Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Land für alte Männer

Kein Land für alte Männer

Titel: Kein Land für alte Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cormac McCarthy
Vom Netzwerk:
aus, stand auf, ließ das Geld auf dem Tisch liegen und ging hinaus. Er hatte die Krücken im Zimmer zurückgelassen und ging, bemüht, nicht zu hinken, langsam und gleichmäßig den Fußweg am Schaufenster des Cafès vorbei. Er ging an seinem Zimmer vorbei bis ans Ende der Ramada und drehte sich um. Er blickte zu dem Ramcharger hinüber, der am Ende des Grundstücks geparkt war. Der Wagen war weder vom Empfang noch vom Restaurant aus zu sehen. Er ging zurück zu seinem Zimmer, steckte seinen Kulturbeutel und die Pistole in seine Reisetasche, ging hinaus und über den Parkplatz zu dem Ramcharger, stieg ein, ließ den Motor an, fuhr über den Betonteiler auf den Parkplatz des benachbarten Elektronikgeschäfts und hinaus auf den Highway.

Wells stand auf der Brücke, und vom Fluss her zauste ihm der Wind das schüttere, sandfarbene Haar. Er drehte sich um, lehnte sich an den Zaun, hob den kleinen, billigen Fotoapparat, den er bei sich hatte, drückte aufs Geratewohl den Auslöser und ließ den Apparat wieder sinken. Er stand an der Stelle, an der vier Tage zuvor Moss gestanden hatte. Er musterte das Blut auf dem Gehweg. Wo sich die Spur endgültig verlor, blieb er stehen, die Arme verschränkt, das Kinn in die Hand gestützt. Er machte sich nicht die Mühe, ein Bild zu knipsen. Niemand beobachtete ihn. Er blickte flussabwärts auf das langsam fließende grüne Wasser. Er ging ein Dutzend Schritte und kam zurück. Er trat auf die Fahrbahn und ging auf die andere Seite hinüber. Ein Lastwagen kam vorbei. Ein leichtes Zittern im Oberbau der Brücke. Er ging weiter den Fußweg entlang und blieb dann stehen. Der schwache Umriss eines Stiefelabdrucks in Blut. Der noch schwächere eines zweiten. Er musterte den Maschendrahtzaun, um festzustellen, ob Blut daran war. Er zückte sein Taschentuch, befeuchtete es mit der Zunge und strich damit über die Rauten. Dann schaute er auf den Fluss hinab. Unten auf der amerikanischen Seite eine Straße. Zwischen Straße und Fluss ein dichter Carrizo-Bestand. Das Röhricht schlug sanft im Flusswind. Wenn er das Geld nach Mexiko geschafft hatte, war es weg. Aber das hatte er nicht.
Wells trat zurück und sah sich erneut die Stiefelabdrücke an. Über die Brücke kamen ein paar Mexikaner mit ihren Körben und Bündeln für den Tag. Er nahm seinen Fotoapparat heraus und knipste ein Bild vom Himmel, vom Fluss, von allem.

Bell saß am Schreibtisch, schrieb Schecks aus und rechnete mit einer Rechenmaschine Zahlen zusammen. Als er fertig war, lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und schaute aus dem Fenster auf den öden Rasen vor dem Gerichtsgebäude. Molly, sagte er.
Sie kam und blieb in der Tür stehen.
Haben Sie schon irgendwas über diese Fahrzeuge rausgekriegt?
Sheriff, ich hab alles rausgekriegt, was rauszukriegen war. Diese Fahrzeuge sind allesamt auf Verstorbene zugelassen. Der Besitzer von diesem Blazer ist schon vor zwanzig Jahren gestorben. Soll ich auch noch zusehen, was ich über die mexikanischen rauskriegen kann?
Nein. Um Himmels willen, nein. Hier sind Ihre Schecks.
Sie kam herein, nahm das dicke Scheckheft mit dem Kunstledereinband von seinem Schreibtisch und klemmte es sich unter den Arm. Dieser DEA-Agent hat wieder angerufen. Wollen Sie nicht mit ihm reden?
Das versuch ich, so gut es geht, zu vermeiden.
Er hat gesagt, er fährt nochmal da raus, und wollte wissen, ob Sie mitkommen wollen.
Das ist ja sehr aufmerksam von ihm. Ich schätze, er kann hinfahren, wo er will. Er ist offiziell bestallter Agent der Regierung der Vereinigten Staaten.
Er wollte wissen, was Sie mit den Fahrzeugen vorhaben.
Ja. Ich muss versuchen, die Dinger zu versteigern. Noch mehr zum Fenster rausgeworfenes County-Geld. Eins hat immerhin einen klasse Motor. Dafür kriegen wir vielleicht ein paar Dollar. Keine Nachricht von Mrs. Moss?
Nein, Sir.
Na schön.
Er sah auf die Uhr an der äußeren Bürowand. Wären Sie so nett, bei Loretta anzurufen und ihr zu sagen, dass ich nach Eagle Pass gefahren bin und sie von dort aus anrufe. Ich würd sie ja selbst anrufen, aber sie will bestimmt, dass ich nach Hause komme, und vielleicht könnt ich dann nicht nein sagen.
Soll ich damit warten, bis Sie das Gebäude verlassen haben?
Er schob den Stuhl zurück, stand auf, nahm seinen Revolvergurt von der Garderobe hinter seinem Schreibtisch, hängte ihn sich über die Schulter, griff nach seinem Hut und setzte ihn auf. Wie war das nochmal, was Torbert immer sagt? Über Wahrheit und Gerechtigkeit?
Wir weihen uns ihnen

Weitere Kostenlose Bücher