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Kein Erbarmen

Kein Erbarmen

Titel: Kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerold , Haenel
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Tasche.
    »Und wie findest du meine große Schwester?«, fragte Lepcke ohne jeden Zusammenhang. »Dachte ich mir«, grinste er, als Tabori keine Antwort gab. »Ich habe deinen Blick gesehen. Nee, nicht als sie nackt war, sondern als du ihr unten auf dem Parkplatz zugewunken hast.«
    Tabori sagte immer noch nichts.
    Lepcke beugte sich vor und drehte das Radio lauter. Led Zeppelin, ›Stairway to Heaven‹. Erst als Jimmy Page sein Gitarrensolo beendet hatte, nahm er das unterbrochene Gespräch wieder auf. »Könnte übrigens sein, dass ich dich demnächst mal um Rat fragen muss. Wegen Lisa und so. Ich glaube, da ist mehr, als ich dachte.« Er blickte starr auf die Fahrbahn vor sich.
    Tabori wusste nicht, was er antworten sollte. Wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass es ihm nicht passte, was Lepcke gerade gesagt hatte. »Dass da mehr ist« war genau das, was er am wenigstens hören wollte.
    Aber Lepcke wartete eindeutig auf eine Antwort.
    »Okay«, quetschte Tabori zwischen den Zähnen raus. »Wenn es ein Problem gibt, dann frag mich, klar. Obwohl ich nicht weiß, ob ich dir da dann wirklich helfen kann. Lisa ist Lisa, du wirst dir nie sicher sein können, wie sie auf irgendwas reagiert.«
    Lepcke schien gemerkt zu haben, wie unwillig Taboris Antwort gewesen war. Abrupt wechselte er das Thema: »Der Range Rover von Respekt steht ja immer noch in der KTU, ohne dass sie bisher irgendwas gefunden hätten. Das ist nun mal leider das Problem, wenn der Täter einer von unseren eigenenLeuten ist und genau weiß, wie man Spuren vermeidet. Aber trotzdem, die Imponderabilien liefern irgendwann jeden ans Messer.«
    »Die was?«
    »Gutes Wort, oder? Habe ich mir neulich notiert: Imponderabilien, Unwägbarkeiten! Und ich hab schon die ganze Zeit nur auf eine Gelegenheit gewartet, das mal anbringen zu können.«
    »Und jetzt … passt das gerade?«
    »Bingo! Ein Bäuerchen aus Dasselsbruch – der Name ist schon mal gefallen, vielleicht erinnerst du dich –, also, dieser Bauer jedenfalls hat eine Anzeige gemacht, wegen einem Fahrzeug, das er am 8. September abends auf einem Feldweg gesehen hat, der nur für landwirtschaftliche Fahrzeuge freigegeben ist. Der Feldweg führt übrigens zu einer Brücke …«
    »Die die ICE-Strecke von Hannover nach Hamburg überquert. Und das Fahrzeug, das er da gesehen hat …«
    »… war ein weißer Range Rover.« Lepcke grinste. »So ist das mit den Imponderabilien!«
    »Imponderabilien«, wiederholte Tabori halblaut. »Gefällt mir.«
    Lepcke überholte eine Kolonne von Bundeswehr-Lastern, als er dann weiterredete, brauchte Tabori einen Moment, um zu begreifen, dass er erneut das Thema gewechselt hatte.
    »Es ist doch vollkommen irre. Jeder würde sagen, es ist nichts als ein abgegriffenes Klischee aus irgendeinem billigen Fernsehkrimi. Aber wir haben es schon so oft erlebt und wir wissen, dass es so ist. Und jetzt passiert es wieder!«
    »Was? Wovon redest du?«
    »Der Täter kehrt immer an den Tatort zurück.«
    »Du redest von Damaschke? Warte es ab, wir nehmen es nur an, noch wissen wir es nicht.«
    »Doch. Es ist so. Vergiss die Anwärterinnen, Damaschke war es.«
    »Uns fehlt immer noch das Motiv. Alles, was wir haben, ist eine Indizienkette.«
    »Trotzdem, darauf würde ich meinen Kopf verwetten«, beharrte Lepcke, um gleich darauf hinzuzusetzen: »Den ich im Übrigen gerade ohnehin riskiere, indem ich mit einem Ex-Bullen unterwegs bin, ohne dienstliche Anweisung oder irgendeine Absicherung.«
    »Du wolltest mit. Ich wäre auch ohne dich gefahren. – Können wir am nächsten Parkplatz mal halten? Ich muss pinkeln!«
    »Nur wenn du zugibst, dass du verdammt noch mal froh bist, mich dabei zu haben. Wenn du das nicht drauf hast, mach dir gefälligst in die Hose!«
    »Ich bin froh«, gab Tabori zu.
    Lepcke grinste.
    Der nächste Parkplatz war gesperrt, sie fuhren weiter bis zur Raststätte hinter der Brücke über den Nord-Ostsee-Kanal. Es war mittlerweile sehr heiß. Auf der Toilette sah Tabori in dem Kondomautomaten zum ersten Mal in seinem Leben eine »Reise-Muschi« – »Künstliche Vagina zum Einstecken«, stand auf der rosafarbenen Packung, »äußerst realistisches Material mit dem Gefühl von echter Haut. Der genoppte Lustkanal sorgt für unvergleichliches Vergnügen. Einfach zu reinigen und schnell zur Hand.« Tabori hatte nicht gewusst, dass es so etwas überhaupt gab.
    Als Tabori am Ortseingang von Lerup Strand links zumStrandhotel hin abbog, war es kurz nach vier. Nachdem

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