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Kein Land für alte Männer

Kein Land für alte Männer

Titel: Kein Land für alte Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cormac McCarthy
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waren verheiratet, und es ist ihnen gutgegangen. Haben ihre Frau mitgebracht. Manchmal sogar ihre Kinder. Sie sind aber nicht meinetwegen gekommen. Ich hab’s erlebt, wie sie ihre Frau oder Freundin vorgestellt und dann einfach losgeheult haben. Gestandene Männer. Die ein paar ziemlich üble Sachen verbrochen hatten. Sie hat gewusst, was sie da tut. Das hat sie schon immer gewusst. Also haben wir jeden Monat das Budget fürs Gefängnis überschritten, aber was kann man da machen? Nichts kann man da machen. Das ist alles, was man machen kann.

Chigurh fuhr bei der Ausfahrt zur 131 vom Highway ab, schlug das Telefonbuch auf seinem Schoß auf und blätterte die blutbefleckten Seiten um, bis er zu den Tierärzten kam. Außerhalb von Bracketville, etwa dreißig Minuten entfernt, gab es eine Klinik. Er warf einen Blick auf das um sein Bein geschlungene Handtuch. Es war durchgeblutet, und der Sitz hatte sich voll Blut gesaugt. Er warf das Telefonbuch auf den Boden und legte die Hände oben auf das Lenkrad. So saß er etwa drei Minuten da. Dann legte er den Gang ein und fuhr wieder hinaus auf den Highway.
Er fuhr bis zur Kreuzung bei La Pryor, wo er die Straße nach Norden, in Richtung Uvalde, nahm. Sein Bein pochte wie eine Pumpe. Auf dem Highway außerhalb von Uvalde hielt er beim Gesundheitszentrum, löste die um sein Bein geknotete Jalousieschnur und zog das Handtuch weg. Dann stieg er aus und humpelte in das Gebäude. Er kaufte eine ganze Tüte voller Veterinärartikel. Baumwolle, Heftpflaster und Gaze. Eine Klistierspritze und eine Flasche Wasserstoffperoxid. Eine Pinzette. Schere. Ein paar Päckchen Zehn-mal-zehn-Zentimeter-Tupfer und eine Literflasche Betadin. Er bezahlte, ging hinaus, stieg in den Ramcharger, ließ den Motor an, saß da und beobachtete das Gebäude im Rückspiegel. Als dächte er vielleicht an etwas, was er noch brauchte, aber das war es nicht. Er zog die Finger in die Manschette seines Hemdes zurück und tupfte sich vorsichtig den Schweiß aus den Augen. Dann legte er den Gang ein, stieß rückwärts aus der Parklücke und fuhr auf den Highway hinaus in Richtung Stadt.
Er fuhr die Main Street entlang, bog in Richtung Norden in die Getty und dann in Richtung Osten in die Nopal ein, wo er parkte und den Motor abstellte. Sein Bein blutete immer noch. Er nahm Schere und Heftpflaster aus der Tüte und schnitt aus dem Karton, der die Watte enthielt, eine runde Scheibe von etwa acht Zentimeter Durchmesser aus, die er zusammen mit dem Heftpflaster in seine Hemdtasche steckte. Vom Boden hinter dem Sitz nahm er einen Drahtkleiderbügel, drehte die Enden auseinander und bog ihn gerade. Dann beugte er sich zur Seite, öffnete seine Reisetasche, nahm ein Hemd heraus, schnitt mit der Schere einen Ärmel ab, faltete ihn zusammen, steckte ihn in die Tasche, legte die Schere in die Papiertüte zurück, öffnete die Tür und ließ sich vorsichtig herab, wobei er sein verletztes Bein mit beiden Händen unter dem Knie heraushob. Er blieb stehen und hielt sich an der Tür fest. Vornübergebeugt, den Kopf auf die Brust gedrückt, verharrte er fast eine Minute lang in dieser Haltung. Dann richtete er sich auf, schlug die Tür zu und setzte sich die Straße entlang in Marsch.
Vor dem Drugstore auf der Main Street blieb er stehen, drehte sich um und lehnte sich an einen dort geparkten Wagen. Er sah sich um. Es kam niemand. Er schraubte den Tankdeckel ab, schlang den Hemdsärmel um den Kleiderbügeldraht, führte diesen in den Tank ein und zog ihn wieder heraus. Dann klebte er die Pappscheibe auf die Tanköffnung, knüllte den benzingetränkten Hemdsärmel zusammen, klebte ihn auf die Pappe, zündete ihn an, drehte sich um und humpelte in den Drugstore. Er hatte etwas mehr als die Hälfte des zum Apothekenbereich führenden Mittelgangs hinter sich gebracht, als der Wagen mit einer Explosion, die den größten Teil der Schaufensterscheibe bersten ließ, in Flammen aufging.
Er schob sich durch die kleine Schranke und hinkte die Gänge des Apothekenbereichs entlang. Er fand ein Päckchen Einwegspritzen und ein Fläschchen Hydrocodone-Tabletten und kam auf der Suche nach Penicillin durch den Mittelgang zurück. Er fand keines, trieb stattdessen aber Tetracyclin und Sulfonamid auf. Er stopfte alles in seine Taschen, kam im orangefarbenen Licht des Feuers hinter der Ladentheke hervor, ging den Gang entlang, griff sich ein Paar Aluminiumkrücken, stieß die Hintertür auf und humpelte hinaus, über den Kies des Parkplatzes

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