gewesen, als sie auf den Gleisen aufschlug. Und zwar seit mindestens 24 Stunden! Bohnenkamp hat sich bedeckt damit gehalten, was nun genau die eigentliche Todesursache war. Wahrscheinlich Genickbruch, entweder durch einen Sturz, möglicherweise aber auch durch gezielte Gewaltanwendung von jemandem, der weiß, wie man Leute mit bloßen Händen umbringt.«
    »Das hat er dir gesagt? Bohnenkamp, meine ich.«
    »Das habe ich aus ihm rausgeholt, wie, braucht dich nichtzu interessieren. In seinem Bericht steht jedenfalls nichts davon.«
    »Aber das ist das entscheidende Indiz, das uns noch fehlte! Damit ist die Sache doch endgültig klar …«
    »Ist sie eben nicht. Bohnenkamp versteckt sich dahinter, dass es ja die Weisung von oben gibt, den Fall als abgeschlossen zu behandeln. Selbstmord aus persönlichen Gründen.«
    »Das kann doch nicht wahr sein! Damit ist eindeutig bewiesen …«
    »Die Leiche war in einem Zustand, der keine eindeutigen Schlüsse erlaubt. Zumindest nicht nach Bohnenkamps Erklärung. – Aber es geht noch weiter, hier!«
    Lepcke blätterte den Schnellhefter auf. »Ich habe jetzt auch endlich den Bericht zu Respekt gekriegt.

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