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Kein Land für alte Männer

Kein Land für alte Männer

Titel: Kein Land für alte Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cormac McCarthy
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Zwischen den Vorhängen klaffte eine Lücke, von der er ziemlich sicher war, dass nicht er sie hinterlassen hatte. Schwer zu sagen. So schwer aber auch wieder nicht. Das Taxi rollte langsam vorbei. Keine Autos auf dem Parkplatz, die nicht schon vorher da gewesen waren. Fahren Sie weiter, sagte er.
Der Fahrer sah ihn im Rückspiegel an.
Fahren Sie weiter, sagte Moss. Nicht anhalten.
Ich will hier nicht in irgendeinen Schlamassel geraten, Kumpel.
Fahren Sie einfach weiter.
Wie wär’s, wenn ich Sie hier rauslasse und wir diskutieren nicht weiter drüber.
Ich will, dass Sie mich zu einem anderen Motel fahren.
Sagen wir einfach, wir sind quitt.
Moss beugte sich vor und hielt einen Hundertdollarschein über die Rückenlehne. Sie stecken schon in einem Schlamassel, sagte er. Ich versuche, Sie da wieder rauszukriegen. Und jetzt fahren Sie mich zu einem Motel.
Der Fahrer nahm den Schein, steckte ihn in seine Hemdtasche und fuhr vom Parkplatz auf die Straße hinaus.
Moss verbrachte die Nacht im Ramada Inn am Highway, und am Morgen ging er hinunter in den Speisesaal, frühstückte und las Zeitung. Dann saß er einfach nur da.
Sie waren bestimmt nicht mehr da, wenn die Zimmermädchen zum Aufräumen kamen.
Die Zimmer mussten bis elf Uhr geräumt sein.
Sie konnten das Geld gefunden haben und schon wieder weg sein.
Nur dass ihn wahrscheinlich mindestens zwei Parteien suchten, und egal, mit welcher er es hier zu tun hatte, die andere war auch noch da und würde sich nicht in Wohlgefallen auflösen.
Als er aufstand, wusste er, dass er wahrscheinlich jemanden würde umbringen müssen. Er wusste nur noch nicht, wen.
Er nahm ein Taxi, fuhr in die Stadt, ging in ein Jagd- und Sportgeschäft und kaufte eine Winchester-Repetierschrotflinte Kaliber zwölf und eine Schachtel Doppelnull-Schrotpatronen. Die Schachtel Patronen enthielt fast genau die gleiche Feuerkraft wie eine Claymore-Mine. Er ließ sich die Waffe einpacken und ging mit ihr unter dem Arm die Pecan Street entlang zu einem Eisenwarengeschäft. Dort kaufte er eine Metallbügelsäge, eine Flachfeile und diverse andere Sachen. Eine Kneifzange und einen Seitenschneider. Einen Schraubenzieher. Taschenlampe. Eine Rolle Klebeband.
Mit seinen Käufen verharrte er kurz auf dem Bürgersteig. Dann drehte er sich um und ging die Straße entlang zurück.
Wieder im Jagd- und Sportgeschäft, fragte er denselben Verkäufer, ob er Aluminium-Zeltstangen habe. Er versuchte zu erklären, dass es ihm nicht darauf ankomme, um was für ein Zelt es sich handele, sondern dass er bloß die Stangen brauche.
Der Verkäufer musterte ihn. Ganz egal, um was für ein Zelt es sich handelt, sagte er, wir müssten die Stangen dafür trotzdem bestellen. Dazu muss man den Hersteller und die Modellnummer wissen.
Sie verkaufen doch Zelte, oder?
Wir haben drei verschiedene Modelle.
Und welches hat die meisten Stangen?
Tja, das müsste unser Drei-Meter-Steilwandzelt sein. Darin kann man stehen. Jedenfalls können manche Leute darin stehen. Es hat eine lichte Höhe von einsachtzig am First.
Das nehme ich.
Ja, Sir.
Der Verkäufer holte das Zelt aus dem Lager und legte es auf den Ladentisch. Es steckte in einem Sack aus orangefarbenem Nylon. Moss legte die Schrotflinte und die Tüte mit dem Werkzeug auf den Ladentisch, löste die Verschnürung des Zeltsacks und zog das Zelt samt Stangen und Schnüren heraus.
Es ist alles da, sagte der Verkäufer.
Was bekommen Sie?
Hundertneunundsiebzig plus Steuer.
Moss legte zwei Hundertdollarscheine auf den Ladentisch. Die Zeltstangen befanden sich in einem separaten Beutel, den er herauszog und zu seinen anderen Sachen legte. Der Verkäufer gab ihm sein Wechselgeld und die Quittung, Moss sammelte die Schrotflinte, die gekauften Werkzeuge und die Zeltstangen auf, bedankte sich, drehte sich um und ging.
Und was ist mit dem Zelt?, rief der Verkäufer ihm nach.
Im Hotelzimmer wickelte er die Schrotflinte aus, klemmte sie in eine offene Schublade, hielt sie fest und sägte knapp vor dem Magazin den Lauf ab. Er feilte den Schnitt gerade, glättete die Kante, wischte die Mündung mit einem feuchten Waschlappen aus und legte diesen beiseite. Dann sägte er den Schaft hinter dem Pistolengriff ab, setzte sich aufs Bett und feilte den Griff glatt. Als das Ergebnis seinen Vorstellungen entsprach, ließ er den Vorderschaft zurück und wieder vorgleiten, senkte mit dem Daumen den Hahn ab, drehte die Waffe zur Seite und betrachtete sie. Sie sah ziemlich gut aus. Er drehte sie um, öffnete die

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